Cronos: The New Dawn – Wenn Zeit dein schlimmster Feind wird

von Christian
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Testbericht für Xbox Series X|S – von einem, der zu oft im Dunkeln nach Munition tastete.

Ein kalter Start in eine noch kältere Welt

Es gibt Spiele, die wollen dich unterhalten. Cronos: The New Dawn will dich brechen – langsam, leise, mit Stil.
Ich erinnere mich noch genau an meinen ersten Moment: Ich wache in einem kalten Raum auf. Überall rostige Maschinen, Kabel, tropfendes Wasser. Kein erklärender Text, kein Tutorial, nur Stille. Dann das Licht einer Taschenlampe – und plötzlich das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt.

Cronos stammt vom polnischen Studio Bloober Team, das schon mit Layers of Fear und The Medium bewiesen hat, dass es psychologischen Horror versteht. Diesmal wagt sich das Studio in neue Gefilde: ein Sci-Fi-Survival-Horror mit Zeitsprüngen und Retro-Technik. Klingt abgefahren? Ist es auch – aber auf eine gute Art.

Die Geschichte: Zwischen Zukunft, Erinnerung und Wahnsinn

Du spielst den „Traveler“, einen Menschen, der in einer zerstörten Zukunft aufwacht, in der Risse in der Zeit existieren. Durch diese Risse reist du in die Vergangenheit – konkret ins Polen der 1980er Jahre. Dort versuchst du herauszufinden, was den sogenannten Wandel ausgelöst hat, eine Katastrophe, die Zeit und Raum durcheinanderbringt.

Was ich an der Story liebe: Sie wirft dich mitten hinein. Kein langes Gequatsche, keine klaren Antworten. Stattdessen findest du Notizen, Tonbänder und Andeutungen, die du selbst zusammensetzen musst.
Nach und nach entsteht ein Bild aus Wahnsinn, Experimenten und menschlicher Schuld – und am Ende bleibt man mit mehr Fragen als Antworten zurück. Genau das macht den Reiz aus. Cronos erzählt nicht – es flüstert.

Atmosphäre: Der wahre Star des Spiels

Wenn Cronos eins kann, dann Atmosphäre.
Das Spiel ist ein Fest für Fans von Silent Hill und Dead Space: trübe Flure, flackernde Neonröhren, Wände voller Risse und rostige Türen, die sich mit einem widerlichen Kreischen öffnen.
Die Soundkulisse ist meisterhaft – selten laut, aber immer präsent. Ein dumpfes Brummen hier, ein Knacken dort, Schritte, die vielleicht nicht deine sind. Und wenn Musik einsetzt, dann so gezielt, dass du unwillkürlich die Luft anhältst.

Ich hatte Momente, in denen ich minutenlang einfach stehen blieb, nur um zuzuhören. Das Spiel erzeugt Spannung nicht durch Schockeffekte, sondern durch Beklemmung. Und das funktioniert hervorragend.

Gameplay: Überleben ist hier keine Selbstverständlichkeit

Wer Cronos spielt, sollte sich auf klassisches Survival-Horror-Gameplay einstellen.
Du hast wenig Munition, kaum Heilmittel und noch weniger Hoffnung. Jeder Schuss will überlegt sein. Ich habe mich mehr als einmal ertappt, wie ich mit leerer Pistole in der Ecke stand und betete, dass das Ding vor mir umfällt.

Das Crafting-System ist angenehm simpel: Du findest Rohstoffe und baust daraus Munition oder Heilmittel. Alles dauert, alles kostet, und genau das macht jeden Erfolg befriedigend.

Ein wirklich cleverer Kniff: Wenn du besiegte Gegner nicht „beseitigst“, können sie sich mit anderen Kreaturen verschmelzen und stärker zurückkehren. Das zwingt dich, Ressourcen abzuwägen – riskierst du Munition, um Leichen zu verbrennen, oder sparst du sie für den nächsten Kampf?

Diese kleinen Entscheidungen erzeugen eine konstante Grundspannung, die Cronos durchgängig aufrechterhält. Kein Kampf fühlt sich trivial an.

Kampfsystem: Zäh, aber belohnend

Die Kämpfe in Cronos sind kein Spektakel, sondern Arbeit – und das ist ein Kompliment.
Jeder Treffer hat Gewicht, jede Kugel zählt. Es ist ein langsames, methodisches Kampfsystem, das Fehler bestraft. Wer einfach draufhält, ist schnell tot.

Was allerdings etwas stört: Die Gegner wiederholen sich zu oft. Viele wirken wie Variationen derselben mutierten Gestalt. Nach etwa zehn Stunden hatte ich das Gefühl, schon alles gesehen zu haben.
Trotzdem bleibt der Nervenkitzel – vor allem, weil das Spiel selten fair ist, aber nie willkürlich unfair.

Technik & Grafik: Dreckig, rostig, wunderschön

Grafisch spielt Cronos: The New Dawn seine Stärken in der Atmosphäre aus, nicht im Hochglanz.
Die Welt wirkt abgenutzt, alt und echt. Das Licht ist gedämpft, die Farben sind erdig – grau, braun, metallisch. Und dann plötzlich ein greller Neonstreifen, der wie ein Messer durch die Dunkelheit schneidet. Es ist hässlich – aber auf eine faszinierende Art.

Technisch läuft es auf der Xbox Series X weitgehend stabil. Die Framerate bleibt konstant, nur hin und wieder laden Texturen nach. Auf der Series S gibt’s ein paar Abstriche bei Auflösung und Schatten, aber das Erlebnis bleibt dasselbe: intensiv, dicht, packend.

Spieldauer

Nach meinem bisherigen Fortschritt schätze ich, dass man Cronos: The New Dawn in etwa 16 Stunden beenden kann, wenn man sich hauptsächlich auf die Hauptgeschichte konzentriert. Wer allerdings gründlicher vorgeht, jedes Dokument liest, versteckte Räume erkundet und optionale Bosse sucht, dürfte eher bei 18 bis 20 Stunden oder mehr landen.
Die Spielzeit hängt also stark davon ab, wie viel man entdecken möchte – und auch ein wenig vom eigenen Spielstil.

Ein klassischer New Game Plus-Modus oder alternative Enden scheinen bisher nicht vorhanden zu sein, was etwas schade wäre, da die Welt zum erneuten Erkunden einlädt. Dennoch vermittelt Cronos schon jetzt das Gefühl eines dichten, intensiven Abenteuers, das einen auch nach dem Ausschalten noch beschäftigt.

Fazit: Ein düsteres, mutiges Experiment

Cronos: The New Dawn ist kein Spiel für Ungeduldige. Es ist langsam, bedrückend und manchmal frustrierend. Aber wenn man sich darauf einlässt, bekommt man ein intensives Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.
Bloober Team beweist erneut, dass sie keine Angst haben, unbequeme Themen anzufassen – und sie schaffen es, Horror mit Bedeutung zu verbinden.

Wer Silent Hill liebt, Dead Space vermisst oder einfach Lust auf etwas Neues hat, sollte sich diesen Titel nicht entgehen lassen.

Fazitkasten

Kategorie Wertung Kommentar
Atmosphäre ⭐ 9/10 Dicht, unheimlich, wunderschön bedrückend
Gameplay ⭐ 8/10 Klassischer Survival-Horror mit cleveren Ideen
Technik ⭐ 7/10 Solide, mit kleinen Schwächen
Story ⭐ 8.5/10 Geheimnisvoll, langsam, aber fesselnd
Wiederspielwert ⭐ 7/10 Einmal reicht – aber das Erlebnis bleibt

🎯 Gesamtwertung: 8/10
Ein atmosphärisch starkes Survival-Horror-Spiel, das mehr auf Gefühl als auf Effekte setzt.

Cronos The New Dawn ist erhältlich für PC,  Xbox Series X|S, Playstation 5 und Nintendo Switch 2.

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