Wohnen ist Glückssache. Das verrät nicht nur der verschämte Blick auf den Viewcounter etlicher Immobilienangebote im Internet, sondern auch die Strategiesimulation Mieter-Fortuna. Über vier Jahre nach ihrer Veröffentlichung auf Steam und Mobilgeräten, erscheint der Titel mit Roguelite-Einfluss endlich auf modernen Konsolen und verspricht einmal mehr einen absurd dargestellten, soziologischen Seitenhieb auf immer höher steigende Mietpreise. Was wäre, wenn wir diese nur noch per Glücksspiel begleichen könnten? Macht das überhaupt einen Unterschied? Und warum kann ich damit nicht mehr aufhören?
Deine Miete ist fällig!
Nur noch eine Runde. Wie oft haben wir diesen Satz schon gehört? Ob in Vampire Survivors, Balatro oder Pegglin, es waren die oft unscheinbaren Indie-Titel, die innerhalb der letzten Jahre zu echten Fan-Lieblingen mutierten und bis heute stundenlangen, schnörkellosen Spielspaß garantieren. Auch Mieter-Fortuna schnappt sich dieses Prädikat und lässt mich nach kurzer Eingewöhnungszeit einfach nicht mehr los.
Dabei ist das grundlegende Spielprinzip erneut schnell erklärt. Statt eines gewöhnlichen Spielautomaten, setzt euch Mieter-Fortuna die virtuelle Variante einer buchstäblich unbefleckten Slotmaschine vor die Nase. Die Symbole auf den Rollen dürft ihr nämlich weitgehend selbst bestimmen, außerdem verfügen die durchaus charakteristischen Bildchen über unterschiedliche Werte und Fähigkeiten. Damit es spannend bleibt, sitzt euch die regelmäßige Zahlung eurer Miete permanent im Nacken.
…das ist das heilige Mantra, das auch Mieter-Fortuna umgibt…
Um nach einer vorgegebenen Anzahl von Spins die stetig steigenden Kosten aufbringen zu können, müssen während dieses Zeitraums genügend Taler auf dem Konto landen. Grundsätzlich gewährleistet ihr das übers Hinzufügen neuer Symbole auf den fünf Rollen des Automaten; je höher der Wert eines Piktogramms, desto besser und es addiert sich bereits ein hübsches Sümmchen. Doch hört der Spaß hier noch lange nicht auf, denn Symbole verfügen außerdem über besondere Fähigkeiten, die ihnen untereinander diverse Kombinationen ermöglichen. Eine Katze bringt euch beispielsweise nur eine Münze pro Spin, löscht im Gegenzug aber auch Milch vom angrenzenden Spielfeld, was einen dicken, einmaligen Bonus verspricht. Im weiteren Spielverlauf werden diese Interaktionen deutlich komplexer und teilweise ziemlich wild. So wähle ich im späteren Spielverlauf einen Kannibalen aus, der alle optisch an Menschen und Berufsgruppen angelehnten Symbole entfernt und dabei richtig absahnt, im selben Moment aber genauso dafür sorgt, dass sich meine bisherige Strategie aus Minen-Arbeitern und Millionären praktisch in Luft auflöst. Eigene Experimente und das eher beiläufige Entdecken neuer Synergien machen tatsächlich einen Großteil der spaßigen Erfahrung von Mieter-Fortuna aus, wobei ein kurzer Blick in die Forenwelt des Internets schmunzelnd verrät, wie viel Wissenschaft und Mathematik eigentlich in diesem Titel stecken…
Bist du deines Glückes Schmied…?
Insgesamt erwarten euch pro Spieldurchlauf zwölf quasi-Checkpoints, während denen die Zahlung eurer Miete fällig wird. Zu Beginn jeder Runde sprechen wir noch von verhältnismäßig geringen Summen, die jedoch mit fortschreitendem Spielverlauf in bereits vierstellige Bereiche wandern. Deshalb ist es auch extrem wichtig, Fräulein Fortuna mit einer gewissen Portion Taktik unter die Arme zu greifen, denn so viel Glück steckt in Mieter-Fortuna gar nicht.
Nach jedem Spin werden euch drei weitere Bildzeichen vorgeschlagenen, aus denen ihr eines dem Automaten hinzufügen dürft, aber eben nicht müsst. Anfangs mag das Prinzip Masse statt Klasse noch effektiv sein, später kommt es vor allem darauf an, möglichst mächtige und gewinnbringende Effekte miteinander zu kombinieren und dabei die Anzahl eurer im Spiel befindlichen Symbole bestenfalls gering zu halten, um die Chance ihres Erscheinens zu erhöhen.
Hinzu gesellen sich besondere Fähigkeiten, die regelmäßig nach den Checkpoints zur Auswahl stehen und hilfreiche Buffs hinzufügen. So lässt sich die Wirkung diverser Symbole verändern oder sogar verstärken, es lockt ein permanenter Wertebonus auf bestimmte Kombos oder ihr ergattert witzige Items, die das bisherige Spielgeschehen gehörig auf den Kopf stellen. Die grobe Erklärung mag etwas kaltherzig klingen, in der Realität macht Mieter-Fortuna aber gehörig viel Spaß. Ist der Groschen einmal gefallen, lässt euch der kreative Titel vom Entwicklerstudio TrampolineTales so schnell nicht mehr los und macht nahezu süchtig.
…hatte ich allerdings immer das kurzzeitige Gefühl, den heiligen Gral der Kalligraphie zu erblicken.
Zu bemängeln hätte ich an dieser Stelle nur noch den enorm hohen RNG-Faktor. Einen bestimmten Spielstil zu verfolgen, macht hier oft keinen Sinn, weil die vorgeschlagenen Symbole nach jedem Spin absolut zufällig erscheinen und mir sogar das Gefühl geben, dass die Auswahl der Bildzeichen aktiv gegen meinen bisherigen Spielaufbau und die angedachte Strategie arbeiten, mir also völlig gegensätzliche Möglichkeiten vor die Füße werfen. Mieter-Fortuna verlangt an dieser Stelle viel mehr, schnell auf neue und unerwartete Situationen angemessen zu reagieren und aus der Not eine Tugend zu machen. Der mitgelieferte Roguelite-Faktor entsteht übrigens dadurch, dass ihr beim Scheitern einer Runde nichts weiter mitnehmt, als die persönliche Erfahrung. Das mag gefallen und anspornen, bleibt aber weiterhin eine Sache des eigenen Geschmacks.
Spielhallen-Atmosphäre
Ich durfte Mieter-Fortuna auf der Xbox Series X und der Nintendo Switch testen und kann euch berichten, dass beide Versionen einwandfrei laufen. Kein Wunder eigentlich, fällt die optische Präsentation doch arg grobschlächtig aus. Der allgemeinen Ästhetik mag das zugute kommen, nach jedem Wechsel in den Homescreen der jeweiligen Konsole oder einem kurzen Blick auf mein Smartphone, hatte ich allerdings immer das kurzzeitige Gefühl, den heiligen Gral der Kalligraphie zu erblicken. Das ist aber bereits meckern auf hohem Niveau, schließlich wirkt der Titel mit seiner Piktogramm-artigen Darstellung wie aus einem Guss und lädt auch durch den abwechslungsreichen, stets unaufdringlichen Soundtrack dazu ein, sich voll und ganz auf das eigentliche Geschehen zu konzentrieren. Außerdem gibt es ein paar wertvolle Zugänglichkeits-Features spendiert, mit denen ihr die Schriftart verändern und zeitraubende Animationen ausschaltet.
Die Achievement-Liste ist dagegen ein echter Albtraum für ambitionierte Trophäenjäger, denn die besteht aus viel zu vielen Erfolgen, während eine aufschlussreiche Beschreibung stattdessen einer kryptischen Prozentzahl weicht. Tatsächlich ist jede Trophäe mit jeweils einer erfolgreichen Kombinationsmöglichkeit, diversen Effekten oder Meilensteinen im Spiel frei verknüpft. Aktiviert ihr diese, schaltet sich die Trophäe mit der nächsten Prozentangabe frei. Zum krönenden gibt es noch den Preis für die unnötigste Übersetzung spendiert, denn aus Luck be a Landlord den Titel Mieter-Fortuna zu kreieren, ist schon ein…interessanter Schritt. Mit der Qualität des Spiels hat das selbstverständlich überhaupt nichts zu tun, trotzdem klingt die deutsche Übersetzung so, als würde der Titel direkt aus der Shovelware-Schmuddelecke stammen, was potentielle KäuferInnen durchaus abschrecken könnte. Apropos Sprache, hierzulande muss sich niemand Sorgen um die Verständigung am einarmigen Banditen machen, Mieter-Fortuna wurde komplett lokalisiert.
Mieter-Fortuna ist seit dem 06. Februar 2025 auch für die Nintendo Switch, Playstation und Xbox und somit für alle gängigen Plattformen, inklusive dem PC und mobilen Endgeräten, verfügbar. Aktuell ausschließlich digital erhältlich, schlägt der Titel mit 14,99€ zu Buche.
Für diesen Test von Mieter-Fortuna wurden uns freundlicherweise Reviewmuster für die Nintendo Switch- und Xbox-Version des Titels vom Publisher zur Verfügung gestellt. Screenshots stammen aus dem offiziellen Presse-Kit.
Fazit – Score: 9/10
Zugegeben, aufgrund der zahlreichen Symbole und ihrer schier endlosen Synergien, kann Mieter-Fortuna zu Beginn überfordernd wirken. Auch ich habe einige Anläufe und Spielstunden gebraucht, um meinen ersten Zyklus aus zwölf Zahlungen abzuschließen und damit weitere Ebenen und den Endlos-Modus freizuschalten. Doch der Weg dahin lohnt sich, denn wer das Prinzip einmal verstanden und die erste, völlig irrwitzige Kombo vom Stapel gelassen hat, kann schlicht nicht mehr aufhören. Nur noch ein Versuch, das ist das heilige Mantra, das auch Mieter-Fortuna umgibt und der Grund, weshalb sich der Titel mit den ganz großen Vertretern im süchtig machenden Kurzweil-Pixel-Wohlfühl-Genre messen kann. Fans von Balatro und Co. finden hier ihren neuen spielerischen Kryptonit, der dank unverwechselbarer Ästhetik und einer frischen Idee seine ganz eigene Identität formt und kurzweiligen Spaß der Extraklasse bietet, während das Grundwerk aus simplen Mechaniken ein überraschend hohes Maß an Komplexität verbirgt und genau deshalb zu begeistern weiß.