Test Huawei Mate X6
Das Huawei Flagschiff Mate X6. Ein Foldable Smartphone der Extraklasse. Und das komplett ohne Google? Wir haben das Gerät für euch mal genauer unter die Lupe genommen. Hier kommt unser Bericht.
Design & Optik:
Bereits beim Auspacken vermittelt das Huawei Mate X6 einen hervorragenden ersten Eindruck. Die Verarbeitung wirkt außergewöhnlich edel – die Rückseite aus Kunstleder und die glänzenden Details erinnern fast an eine hochwertige Designer-Tasche. Normalerweise mag ich keine glänzenden Rahmen, da sie Fingerabdrücke magisch anziehen. Beim Mate X6 überrascht jedoch das Gegenteil: Die metallischen Elemente bleiben selbst nach längerer Nutzung erstaunlich sauber. Durch die handlichen Maße liegt das Gerät im zusammengeklappten Zustand sehr angenehm und natürlich in der Hand. Auf den ersten Blick könnte man es beinahe für ein gewöhnliches Smartphone halten. Das Design erinnert stark an das Huawei Mate XT. Hervorzuheben ist außerdem das Scharnier, das für mich die bislang beste Umsetzung außerhalb von Samsungs Geräten darstellt. Zwar lassen sich die meisten faltbaren Displays problemlos in einem 90-Grad-Winkel arretieren, doch viele neigen dazu, sich bei besonders flachen oder steilen Winkeln selbstständig zu bewegen. Das Huawei Mate X6 ist erhältlich in den Farben rot und grau.
Dem Mate X6 liegt eine transparente Schutzhülle aus robustem Acryl bei; bei meinem Testgerät ist die Rückseite passend zum veganen Leder des Smartphones gestaltet. Die halboffene Hülle schützt ausschließlich die Rückseite, da Frontumrandungen bei Foldables meist wenig sinnvoll sind. Integriert ist zudem ein federunterstützter Kickstand, der sich um 270 Grad drehen lässt und das Gerät sowohl im Hoch- als auch im Querformat stabil aufstellen kann – perfekt für freihändige Nutzung.
Außerdem ist das Mate X6 nach IPX8 zertifiziert und damit gegen Wasser geschützt, sodass Regen keinerlei Schwierigkeiten bereitet. Das Außendisplay setzt auf eine neue, besonders widerstandsfähige Kunlun-Glas-Generation von Huawei. Gegen Staub bleibt das Gerät allerdings weiterhin empfindlich, weshalb der innere Bildschirm entsprechend umsichtig behandelt werden sollte.
Insgesamt wirkt das Smartphone sehr edel und es macht Spaß, es in der Hand zu halten.
Die Displays:
Das äußere Display setzt auf ein Quad-Curved-Design mit gleichmäßig schmalen Rändern – ein Stil, der bei vielen aktuellen chinesischen Premium-Smartphones zu finden ist. Der Bildschirm selbst bleibt größtenteils eben, während die Abrundungen erst unmittelbar an den Kanten beginnen.
Auf der Seite des Scharniers ist die Kurve etwas weniger stark ausgeprägt, doch das grundlegende Erscheinungsbild bleibt identisch. Besonders angenehm: Die Gestensteuerung funktioniert beim Wischen vom Rand äußerst geschmeidig, ohne die typischen Probleme von klassischen Curved-Panels – etwa versehentliche Berührungen oder störende Lichtreflexe.
Außendisplay: 6,45 Zoll, 1.080 × 2.440 OLED, 120 Hz
Innendisplay: 7,94 Zoll, 2.240 × 2.440 OLED, 120 Hz
Beim Aufklappen wird das große, nahezu quadratische Innendisplay sichtbar, das mit fast 8 Zoll beeindruckend viel Fläche bietet. Die Frontkamera sitzt unaufdringlich in einer der Ecken.
Kameralöcher in der Mitte können bei Vollbilddarstellung schnell störend wirken, und Samsungs Unter-Display-Lösung mit ihrer reduzierten Pixeldichte ist ebenfalls nicht die perfekte Alternative. Die seitliche Platzierung fällt deutlich weniger auf, erfordert jedoch beim Aufnehmen von Selfies oder bei Videoanrufen ein leichtes Kippen des Geräts, um das Motiv optimal zu zentrieren.
Ein wesentlicher Nachteil dieser Displaybeschichtung sind jedoch die Lichtreflexionen. Bei ungünstiger Beleuchtung tritt die Knickstelle deutlicher hervor, was manchen Nutzer möglicherweise irritiert. Im Vergleich zu Samsungs Modellen oder dem Motorola Razr 60 Ultra, ist die Falte allerdings merklich schwächer ausgeprägt und im normalen Gebrauch meist kaum wahrnehmbar. Der Schutz des flexiblen Innendisplays reflektiert etwas stärker als beim Honor Magic V3, fühlt sich jedoch robuster an. Dadurch gleitet der Finger angenehmer über die Oberfläche, und gleichzeitig haften deutlich weniger Fingerabdrücke.
Beide Bildschirme bieten vergleichbare technische Daten: Es kommen LTPO-OLED-Panels zum Einsatz, die ihre Bildwiederholrate flexibel zwischen 1 und 120 Hertz anpassen können und eine ähnliche Pixeldichte aufweisen. Durch die größere Fläche liefert das Innendisplay eine höhere Gesamtauflösung, doch der entscheidende Unterschied liegt in der maximalen Helligkeit.
Das Außendisplay erreicht beeindruckende 2.500 Nits und bleibt selbst in direktem Sonnenlicht gut ablesbar. Das faltbare Innendisplay schafft bis zu 1.800 Nits. In der Praxis waren jedoch beide Panels in meinem Test mehr als ausreichend hell. Auch für Nutzer, die besonderen Wert auf Augenkomfort legen, hat Huawei nachgebessert: Die Bildschirme unterstützen einen neuen Nachtmodus, der die Helligkeit auf bis zu 1 Nit absenken kann. Zudem kommt ein sehr schnelles 1.440-Hertz-PWM-Dimming zum Einsatz, das die Belastung der Augen weiter reduzieren soll.
Die Kameras:
Das Huawei Mate X6 setzt auf ein Kamera-Trio auf der Rückseite: eine 50-Megapixel-Hauptkamera mit variabler, mechanischer Blende, ein 48-Megapixel-Teleobjektiv mit vierfachem Zoom und integrierter Makrofunktion sowie eine 40-Megapixel-Ultraweitwinkelkamera. Etwas ungewöhnlich ist, dass Huawei keine Angaben zur Sensorgröße macht – aufgrund des vergleichsweise dünnen Kameramoduls ist jedoch davon auszugehen, dass die Sensoren kleiner als 1 Zoll ausfallen.
Zusätzlich findet sich ein vierter Sensor auf der Rückseite, von Huawei als „Ultra Chroma Color Sensor“ bezeichnet. Dieser soll für eine präzise Farbtemperatur sorgen – und nach meinen bisherigen Eindrücken funktioniert das tatsächlich ausgesprochen gut.
Besonders bemerkenswert: Das Mate X6 ist das erste Foldable weltweit, das mit einer mechanisch anpassbaren Blende ausgestattet ist. Eine solche Lösung gab es bereits in aktuellen Huawei-Topmodellen, doch bei einem Faltgerät war sie bisher nur im China-exklusiven Mate XT zu finden. Die Blende lässt sich manuell zwischen f/2.0 und f/4.0 verstellen, was sowohl die Lichtmenge als auch die Tiefenschärfe beeinflusst – ähnlich wie bei einer professionellen Kamera. Für die meisten Nutzer übernimmt die Software die passende Wahl, doch wer mehr Kontrolle möchte, profitiert enorm von dieser Funktion. Besonders bei Nahaufnahmen zeigt sie ihre Stärken, da eine geringere Blendenöffnung mehr Schärfentiefe erzeugt und kleine Motive wie Pflanzen oder Miniaturen detaillierter abbildet. Ein kleiner Nachteil bleibt: Das exzellente 4x-Teleobjektiv, das zugleich die beste Makroleistung bietet, besitzt keine verstellbare Blende. Huawei gleicht das jedoch über die Softwarefunktion „eDOF“ (Extended Depth of Field) aus. Dabei werden mehrere Fotos mit unterschiedlichen Fokuspunkten automatisch zu einem durchgehend scharfen Bild kombiniert – eine Technik, die ansonsten meist nur professionelle Fotografen bei Makros anwenden.
Das Teleobjektiv beeindruckt besonders bei extremen Nahaufnahmen: Feinste Strukturen, wie einzelne Fasern eines Stoffes, werden sichtbar. Fast wie ein kleines Mikroskop, das man immer dabei hat.
Das Ultraweitwinkelmodul erreicht zwar nicht ganz die Qualität von Haupt- und Telekamera, liefert aber dennoch sehr gute Ergebnisse. Die Farbabstimmung ist stimmig, und dank des 13-mm-Äquivalents lassen sich große Szenen und weitläufige Motive problemlos festhalten. Auf beiden Displays sitzt zudem eine Punch-Hole-Selfiekamera mit jeweils acht Megapixeln. Die Bildqualität ist ordentlich, aber die kleinen Sensoren und der feste Fokus setzen Grenzen. Wer Selfies in bestmöglicher Qualität möchte, sollte daher auf die Hauptkamera zurückgreifen.
Wie bei früheren Huawei-Modellen überzeugen Porträt- und Nachtaufnahmen erneut. Obwohl Huawei nicht die größten Sensoren verbaut, sorgt die Kombination aus Hardware und Software für sehr gute Ergebnisse bei wenig Licht. Zudem kommt die aus dem Pura 70 Ultra bekannte Bewegungserkennung zum Einsatz, sodass auch schnelle Motive zuverlässig scharf eingefangen werden.
50 MP, f/1,4–f/4,0 Hauptkamera
48 MP, f/3,0 4 × Teleobjektiv (Makro)
40 MP, f/2,2 Ultraweitwinkel
8 MP, f/2,2 Selfie-Kamera, fester Fokus
Ausstattung & Prozessor:
Durch die US-Sanktionen hat Huawei keinen Zugriff mehr auf Prozessoren von Qualcomm oder MediaTek und setzt daher auf eigene Kirin-Chips. Der genaue SoC wird allerdings nicht genannt, doch verschiedene Quellen sprechen vom Kirin 9020. Klar ist: Die Leistung dieses Chips bleibt spürbar hinter der aktuellen Spitzenklasse zurück. Benchmark-Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede – an die Power eines Snapdragon 8 Elite oder MediaTek Dimensity 9400 kommt der Kirin nicht heran.
Allerdings sagen Zahlen allein nicht alles aus. Durch umfangreiche Software-Optimierungen holt Huawei erstaunlich viel aus dem weniger leistungsstarken Chip heraus. Im Alltag fühlt sich das Mate X6 schnell an: Apps öffnen flott, Animationen laufen sauber, und das gesamte System reagiert sehr direkt. Im täglichen Gebrauch fällt der Abstand zu anderen High-End-Geräten kaum auf. Selbst bei fordernden Spielen schlägt sich das Smartphone beeindruckend gut. Titel wie „Genshin Impact“ oder „Zenless Zone Zero“ liefen in meinen Tests auf maximalen Grafikeinstellungen stabil; zwar gab es gelegentlich leichte Framerate-Einbrüche, doch das Spiel blieb stets gut spielbar – und das Gerät wurde dabei nie unangenehm heiß. Wie Huawei das technisch realisiert, bleibt offen, aber aus Nutzersicht ist das ein klares Plus.
Es gibt sicher Situationen, in denen der begrenzte Spielraum der CPU deutlicher spürbar wird, etwa bei aufwendiger Videobearbeitung. Im normalen Alltag trat das jedoch kaum in Erscheinung. Lediglich beim Öffnen von Bildern in der Galerie kam es hin und wieder zu kurzen Verzögerungen, die aber nicht wirklich störten.
Ein weiterer Nachteil bleibt: Das Huawei Mate X6 bietet kein 5G.
Secret Prozessor (wahrscheinlich Kirin 9020)
12 GB RAM
512 GB Speicher
Der Akku:
Trotz seines bemerkenswert schlanken Formfaktors verbaut Huawei im Mate X6 einen Akku mit 5.110 mAh. Das Ergebnis: Die Batterielaufzeit liefert solide Ergebnisse. Selbst bei intensiver Nutzung der Kamera und langen Streaming-Sessions auf dem großen Innendisplay hielt das Gerät problemlos einen ganzen Tag durch.
Auch beim Laden zeigt das Mate X6 Tempo: Per Kabel sind bis zu 66 Watt möglich, womit der Akku in unter 45 Minuten vollständig gefüllt ist – sicher nicht der absolute Spitzenwert, aber immer noch sehr schnell. Kabellos geht es mit bis zu 50 Watt.
Für die volle kabellose Ladeleistung wird ein spezielles Huawei-Ladepad benötigt. Ein kompatibles Netzteil für das kabelgebundene Schnellladen liegt jedoch direkt bei.
Software und Apps im Aurora Store:
In China setzt Huawei bei seinen aktuellen Smartphones auf eine eigene HarmonyOS-Variante, die vollständig ohne Android-Basis auskommt. International gilt das jedoch weiterhin nicht: Das Mate X6 nutzt EMUI 15, eine stark modifizierte Interpretation von Android 12. Dennoch fühlt sich die Android-Erfahrung auf dem Gerät deutlich anders an als bei anderen Herstellern – außer man verwendet bereits ein jüngeres Huawei-Modell. Aufgrund der weiterhin geltenden US-Sanktionen fehlen sämtliche Google-Dienste. Bedeutet konkret: kein Play Store, kein Gmail, kein YouTube und vieles mehr. Für viele potenzielle Käufer ist das ein entscheidender Nachteil. Es existieren jedoch alternative Wege: Mit dem Aurora Store lassen sich zahlreiche Google-Apps dennoch installieren und weitgehend normal nutzen. Ausgenommen bleiben jedoch Google Assistant, Gemini, Google Wallet und Android Auto. Diese Einschränkungen sind nicht ideal, aber für einige Nutzer möglicherweise noch akzeptabel. Mich hat das Google Detox überhaupt nicht gestört. Im Gegenteil.
Ganz friktionsfrei läuft das System trotzdem nicht. Mitunter verzögern sich Benachrichtigungen oder bleiben komplett aus, und kleinere Softwarefehler können auftreten. Da viele der verwendeten Apps nicht offiziell unterstützt werden, gestaltet sich die Fehlersuche schwieriger als gewohnt. Abgesehen vom Fehlen der Google-Dienste hinterlässt Huaweis System aber einen überzeugenden Eindruck. Die bereits erwähnte hohe Alltagsperformance trotz schwächerer Hardware wird durch einige besondere Funktionen ergänzt.
Auffällig sind etwa neue interaktive Hintergrundbilder mit Eye-Tracking. Es gibt ein kleines Basketball-Minispiel, das sich ausschließlich über Gesten steuern lässt, sowie animierte Wallpaper, die auf die Blickrichtung reagieren. Praktischen Nutzen haben diese Features zwar kaum, doch sie sind unterhaltsam und zeigen Huaweis Experimentierfreude. Wesentlich nützlicher ist der neue stereoskopische Multiview-Modus, mit dem sich bis zu drei Apps parallel auf dem Display anordnen lassen. Per Wischgeste kann man schnell zwischen ihnen wechseln, und selbst Videos laufen weiter, wenn man sie an den Rand schiebt – echtes Multitasking also. Wer weitere Huawei-Produkte nutzt, etwa die neuen FreeBuds Pro 4, profitiert zudem von einer sehr guten Geräteintegration. Das System erleichtert die Verwaltung sämtlicher verbundenen Huawei-Geräte, und das Koppeln klappt äußerst unkompliziert. Die genannten Kopfhörer unterstützen außerdem verlustfreie Wiedergabe über Huawei Sound – ein Feature, das derzeit nur in Kombination mit dem Mate X6 zur Verfügung steht.
Was mich jedoch etwas irritiert hat: Die Option, eine App-Schublade zu aktivieren, scheint in der aktuellen EMUI-Version entfernt worden zu sein. Dadurch wird die Organisation des Startbildschirms deutlich umständlicher.
Preis:
Dieser liegt derzeit bei ca.1300 €. Das ist natürlich für ein Gerät ohne Google Dienste und Prozessor Abstrichen ein stolzes Sümmchen.
Fazit:
Das Mate X6 überzeugt mit seinem extrem schlanken, edlen Design und einem Kamerasystem, das in der Oberklasse ganz vorne mitspielt. Mit diesem riesigen Foldable beweist Huawei erneut, dass das Unternehmen technisch weiterhin zur Spitzenliga gehört. Den ein oder anderen werden die fehlenden Google-Dienste stören. Mich persönlich überhaupt nicht. Ich war erst skeptisch aber dann doch positiv überrascht. Der Prozessor wirkt für ein Gerät dieser Preiskategorie nicht mehr zeitgemäß und das fehlende 5G drückt bei der Preisklasse auch auf das Ego. Das Ganze wirkt sich natürlich auch auf die Kaufentscheidung aus.
Bildquelle: Huawei



