DREDGE im Test – Eine Seefahrt, die ist gruslig…

von Dennis
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SOS, Mann über Bord, unser Redakteur ist verschollen! Dabei wollte er sich nur eine kurze Auszeit gönnen und mit dem potentiellen Indie-Horror-Hit DREDGE eine Woche lang aufs offene Meer hinaus schippern. Immerhin ist jetzt sein Tagebuch aus den Tiefen des Ozeans aufgetaucht, das im Test zur innovativen Fischfang-Einzelspielererfahrung von Black Salt Games und Team17 verrät, ob die Erkundungs- und Crafting-Mechaniken vor malerisch-gruseliger Kulisse überzeugen können.

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DREDGE – Tag 1 – Mast und Schotbruch

Heiliger Klabautermann! Da ahnt die friedvolle Anglerseele nichts Böses und schon zerschellt es dir die geliebte Schaluppe am nächsten Felsen. Dabei hätte mir der meterhohe Leuchtturm doch längst den Weg weisen sollen. Naja, immerhin spült es mich und meinen zotteligen Bart direkt in den Hafen der kleinen Gemeinde Großmark. Wer ich eigentlich bin, das scheint hier niemanden zu interessieren. Und ehrlich gesagt, ich weiß es auch nicht so genau – schon ein bisschen merkwürdig. Aber egal, schließlich ruft sofort die Arbeit, auch wenn ich mir immer noch den Seetang aus den Ohren pule, und ich darf mich an Bord eines geliehenen Kutters sofort wieder meiner scheinbar größten Leidenschaft widmen: Dem Fischfang. Der sich im Wasser malerisch spiegelnden Sonne entgegen, bemerke ich auch schon das erste unruhige Blubbern an der Meeresoberfläche. Die noch etwas amateurhaft wirkende Rute erstmal ausgeworfen, zappelt und ruckelt es bereits ordentlich an der Schnur. Ruhe bewahren, schließlich ist das hier mein Job, und mit zeitlich gut aufeinander abgestimmten Tasteneingaben den frischen Fang an Deck ziehen. Eine saftige Makrele findet im Frachtraum direkt neben dem betagten Motor ihren provisorischen Platz, ein Kabeljau und weitere Artgenossen tun es ihr gleich. Weil es an Bord bereits ganz schön eng wird, spiele ich mit dem zukünftigen Grillgut eine spaßige Partie Tetris, drehe und wende die quadratischen Symbole solange, bis sie in cleverer Anordnung ausreichend Platz finden und mich dabei ein wenig an die Inventarkünste eines gewissen Leon S. Kennedy erinnern.

Sogar Flaschenpost finde ich auf meinem ersten Ausflug, doch da es bereits dunkel wird, bleibt kaum Zeit fürs Entziffern des romantischen Seemannsgarns, und ich setze die Segel lieber wieder in Richtung Hafen – auf übrigens strengste Anordnung des Bürgermeisters. Immerhin verstreicht die Zeit nur, sobald sich mein Boot auch bewegt, weshalb ich mir mit dem Sonnenuntergang im Rücken noch einen Moment der Ruhe vor diesem idyllischen Panorama aus rauschenden Wellen, beschaulichen Fjorden und all den interessanten Punkten in weiter Ferne gönne. Aus Vorsicht schmeiße ich für die letzte Seemeile aber doch noch die Scheinwerfer an und erschrecke vor dem Echo meines versehentlich ausgelösten Nebelhorns. Schön hier, aber irgendwie genauso unheimlich.

Der Bürgermeister, der längst am Dock mit einer großartigen Geschäftsidee auf mich wartet und mir den geliehenen Kutter gegen ein kleines Darlehen dauerhaft schmackhaft machen will, ändert an diesem Eindruck nur wenig. Mein tagesfrischer Fang bringt beim mürrisch dreinblickenden Fischhändler zumindest so viel ein, dass ich einen Teil der Schulden auf der Stelle begleichen kann und sogar noch etwas übrigbleibt, das ich bei der ebenfalls unnahbaren Schiffsmechanikerin in kleine Umbauarbeiten am Boot investiere. Was für ein Tag. Kinners, ich hau mich in die Koje. Dredge bei Instant Gaming günstiger kaufen.

DREDGE – Tag 2 – Eisberg voraus!

Moin moin, Großmark! Heute begrüßt mich prasselnder Regen, der das maritime Postkartenmotiv von gestern schnell vergessen lässt und eine seltsam angespannte Atmosphäre über das winzige Küstendorf legt. Den geschäftsorientierten Bürgermeister begrüße ich pünktlich zum Glockenschlag der Kirchenuhr, kann ihm auf Nachfrage über den Verbleib meines Vorgängers aber immer noch nicht mehr entlocken, als ausweichenden Smalltalk. Zumindest zeigt sich das Gemeindeoberhaupt bei der Auskunft über naheliegende Gebiete deutlich gesprächiger. Die Sturmklippen und das Sternenbecken klingen verheißungsvoll, doch ob meine Schaluppe im jetzigen Zustand überhaupt in der Lage wäre, diese Reise anzutreten, steht auf einem ganz anderen Algenblatt. Mir soll das ohnehin erstmal egal sein, schließlich habe ich noch ein paar Schulden zu begleichen und ziehe an diesem nasskalten Morgen natürlich erneut los, um mit dem gestern erworbenen Skimmer Fangversuche im Flachwasser zu unternehmen, doch…

Fisch über Bord! Verdammt, etwas zu motiviert und deutlich ungestüm, setze ich mein gemietetes Fischerboot mit voller Kraft gegen eine aus dem Wasser ragende Felswand. Wichtige Fracht geht sofort über Bord und auch der Motor scheint beschädigt. Na immerhin kein Eisberg, außerdem bringt mir die Sonderbestellung des Fischhändlers wenig später eine ordentliche Summe ein, wovon ich das Boot sofort wieder reparieren lasse. Mit wiederhergestellter Motorleistung und ausgebessertem Lagerplatz, bleibt wie gewohnt ein kleiner Anteil übrig, von dem ich pflichtbewusst meine Schulden tilge. Das freut nicht nur mich, auch der Ortsvorsteher gewährt mir darauf Zutritt zum Trockendock und ich darf dem schippernden Untersatz zukünftig ein paar sinnvolle Verbesserungen spendieren – selbstverständlich nur gegen das nötige Kleingeld und bestimmte Ressourcen. Die lassen sich allerdings ausschließlich aus den Tiefen des Meeres bergen, was wiederum ganz andere Upgrades aus der Werkstatt der Schiffsbauerei erfordert – ganz schön komplex hier alles, aber motivierend. Und weil ich heute außerdem gelernt habe, dass die Zeit beim Fischen besonders schnell verstreicht – es heißt ja schließlich auch Quick-Time-Event – bringe ich noch eben die gewöhnliche Angelrute an die Außenseite meines Kutters an, die ich gestern im Glauben, lediglich eine Angel mitnehmen zu dürfen, im praktischen Lager verstaut hatte, und lege mich erschöpft zur Ruhe.

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DREDGE – Tag 3 – Unheimliche Lichter in der Nacht

Eine grimmig gelaunte Dame im besten Alter reißt mich unsanft aus dem Schlaf. Was ich hier überhaupt zu suchen hätte, fragt sie schroff. Fischen natürlich, entgegne ich verwundert, worauf die Leuchtturmwärterin allerdings nicht ihre Stimmung ändert und mich am liebsten sofort verjagen würde. Zum Glück verschwindet sie aber recht schnell und lässt mich in Ruhe. Obwohl mir alle BewohnerInnen hier äußerst seltsam vorkommen, fasziniert mich ihr kantiger, den vergangenen Ermittlungen in Disco Elysium ähnelnder Look aus groben Polygonen und die handgezeichnete Aquarell-Ästhetik umso mehr. Dass sie dabei gar nicht sprechen und nur über hübsch aufgeräumte Textboxen mit mir kommunizieren, stört ebenso wenig, wie die Point-and-Click-artige Navigation während meiner Aufenthalte an Land.

Für mich geht es eh sofort wieder auf hohe See, all die hübschen Verbesserungen zahlen sich schließlich nicht von selbst. Außerdem bin ich auf der Jagd nach seltenen Forschungsteilen, die den Kauf zahlreicher Upgrades und neuer Gegenstände erst möglich machen. Erneut begrüßt mich ein unglaublich stimmungsvoller Ausblick mit romantischer Sonneneinstrahlung, zu dem sich nun auch ein stimmungsvoller Soundtrack aus beruhigenden Piano-Klängen und Akkordeon-Musik gesellt. Leider verstummt der viel zu schnell wieder und lässt mich lechzend nach weiterer akustischer Begleitung in der stille des Ozeans zurück. Mantarochen am anderen Ende der Küste wecken meine Neugier, führen aber gleichzeitig auch dazu, dass ich meinen provisorischen Heimathafen vor Einbruch der Dunkelheit nicht rechtzeitig erreiche. In der Ferne tauchen seltsame Lichter auf, ein grollender Schrei erklingt und aus meiner Magengegend steigt das mulmige Gefühl auf, in dieser rauen Gegend vielleicht gar nicht erwünscht zu sein. Die angesammelte Panik auf dem Rückweg kann ich jedenfalls nur mit einer Mütze Schlaf beseitigen, meine funzeligen Scheinwerfer schaffen es noch nicht, der nächtlichen Gruselatmosphäre ein grell leuchtendes Schnippchen zu schlagen. Besser also, ich bleibe zunächst in der Nähe von Großmark und fische dort. Das verspricht zwar weniger Vielfalt, motiviert aber immer noch ungemein, und auf die nächsten Verbesserungen an Back- und Steuerbord freue ich mich jetzt schon riesig.

Ach, Mist. Ausgerechnet heute Abend will mich der Bürgermeister noch mit einer Lieferung ins gegenüberliegende Kleinmark schicken. Weit entfernt ist das zwar nicht, doch es gießt wie aus Eimern und der Schrecken über die unheimlichen Lichterscheinungen sitzt mir immer noch tief in den Knochen. Morgen wird es schon zu spät sein, denn der Inhalt ist verderblich. Na gut, also los, nochmal den Anker lichten. Wenig später fluche ich wie ein Rohrspatz – vielen Dank, Herr Bürgermeister! Direkt vor der Küste setze ich den Tanker im Miniaturformat vor eine plötzlich aus dem Wasser ragende Steinformation, die wie aus dem Nichts auftaucht. Was ist hier bloß los? Mein Fang des Tages wird jedenfalls gleich wieder in Reparaturen gesteckt und das Paket ist bei der Kollision auch ins kühle Nass gefallen. Mit schlechter Laune wandere ich niedergeschlagen ins Bett. Vielleicht hatte die Leuchtturmwärterin ja doch recht…

DREDGE – Tag 5 – Der Sammler

Den vierten Tag habe ich lediglich damit verbracht, neuen Tatendrang anzusammeln und meine Angelrute an den bereits bekannten Stellen auszuwerfen, um so richtig viel Kohle zu scheffeln – nichts Besonderes also. Der mittlerweile fünfte Tag soll eigentlich ähnlich entspannt verlaufen, doch mir hüpft plötzlich ein ganz besonders merkwürdiger Fang an Bord. Ein Rosa-schimmernder Kugelfisch, der nicht von dieser Welt zu sein scheint. Die Augen des Fischhändlers erstrahlen jedoch voller Gier, als ich den Fang auf den Tisch klatsche. Neben einem hübschen Sümmchen, springt auch ein ähnlich gefärbtes Taschentuch für mich dabei heraus. Wofür das wohl gut ist? Naja, ich wundere mich hier über nichts mehr und verstaue das Utensil erstmal an Deck. Der restliche Fang lief auch ganz gut, in den Minispiel-ähnlichen Fangeinlagen werde ich immer besser und auch das Sortieren funktioniert mittlerweile ziemlich intuitiv. Etwas sehnsüchtig, aber mit genauso viel Ehrfurcht, blicke ich aufs weite Meer hinaus, wo sich die Gischt der Wellen zu einem dynamischen Schauspiel auftürmt und mir unverhohlen deutlich macht, dass mein Boot und ich noch lange nicht bereit für dieses Abenteuer sind, was auch immer dort draußen auf mich warten mag. Es ist schon Abend und eigentlich will ich heute nochmal raus, mich am exotischen Gesuch des Fischverkäufers versuchen, dessen bestellter Fisch nur im Schutz der Dunkelheit an die Oberfläche dringt. Der markerschütternde Blick eines fremden Mannes durch das Fenster meiner Kajüte, weiß das aber zu verhindern. Angeblich ist ihm mein aktuellster Fang bereits zu Ohren gekommen, das Tuch wohl auch. Da er mehr zu wissen scheint und mir ein Angebot machen möchte, ziehe ich seine Einladung, ihm auf der Schwarzfelsinsel im Süden einen Besuch abzustatten, ernsthaft in Betracht. Wie gesagt, nach knapp einer Woche in Großmark fehlt mir mittlerweile jegliches Gefühl der Verwunderung, doch macht sich genauso Misstrauen zwischen meinen Kiemen breit. Ob ich den Weg überhaupt schaffe? Was, wenn es eine Falle ist? Ich versuche nicht zu sehr darüber nachzudenken, stelle allerdings fest, dass das Auftauchen dieser fremden Person etwas in mir verändert zu haben scheint. Voller Mut und Ehrgeiz schmeiße ich zu später Stunde nochmal den klapprigen Motor meiner Schaluppe an und ziehe los. Wieder diese Dunkelheit. Wieder diese Lichter. Auch das kaum vernehmbare Säuseln gesellt sich erneut zu den stolpernden Geräuschen meines Motors. Plötzlich auftauchenden Felsen weiche ich mit gemächlicher Geschwindigkeit aus. Eine Handvoll Kalmare gegen gesunden Schlaf, ein fairer Tausch in meiner Position. Doch der Bürgermeister mahnt bereits und auch ich soll mich am nächsten Tag nicht ganz so fit fühlen.

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DREDGE – Tag 6 – Krabbenbrötchen und Kran-Alarm

Ein Blick auf die etwas grob umrissene Karte verrät: Bis zur Schwarzfelsinsel ist es scheinbar gar nicht weit. Logisch, ich könnte hier genauso noch ein paar Tage verharren, mir eine beschauliche Summe ansparen, zumindest bis alle Fangplätze vorrübergehend versiegt sind, und mit besserem Motor und weiteren Upgrades, die mir in ihrer Vielzahl in diesem Moment ein bisschen zu Kopf steigen, erst nach einer weiteren Woche aufbrechen. Doch ein Mann der Sicherheit war ich schließlich nie – zumindest glaube ich das – und ziehe voller Neugier in unbekannte Gefilde. Einmal mehr frage ich mich, was hier eigentlich mit meinem Verstand passiert. Die Insel liegt quasi direkt vor der Haustür, nur den heimisch-gemütlichen Fjord vor Großmark muss ich dafür verlassen. Trotzdem gibt mir dieser kleine Trip ein Gefühl von Abenteuer und ich bemerke dabei zum ersten Mal, wie schön sich der strahlend blaue Himmel im leicht wiegenden Wasser spiegelt, dabei kleine Schaumkronen hinterlässt und mich mit seiner scheinbaren Endlosigkeit in den Bann zieht. Selbst die Navigation stellt, dank Kompass und dynamischer Positionsmarkierung auf der Karte, längst kein Problem mehr dar.

Jetzt liege ich schon wieder im Hafen vor Anker und bin stolzer Besitzer eines Tiefseekrans, der diesem Abenteuer zu seinem Namen verhilft und mit dem mein Schiff nun versunkene Schätze und Rohstoffe bergen soll. Der seltsame Typ entpuppte sich nämlich als Sammler, der auf der Suche nach allen möglichen Artefakten zu sein scheint – das vom Kugelfisch verschluckte Taschentuch war lediglich eines davon. Wo genau ich anfangen soll, das weiß ich noch gar nicht, soll mich aber umhören und bin zudem äußerst dankbar, eine weitere Möglichkeit der Erkundung an die Hand gereicht zu bekommen. Auf dem Rückweg sacke ich noch einen grauen Aal in Rekordgröße und den selten vorkommenden elektrischen Zackenbarsch ein. Auch den zweiten Auftrag des Fischhändlers hake ich somit ab und erhalte zur Belohnung einen Krabbenkorb, den ich direkt vor der Hafeneinfahrt platziere und nun auf krosse Krabben und frischen Krill hoffe. Die passende Kundenanfrage gibt es gratis obendrauf und als ich nach kleiner Exkursion mit gefüllten Taschen wieder zurückkehren will, gibt mir die sonst so mürrische Leuchtturmwärterin noch einen wichtigen Hinweis über ein verschollenes Wrack direkt hinter Großmarkt mit auf den Weg. Dort soll nachts ein verdächtiges Leuchten aus der Tiefe bis hoch in den Himmel strahlen. Ob ich mich das schon traue? Zeit für die Koje ist jedenfalls lange noch nicht, denn am Dock treffe ich eine Architektin. Ihr gefällt es hier anscheinend überhaupt nicht und wenn ich ihr ein paar Materialien besorge, darf ich sie gerne bei ihrem Umzug nach Stahlspitz begleiten und mir dort eine vorrübergehende Bleibe einrichten. Das Gefühl von Tatendrang weicht unzähligen Fragezeichen über diesen Ort und seine Bewohner, während ich die Decke vorm Einschlafen noch mehrmals umdrehe und dabei fest nach dem Stoff greife, als würde ich ihre weiche Federfüllung mit einem Würgegriff zu Antworten zwingen wollen. Niemandem scheint es hier zu gefallen. Alle wollen weg oder geben sich auffallend misstrauisch. Gegenüber mir, dem Meer, vor allem der Dunkelheit der Nacht. Auch ich fürchte sie, gestehe mir im selben, dem letzten bewussten Atemzug vorm Einschlafen aber genauso ein, bislang keine schlechten Erfahrungen dort draußen gesammelt zu haben…

DREDGE – Tag 7 – Stimmung und Schmuck sinken gen Meeresboden

Da der Fischverkauf den Rubel momentan so richtig ins Rollen bringt, springen zur Feier des Tages ein zweiter Motor und eine weitere Birne für die Steuerbord-Beleuchtung raus. Spürbar schneller und mit genügend Licht für die Dunkelheit gewappnet, düse ich heute schon früh los. Auf dem Weg zur Rückseite von Großmark entdecke ich meinen ersten Ort zum Bergen versunkener Güter. Ähnlich der Fischerei, lasse ich den Haken des Krans gelassen nieder und absolviere ein Minispiel mit sich ähnlich drehendem Kreis. Statt vorgegebene Flächen im richtigen Moment zu treffen, muss ich diesen Punkten nun gekonnt ausweichen. Eine gelungene Alternative und nicht weniger knifflig, der hübsch funkelnde Goldring war die Mühen aber sicher wert, oder?

Naja, der Sammler scheucht mich jedenfalls gleich wieder davon. Für so einen billigen Ramsch hätte er keine Zeit, stattdessen soll ich mich aber mal in Kleinmark umhören. Das liegt nicht fern und der hiesige Händler lässt immerhin 15 Goldstücke für das Schmuckstück springen. Außerdem erfahre ich dort von einem trauernden Vater, dass sich das in den Tiefen der Meere verschwundene Wrack seines verunglückten Sohns ganz in der Nähe befinden soll. Zwei Fliegen mit einer Klappe, das klingt lukrativ. Allerdings nicht mehr heute, die Nacht bricht bereits herein. Mit leichten Sorgenfalten auf der Stirn fällt mir auf, wie schnell die Zeit hier wirklich vergeht. Fast ein bisschen zu flott, daran kann mein zweiter, sichtlich abgegriffener Motor auch wenig ändern. Doch das Trockendock lächelt mir bereits freundlich entgegen – so ziemlich das einzige Lächeln, das man mir hier schenkt – und wartet mit unzähligen Verbesserungen auf, die meine Fangkapazität steigern, mehr Platz für bessere Angelrouten bieten, schnelleres Fischen und stärkere Leuchtkraft der Scheinwerfer ermöglichen und so weiter. Vor lauter Möglichkeiten fallen mir fast schon wieder die Augen zu. Doch bevor das geschieht, stolpert der traurige Vater in seiner abgewetzten Kleidung und mit diesem leeren Blick herein. Nicht etwa in meine Kajüte, aber genauso ausdrucksstark in meine unruhigen Gedanken, die wie Zitteraale am Meeresgrund von einer Riesenmuschel zur nächsten schnellen. Auf der Suche nach Nahrung, oder etwas ganz anderem.

Genauso verloren scheinen die BewohnerInnen dieser Gegend zu sein. Oder gibt es da etwas, das ich übersehe? Nein, ausgeschlossen. Diese Region bietet doch alles, was das Fischerherz begehrt. Reiche Fischgründe, florierender Handel und die motivierende Chance, mit genügend Kleingeld in der Tasche und einem aufgerüsteten Schiff das Erkundungsgebiet noch weiter zu vergrößern und dabei auf interessante Orte und ihre ausgefallen wirkenden Fischarten zu treffen, was ein neugieriger Blick in die gut sortierte Enzyklopädie ja bereits verrät. Ich verstehe das alles nicht und setze mir zum Einschlafen das Buch, das mir die Schiffsbauerin geschenkt hat und die Handhabung des Motors als passive Fähigkeit erleichtern soll, schützend auf die Nase.

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DREDGE – Tag 8 – Eine bedrohliche Begegnung

Wenn ich ehrlich bin, sinkt auch meine Stimmung langsam Richtung Meeresgrund. Sind wir nicht alle bloß Treibgut in einem unaufhaltbaren Strom aus fremden Einflüssen? Manche treiben vielleicht oben, bis sie irgendwo angespült und gerettet werden, doch die meisten zieht es nach unten. Wer wird mich einmal bergen? Noch bevor sich der trübe Gedanke verfestigen kann, denke ich an all das Geld und auch die Neugier macht sich wieder breit, endlich ein paar Rohstoffe zu bergen und auch dem geheimnisvollen Wrack einen Besuch abzustatten. Trotzdem. Regen, immer wieder dieser Regen über Großmark, der sich erst verzieht, sobald ich den Anker lichte. Den Fischen kehre ich heute einmal den Rücken, bemerke aber, wie gestochen scharf und flüssig meine noch zaghaften Abenteuer auf hoher See eigentlich verlaufen und auch, wie sehr die anfangs leicht ungewohnte Steuerung meines schippernden Untersatzes bereits in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Schon zur Mittagszeit treffe ich am genannten Ort ein und entdecke kurz davor noch zwei Fetzen Stoff, die mir später ein Schleppnetz für den eher passiven Fischfang bescheren sollen. Auch der Krabbenkorb ist heute prall gefüllt mit Krebsen und anderen Tierchen im Miniaturformat. Das verlockende Blubbern an der Meeresoberfläche, genau an dem Punkt, den mir die Leuchtturmwärterin als Stelle eines schrecklichen Schiffunglücks genannt hatte, entreißt meiner Aufmerksamkeit die Gedanken über Schalentiere auf der Stelle und ich fange eifrig an, das versunkene Gut zu bergen. Ein goldener Schlüssel landet an Deck. Wo der wohl reinpasst? Es ist zwar spät, aber meine Neugierde zur Sekunde erst aufgewacht. Mit schwindenden Sonnenstrahlen am Horizont, begebe ich mich auf schnellstem Weg zum Sammler. Genau dieses Relikt hat er zwar gesucht, doch Freude sieht anders aus. Wo denn das dazu passende Schloss sei, fragt er mich entrückt. Ähnlich entgeistert starre ich in seine von einer dicken Brille verdeckten Augen und bekomme, neben knappen Antworten, noch weitere Koordinaten und eine neue Fähigkeit in meine runzligen Hände gedrückt, bevor er langsam aber bestimmt die Tür zum alten Anwesen schließt. Mit der frischen Eile-Fähigkeit sorge ich vorrübergehend für einen ordentlichen Temposchub meines Kutters, überhitze damit aber auch den Motor und steigere meine Panik. Leicht sacke ich in mir zusammen, geschenkt gibt es hier wohl nichts. Nun ist es wirklich spät. Erneut ignoriere ich das säuselnde Flüstern des Windes in völliger Finsternis, oder woher es auch immer kommen mag, und manövriere gekonnt durch von der Dunkelheit verschluckte Hindernisse. Es scheint, als würde sich mir hier alles entgegenstellen. Jeder kleine Ausflug sollte mit Bedacht geplant, jede Aktion gegenüber ihrem Risiko gut abgewogen werden. Dennoch bin ich motiviert, will auch weit entfernte Orte entdecken. Brodelnde Vulkane beobachten, meinen Kutter durch Mangrovenwälder schippern und die verführerisch leuchtenden Geheimnisse eines Korallenriffs ans Tageslicht befördern, während das Boot langsam aber sicher zu einem stolzen Kahn mutiert, der Reichtum aus Schuppen und Flossen verspricht. Doch ich träume schon viel zu lange, vernehme das aufgewühlte Plätschern im Wasser erst im letzten Moment. Wäre das Licht an Bord etwas heller, ich hätte das riesige Seeungeheuer hinter mir sicher längst bemerkt…


P.S.: Zum Schluss noch ein lobendes Signal aus meinem Nebelhorn an das neuseeländische Entwicklerstudio Black Salt Games, das mit viel Mut und Kreativität einmal mehr beweist, was ein lediglich vierköpfiges Team in die Tat umsetzen kann. Mit einem Publisher wie Team17 im Rücken, profitieren hiesige SpielerInnen sogar von einer vollständig deutschen Lokalisierung.
P.P.S: Unserem Redakteur geht es selbstverständlich gut!

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FAZIT:

DREDGE ist liebevoll entworfene Indie-Kunst aus lediglich vierköpfiger Schöpfung und alles, wonach sich Fans von Angel-Minispielen jemals gesehnt haben; auf eine skurrile Art sogar der wahrgewordene Fiebertraum vom komprimierten Sea of Thieves-Einzelspielererlebnis. Weitestgehend isoliert und mit einer beklemmenden Atmosphäre im Nacken, zieht DREDGE immer tiefer in seinen Sog aus clever miteinander kombinierten Erkundungs- und Crafting-Mechaniken, deren perfektionierte, rund 20-stündige Fischfang-Prämisse schon bald den ambitionierten Komplettierungsversuchen eines Pokédex gleicht.

Den Erfahrungswert möchte man eigentlich nicht vorwegnehmen, doch die anfänglich aufgebauschte Angst vor Untiefen und Seemonstern, weicht irgendwann der Erkenntnis über eine erstaunlich komprimierte, aber in ihrer Größe eben genau richtig vermessenen und immer noch bedrohlichen Welt, die mit vier unterschiedlichen Biomen durch optische Vielfalt und spielerische Abwechslung begeistert und nur dort einen Tiefpunkt erlebt, wo die durchweg stimmungsvolle Horror-Ästhetik aus bizarren Charakteren, dem meist philosophisch geprägten Melancholie-Setting und unheimlichen Begegnungen mit allerlei Seemanns-Hokuspokus ihr leicht enttäuschendes, aber dennoch wirkungsvoll schaurig inszeniertes Lovecraft-Ende findet.

Das Meer gibt, das Meer nimmt und so präsentiert sich auch DREDGE als spaßiger Gameplay-Mix mit zugänglichen, geschickt aufeinander aufgebauten und gleichzeitig tiefgreifend komplexen Elementen vor unglaublich hübscher Postkarten-Kulisse, der subtil zur Gier zwingt, aber im selben Moment mahnend den Finger hebt und daraus eine ganz eigene Dynamik entwickelt, die zwischen sorgloser Entspannung und blanker Panik ein Meeresbecken-füllendes Gefühlsspektrum entfaltet und deshalb zu den ganz großen Namen in diesem Spielejahr zählt.

WERTUNG: 90/100


DREDGE erscheint am 30. März 2023 für Playstation, Xbox, Nintendo Switch, Windows PC und MacOS erhältlich. Für die digitale Version zahlt ihr 24,99€, während die physische Deluxe Edition (ebenfalls digital erhältlich) 29,99€ von euch verlangt und mit ein paar exklusiven, aber lediglich kosmetischen Ingame-Items aufwartet. Zudem locken sämtliche Plattformen mit einer kostenlosen Demo-Version für alle bislang unentschlossenen SeefahrerInnen.

Für diesen Test von DREDGE auf der Xbox Series X wurde uns freundlicherweise ein Reviewcode vom Publisher Team17 zur Verfügung gestellt. Screenshots stammen aus dem offiziellen Pressekit.

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2 Komentare:

Warum viele Indie Entwickler einen Youtube-Kanal starten - Gaming Magazin - Games-Mag - Gaming News and Gaming Reviews 9. September 2023 - 11:40

[…] würde lügen, wenn ich sagen würde, alle Indie Entwickler, die auf Youtube hochladen, sind nur auf Reichweite aus. Das ist eher im Gegenteil so. […]

Antwort:
Wolfgang Berg 17. April 2024 - 23:14

Ich entschuldige mich aufrichtig für diesen Kommentar! Aber ich teste einige Software zum Ruhm unseres Landes und ihr positives Ergebnis wird dazu beitragen, die Beziehungen Deutschlands im globalen Internet zu stärken. Ich möchte mich noch einmal aufrichtig entschuldigen und liebe Grüße 🙂

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