Tim Burton ist eine Legende der Filmwelt. Nicht nur wegen der Vielzahl ikonischer Welten, die er erschaffen hat, sondern auch aufgrund seiner beeindruckenden Arbeit mit Stop-Motion-Techniken. Zu den bekanntesten Filmen in diesem Bereich zählen ohne Frage Nightmare Before Christmas und einer meiner liebsten Kindheitsfilme Corpse Bride. Leider ist Stop-Motion in den letzten Jahren immer mehr in den Hintergrund geraten. Hin und wieder erscheint zwar noch ein neuer Wallace & Gromit-Film oder ein Projekt von LAIKA Studios, insgesamt ist es aber deutlich seltener geworden. Das ist schade, denn es handelt sich um eine wunderschöne Kunstform, die viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
Zum Glück gibt es Videospiele. Immer wieder versuchen Entwickler, den einzigartigen Charme der Stop-Motion-Ästhetik spielerisch umzusetzen. Gloomy Eyes war einer dieser Versuche – ein VR-Animationserlebnis, das zwar mehr Film als Spiel ist, sich aber der Technologie von Videospielen bedient. Zwar handelt es sich nicht um echte Stop-Motion, doch die Optik erinnert stark an Tim Burtons Werke. Mir gefiel der Film ausgesprochen gut, weshalb es keine Überraschung war, dass ich mir direkt einen Key für das kürzlich erschienene Spiel gesichert habe. Ob diese Umsetzung eines Tim-Burton-ähnlichen VR-Films jedoch tatsächlich einen Blick wert ist, erfahrt ihr in dieser Kritik.

Eine Geschichte von Hass und Ausgrenzung
Gloomy Eyes ist keine leichte Kost. Die Geschichte handelt von dem Zombie Gloomy und dem Menschenmädchen Nena, die in einer postapokalyptischen Welt leben, in der die Sonne die Menschheit verlassen hat. Gloomy wird von der Gesellschaft ausgegrenzt und gejagt, während Nena die Einzige ist, die ihm freundlich gesinnt bleibt. Gemeinsam begeben sich die beiden auf eine Reise, um die Sonne zurückzuholen. Für Gloomy ist das eine völlig neue Erfahrung, denn seit seinem Tod kennt er nur Ablehnung und den Kampf ums Überleben.
Die Erzählung ist herzerwärmend und zugleich herzzerreißend. Sie kommt völlig ohne Dialoge aus und wird ausschließlich von einem Erzähler begleitet, den man im Spiel selbst immer wieder entdecken kann. Mich hat die Geschichte emotional stark berührt. Zwar musste ich keine Tränen vergießen, aber es gab viele Momente, in denen ich kurz innehielt, um zu verarbeiten, was diese beiden Kinder gerade durchmachen. Eine wirklich beeindruckende Geschichte mit einer starken, berührenden Thematik.
Auch visuell überzeugt das Spiel. Die Atmosphäre und der claymotionartige Stil erinnern deutlich an Tim Burtons Werke. Besonders das Spiel mit Licht und Dunkelheit ist gelungen: Licht steht für die Menschen, Dunkelheit für die Zombies – eine klare Trennung, die sich konsequent durch das gesamte Spiel zieht. Man merkt an jeder Ecke, dass sich die Entwickler dem gewählten Stil verpflichtet fühlen, ohne dabei monoton zu wirken. Ein wunderschönes Design, wenn auch nicht die schärfste oder detailreichste Grafik.

Langsam, wie ein Zombie
Nicht ganz so stark wie die Geschichte ist das Gameplay. Das Rätseln macht zwar Spaß und bietet eine ausgewogene Mischung aus anspruchsvollen und einfacheren Passagen, dennoch wirkt das Spieltempo insgesamt zu träge. Gloomy Eyes verzeiht nur wenig Fehler, und das kann schnell frustrierend werden. Missverständet mich nicht: Ein Abenteuerspiel darf gerne fordernd und gemächlich sein. Wenn ich jedoch minutenlang in langsamer Geschwindigkeit durch ein Gebiet laufe, nur um festzustellen, dass ich etwas vergessen habe, sorgt das unweigerlich für Unmut. Mehr als einmal musste ich mich dabei ertappen, wie ich das Spiel mit einem bösen Blick bedacht habe. Glücklicherweise hat mich die Vorfreude auf die nächste emotionale Szene stets motiviert, weiterzuspielen.
Je nach Erfahrung im Genre dauert das Spiel rund drei Stunden. Für den aktuellen Preis von 24,99 € im PlayStation Store ist das vollkommen in Ordnung – vorausgesetzt, man sucht nach einer emotionalen Geschichte und nicht nach spielerischer Tiefe. Wer hier vor allem wegen des Gameplays zugreift, könnte enttäuscht werden. Fans von künstlerisch erzählten, tiefgehenden Animationsgeschichten finden in Gloomy Eyes jedoch eine kleine, atmosphärische Indie-Perle.
Fazit zu Gloomy Eyes:
Gloomy Eyes ist ein kleines, melancholisches Kunstwerk, das mehr will, als nur eine Geschichte zu erzählen. Es möchte eine Stimmung einfangen – dieses Gefühl von Dunkelheit, Einsamkeit und doch ein wenig Hoffnung, das man auch aus den besten Tim Burton-Filmen kennt. In dieser Hinsicht gelingt dem Spiel eine wirklich eindrucksvolle Umsetzung. Atmosphäre, Stil und Thematik greifen wunderbar ineinander und erschaffen ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.
Die emotionale Wucht der Geschichte ist der wahre Kern von Gloomy Eyes. Ganz ohne Dialoge, nur durch den Erzähler und die Bildsprache, schafft es das Spiel, eine Verbindung zu seinen Figuren aufzubauen, die man sofort spürt. Besonders die Beziehung zwischen Nena und Gloomy ist rührend und transportiert eine simple, aber starke Botschaft: dass Zuneigung und Verständnis selbst in einer dunklen Welt ihren Platz finden.
Weniger überzeugend fällt dagegen das eigentliche Gameplay aus. Es ist gemächlich, stellenweise träge und verlangt ein gutes Maß an Geduld. Wer sich jedoch auf die ruhige Erzählweise und die künstlerische Präsentation einlassen kann, wird mit einem einzigartigen Erlebnis belohnt. Die Liebe zum Detail, die musikalische Untermalung und der unverwechselbare Stil machen Gloomy Eyes zu etwas Besonderem – auch wenn es spielerisch nicht jeden begeistern wird.
Unterm Strich ist Gloomy Eyes kein klassisches Spiel, sondern eher ein interaktiver Stop-Motion-Film, der vor allem durch seine Atmosphäre und emotionale Tiefe überzeugt. Wer sich auf dieses langsame, poetische Abenteuer einlässt, erlebt eine berührende Reise voller Symbolik und Gefühl. Für alle, die Tim Burton lieben oder einfach mal wieder etwas Schönes und Eigenwilliges sehen möchten, ist Gloomy Eyes auf jeden Fall einen Blick wert.
