Gunbrella im Test

Wer hätte gedacht, dass eine Fusion aus Shotgun und Regenschirm so gut funktioniert?

von Markus
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Habt ihr je den Parapluviator aus Splatoon gesehen und euch gewünscht, dass es die Waffe in einem brutaleren Adventurespiel geben würde? Dann ist Gunbrella von den Entwicklern bei doinksoft zur Stelle. In diesem Action-Abenteuer schlüpfen wir in die Rolle eines Holzfällers, der seine Frau rächen will und dafür durch eine Noir-Punk-inspirierte Welt zieht. Auf seiner Suche begegnet er Gangs, Kults, und einer Firma, die Stück für Stück die begrenzten Ressourcen der Natur aufbraucht.

Zuvor hat doinksoft schon mit Gato Roboto und der bunten Minigame-Kollektion Devolver Bootleg Erfolge gefeiert und will nun mit einem etwas düstereren Spiel so weitermachen. Ob Devolver Digital also wie so oft mit einem neuen kreativen Indiespiel punkten kann oder ob die Umsetzung des Konzepts diesmal bröckelt?

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Ein (fast) stiller Protagonist als Ermittler

Zum Start des Spiels wissen wir noch wenig über den Gunbrella oder die genauen Umstände, die zum Mord an der Frau des Protagonisten geführt haben. Also sind erst einmal Dialoge mit Bewohnern angesagt, um sich über die einzigartige Waffe und sonstige Neuigkeiten in der Gegend zu informieren. Dabei ist der Hauptcharakter meist still und sagt ohne Auswahlmöglichkeiten des Spielers kein Wort von sich aus.

Das Ausfragen der Bürger und Annehmen von Quests nimmt über die Laufzeit des Spiels einen erstaunlich großen Teil der Zeit ein – Ich zumindest habe einen kleineren Rollenspielanteil erwartet. An sich ist das kein Problem, es führt aber meiner Meinung nach zu einem etwas seltsamen Tempo, da man ziemlich oft zwischen Textpassagen ohne wirkliche Kämpfe, wie beispielsweise beim Erreichen einer neuen Stadt, und relativ kurzen Actionpassagen wechselt. Das führt zu einem Spiel, das zwischendurch viel in kurzer Zeit erreichen will und aufgrund dessen oft die Entwicklung anderer Charaktere knapp halten muss.

gunbrella angler Gunbrella im Test

Das Noir-Punk-Setting

Etwas, das Gunbrella wirklich ausmacht, ist die Atmosphäre des Spiels. Von den Entwicklern wird das Spiel spezifisch als Noir-Punk-Action-Adventure beschrieben. Noir-Punk ist dabei eine interessante Kombination und wahrscheinlich nur zufällig der Name eines ganz anderen Spiels. Es wird aber schnell klar, was damit gemeint ist: Während einerseits der Kriminalfall rund um die Frau des Protagonisten im filmkornbedeckten, von dunklen Farben geprägten Stil thematisiert

wird und an den Film noir erinnert, ist die Ausbeutung der Natur und der Bewohner durch die Firma Avalon Industries andererseits ein Thema, das den für die rebellische Punk-Kultur charakteristischen Nonkonformismus aufweist. In späteren Teilen des Spiels wird es dann sogar etwas Lovecraftian, aber darüber will ich mal nicht zu viel verraten.

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Sowohl die Grafik und Musik als auch die Stimmung im Spiel ist also in mehrerer Hinsicht düster. Passend zum Stil begleiten detaillierte und gut animierte Sprites sowie die zugehörige Musik, die je nach Bereich verschiedenen Flair vermittelt. Auch werden immer wieder explizit wie implizit moralische Fragen gestellt, unter anderem, ob die Intentionen des Hauptcharakters richtig sind und die Gewalt, von der er zum Erreichen seines Ziels Gebrauch macht, berechtigt ist.

Diese moralische Zweideutigkeit des Protagonisten ist an sich eine interessante Umsetzung des einzigartigen Genres, mein einziger Kritikpunkt hierbei ist, dass das Spiel nur teilweise mehrere Wege bietet. Es gibt einige Entscheidungen für den Spieler mit echten Auswirkungen, aber das Töten von Gegnern ist generell nicht optional. So war es für mich etwas seltsam, dass man den Charakter dahingehend nicht selbst schreibt, aber trotzdem teilweise einen bedeutenden Einfluss hat, dann aber das Töten insgesamt verurteilt wird, was der Spieler nicht entscheidet. Trotz allem ist sowohl das Worldbuilding als auch die Repräsentation des Protagonisten als vielseitigen Charakter definitiv gelungen.

Der Gunbrella – eine mysteriöse Waffe

Zentral für das Konzept ist natürlich der Gunbrella selbst – eine Waffe vom Tatort, von der sich unser Protagonist weitere Spuren zum Mord verspricht. In der Story erfährt man durch Dialoge und kurze Cutscenes immer mehr über den Gunbrella und die Sonnenschirm-Schützen, die ähnliche Waffen nutzen. Besonders der Bastler in Allendale, der die Waffe erfunden hat, erzählt viel über die Geschichte der Organisation.

Dialog mit dem Erfinder des Gunbrella

Vom Gameplay her bietet der Gunbrella ein ausgeklügeltes Set an Fähigkeiten: Man kann verschiedene Munitionstypen abfeuern, den Schirm öffnen, um Projektile zu parieren oder einen Sprint durchzuführen, und wie Mary Poppins durch die Luft gleiten. Die normale Bewegungsgeschwindigkeit und Sprunghöhe sind ziemlich gering, was dazu anregt, auch ohne viel Action auf dem Bildschirm das Moveset des Gunbrella auszunutzen und auch wenn sich die horizontale Bewegung damit immer noch etwas langsam anfühlt, macht das viel Spaß.

Tatsächlich so sehr, dass ich mir etwas mehr Interaktion mit den verschiedenen Fähigkeiten der Waffe gewünscht hätte. Dass man durch einen Dash nach unten auf dem Schirm auch auf Stacheln springen kann (und an Dagobert aus Ducktales für NES erinnert), wird leider weder beigebracht, noch genutzt. Man hätte also etwas herausforderndes Platforming einbauen können, was gewissermaßen eine verpasste Chance ist.

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Die Gegner bieten gute Gefechte und nutzen die offensiven wie defensiven Eigenschaften der Waffe, sind aber untereinander größtenteils ähnlich. Insbesondere Bosskämpfe, die eigentlich eine gute Gelegenheit für kreativere Mechaniken und Gimmicks sind, haben meist simple Attacken, die leicht vorhersehbar sind, und können durch direkte Schüsse bei Pausen zwischen Angriffen bewältigt werden.

Gegen Anfang des Spiels gibt es beispielsweise ein kleines Tutorial, bei dem mithilfe einer Granate eine Maschine zerstört und ein Eingang geöffnet wird. Etwas ähnliches hätte man bei einem Bosskampf gut als Gimmick einfügen können, um nur auf diesem Weg Schaden zuzufügen, aber das Tutorial dient nur zum Erlernen des Waffenwechsels und taucht in der Form nicht nochmal auf. Je nach Schwierigkeitsstufe sind die Kämpfe trotzdem herausfordernd, aber die Methodik zum Bewältigen ist schnell erlernt, was das Erfolgsgefühl etwas vermindert.

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Wo wir schon beim Thema sind: Das Wechseln der Waffen ist ziemlich unnötig. Durch Töten verschiedener Gegner sammelt man unterschiedliche Munition für den Gunbrella wie Gewehrmunition, die weiter reicht, Granaten, die logischerweise explodieren, oder Sägeblätter, die von Wänden abprallen. Man kann damit zwar etwas effizienter Schaden zufügen, aber in vielen Szenarios reicht die unendliche Shotgun-Munition (oder das Parieren) einfach aus. Vor allem in Bosskämpfen ist der zusätzliche Schaden anderer Munition hilfreich, aber das Wechseln nimmt Aufmerksamkeit in Anspruch, die man dort nicht aufgeben will. Andere Gegenstände, die für Gesundheit genutzt werden, sind simpel, erfüllen aber ihre Funktion, während die Munition zum Beispiel durch Gegner mit bestimmten Schwächen etwas besser eingebaut sein könnte.

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Fazit

Gunbrella ist zweifelsohne ein sehr interessantes Spiel. Der Gunbrella ist ein wirklich gut designtes Werkzeug, das Fortbewegung und Gefechte gleichermaßen unterhaltsam gestaltet, die Identität des Spiels ist einmalig und wird wunderbar präsentiert. Das größte Problem des Spiels ist die kurze Dauer, in der doinksoft trotzdem in vielen Aspekten viel zu erreichen versucht. Beim Playthrough von durchschnittlich 6-8 Stunden zeigt das Spiel gameplaytechnisch sowie narrativ großes Potential – es ist und bleibt aber ein Indiespiel und die Ressourcen der Entwickler sind begrenzt.
Das Konzept ist trotzdem gut genug, um das Spiel auf dem Rücken zu tragen und ein gutes Erlebnis zu bieten.

— Wertung: 7,5 / 10 —

Gunbrella ist seit dem 13. September auf PC und Nintendo Switch erhältlich. Wer das Spiel vor dem Kauf noch ausprobieren möchte, kann auf beiden Plattformen eine Demo spielen.

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