Der Korb hängt hoch – das Niveau leider nicht! Wie aufdringliche Mikrotransaktionen und nervige Klischees den König der Basketball-Simulationen vom Thron stoßen: Unser Test zu NBA 2K18 auf der Xbox One.
Das fängt ja schon mal gut an. Statt perfekt ausgeführter Dribblings, will NBA 2K18 erstmal eine gültige E-Mail-Adresse von uns sehen. Der Bildschirm, der beim ersten Start des Spiel aufploppt, lässt sich übrigens nicht überspringen – eine Verknüpfung per E-Mail Account ist also absolut notwendig. Diese datenrechtlich leicht fragwürdige Prozedur aber einmal überstanden, landen wir ohne weitere Umschweife im Charaktereditor, um unseren nächsten Stern am NBA-Himmel zu kreieren.
Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?
Die anfängliche Bastelei fällt im diesjährigen Update erstaunlich dünn aus. Mit Ausnahme der anatomischen Merkmale, sehen wir uns in der bislang so umfangreichen Gestaltungsfreiheit stark eingeschränkt – als Beispiel sei mal die geringe Auswahl von lediglich fünf Frisuren genannt. Vom einst adretten Individualisten zum optischen Langweiler degradiert, starten wir unsere Karriere, die auch in NBA 2K18 wieder mit einer Story lockt.
Anhand des klischeebefleckten Plots und der extrem stereotypen Charaktere, bin ich mir zwar nicht ganz sicher, ob sich Entwickler Visual Concepts hier an einer gehörigen Portion Selbstironie bedient oder den rassistischen Auftritt von Spike Lee im 2016er-Ableger noch nicht ganz überwunden hat, für ein paar unfreiwillige Schmunzler sorgt die begleitende Geschichte aber allemal.
Es ist ja schon klar, dass die Kulturen von Basketball und Hip Hop eng miteinander verschlungen sind, die in jedem Fall festgelegte Ghetto-Attitüde unseres Alter Egos und mancher Nebencharaktere wirkt aber dermaßen überzogen, dass man weinen möchte. Besonders komisch wird es dann, wenn wir uns zu Beginn für einen helleren Hauttyp entscheiden. Da will der wild gestikulierende Rap-Songtext auf zwei Beinen plötzlich so gar nicht mehr ins Bild passen. Und um mal bei den medial ohnehin recht häufig aufbereiteten Klischees zu bleiben: Die besondere Beziehung der Viertelbewohner zum lokalen Barber Shop fängt das Spiel tatsächlich authentisch gelungen ein, als blasser NBA-Star in Spe erinnert der regelmäßige Besuch nebst Dialogsequenz mit den Betreibern aber eher an eine Szene aus dem Dschungelbuch.
Hier wurde eine Idee leider nicht ganz zu Ende gedacht und die selbst gegrabene Race Gap fällt erneut negativ ins Auge. Dass wir die Sequenzen allesamt nicht überspringen können und sie von teils grauenhaft übersetzten, deutschen Untertiteln begleitet werden, macht die Sache natürlich nicht besser. Etliche Logiklücken in der Erzählung, wie etwa den viel zu schnellen, von unserer tatsächlichen Leistung völlig unabhängigen Karriereaufstieg zu Beginn der Story, mal völlig außen vor gelassen.
Eine Nachbarschaft mit gewissen Vorzügen
Als Schauplatz für den Karriere-Modus in NBA 2K18 dient diesmal eine weitestgehend offene Spielwelt. Die MyHood, das digitale Abbild eines amerikanischen Stadtviertels mit gesellschaftlichem Potential nach oben, umfasst mehrere Straßenzüge und diverse Möglichkeiten, die hart verdiente Ingame-Währung für Kleidung und Co. auf den Kopf zu hauen. Statt schnöde Menüs einzusetzen, lässt uns 2K Games diesmal also selbst zum Fitnessstudio, dem Schuhgeschäft oder weiteren Anlaufstellen navigieren.
Nur schade, dass das Movement abseits der sportlichen Auseinandersetzung nicht ganz so gelungen abschneidet. Unser aufstrebendes Basketball-Talent steuert sich nämlich viel zu steif, längere Laufwege werden schnell zur nervlichen Belastungsprobe, ausgiebige Ladezeiten beim Betreten von Geschäften tun ihr Übriges.
Da diese Spielwelt gleichzeitig als sozialer Hub dient, begegnen wir stets einer großen Anzahl anderer Online-Spieler, mit denen wir interagieren dürfen. Ob simpler Gruß per Geste oder eine Einladung in den persönlichen Squad, Kontakt zu Gleichgesinnten ist hier definitiv erwünscht. Zugegeben, das Erscheinungsbild und die gesamte Aufbereitung der MyHood erinnert schon stark an den Turm aus Destiny.
Teufelswerk Virtual Currency
Apropos, denn ähnlich dem Lichtlevel aus Bungies MMO-Shooter, verfügt unser Charakter in NBA 2K18 über einen fast identischen Durchschnittswert, der sich aus unterschiedlichen Attributen, wie etwa der Ausdauer oder der Chance auf erfolgreiche Korbwürfe, zusammensetzt.
Klingt ja erstmal toll und funktioniert grundsätzlich auch genauso, wie bereits in den Vorgängern. Entweder wir trainieren hart und absolvieren fleißig Punktspiele, um im Level aufzusteigen oder aber wir investieren unsere Ingame-Währung, die VC, in Attribute und erreichen so die nächste Stufe. VC, also Virtual Currency, kann nach wie vor erspielt oder durch Echtgeld digital erworben werden.
Nun aber zur Krux. Publisher 2K Games hat das Verhältnis zwischen eigener Leistung und dem Vorteil durch käufliche Inhalte auf ein völlig ungesundes, nicht mehr duldsames Maß gebracht. Wer seinen persönlichen Charakter auf die maximale Stufe von 99 bringen und dabei keinen Cent vom echten Geld ausgeben möchte, verbringt locker mehr als 100 langatmige Stunden mit dem reinen Aufleveln. Um allein vom anfänglichen Level 60 auf Charakterstufe 85 zu gelangen, braucht es ganze 200.000 VC. Zum Vergleich: Ein ganzes Match, die Hauptverdienstquelle der Ingame-Währung, bringt selten mehr als 800 VC.
Und wer auf das irgendwann total monotone Grinden keine Lust oder schlicht keine Zeit dafür hat, tja, der bedient sich an einem der zahlreichen VC-Packs, die digital im jeweiligen Store oder sogar bei Amazon angeboten werden. Ihr habt den Vergleich aus dem vorigen Absatz noch im Kopf? Super! Denn für die besagten 200.000 VC dürft ihr mal eben knapp 50 Euro berappen – ein horrender Wechselkurs. Und wir reden hier nicht von einer bloßen Möglichkeit, ein wenig Zeit zu sparen. Nein, wie gesagt, mit einer absolut demotivierenden Auflevel-Mechanik, die uns nur extrem langsam aufsteigen lässt, werden Spieler schon fast gezwungen, echte Taler auszugeben. Denn vor allem in den Online-Matches hat man selten eine Chance, gegen hochrangige Gegner einen Sieg einzuheimsen. So wird aus der bereits leichten Free to Play-Mechanik des Vorgängers, ein Pay-to-win-Prinzip in einem aktuellen Vollpreis-Titel.
Aber auch die optischen Anpassungsmöglichkeiten bleiben davon nicht verschont, denn nun wird auch klar, warum die Auswahl zu Beginn so mager ausfällt. Ob nun neuer Haarschnitt, T-Shirt oder lustige Geste, alles in NBA 2K18 verlangt eine kostbare Menge an VC. Selbstverständlich bleibt das noch optional, doch es liegt ja wohl auf der Hand, dass man seinem virtuellen Alter Ego, mit dem man voraussichtlich einiges an Zeit verbringt, hin und wieder ein alternatives Aussehen verpassen will. Und während wir an den für das Spiel weniger gewinnbringenden Läden gerne mal vorbeilaufen, sind die kostspieligen Shops mit Lizenz natürlich hell erleuchtet und so verteilt, dass man sie garantiert nicht verpasst.
Doch damit noch längst nicht genug. Für jeden kleinsten Fehler auf dem Spielfeld, wird unser VC-Konto nachhaltig belastet. Minus eine Einheit pro Foul klingt nicht viel, aber es summiert sich. Außerdem ist es durchaus möglich, seinen Charakter falsch aufzubauen, ihn zu verskillen. Wer also, aufgrund mangelnder Kenntnisse im Sport, einen Defensivspieler mit hauptsächlich offensiven Skills vollpumpt – ok, einfachstes Beispiel – hat später kaum noch eine Chance, in hitzigen NBA-Matches den Sieg zu erringen. Ein Übertragen der Ingame-Währung auf einen zweiten Charakter ist keine Alternative, 2K Games schiebt uns hier strikt den Riegel vor.
Gewohnte Klasse
Dabei ist das alles so verdammt schade. Denn abseits der penetranten Mikrotransaktionen und einer halbseidenen Story, bietet NBA 2K18 die gewohnt hochwertige Kost aus authentischer Präsentation und großartigem Gameplay. Die Animationen der Spieler auf dem Platz wirken nun noch geschmeidiger, ihre Gesichter gespenstisch echt. Mit 2KTV führt der Titel ein charakteristisches Showprogramm fort, das durch realitätsnahe Live-Kommentare und Interviews, sowie den zahlreichen Vor- und Nachbesprechungen kaum von seinen echten Vorbildern zu unterscheiden ist.
Anhänger des Sports finden mit dem riesigen, stets aktuellen Kader eine wahre Enzyklopädie in NBA 2K18, die vor etlichen Details geradezu übersprüht. So ziemlich jeder bekannte Spieler der letzten Jahrzehnte darf hier in den unterschiedlichsten Einzel- und Mehrspielermodi auf den Plan treten. Aber auch wenn diese Vielfalt einiges an Abwechslung verspricht, richtig rund läuft der Multiplayer momentan noch nicht. In unserem Fall kam es beim Versuch, Freunde über Xbox Live einzuladen, immer wieder zu Abstürzen und anderen Verbindungsproblemen.
Dafür hat es jetzt endlich ein Tutorial ins Spiel geschafft, das uns die zugängliche und intuitive Stick-Steuerung nochmal ein ganzes Stück näher bringt. Ein flexibles Bewertungssystem soll dabei helfen, das richtige Timing für Korbwürfe zu finden. Momentan können wir dem jedoch nur wenig Bedeutung zumessen, denn während eher durchschnittliche Würfe gerne mal einen Treffer einbringen, fliegen die perfekten Bälle viel zu oft am Ziel vorbei – sollte nochmal überarbeitet werden. Ansonsten kratzt die Action auf dem Spielfeld aber wieder verdammt nah am bereits aus den Vorgängern gewohnten Perfektionismus.
Die Präsentation muss sich dabei ebenfalls nicht verstecken. Aufgeräumte, optisch ansprechende Menüs führen uns durch das Spiel, während ein stimmiger Old- und Newschool Hip Hop-Sountrack durch die Lautsprecher dringt. Nur gelegentliche Ruckler und die viel zu langen Ladezeiten drücken ein wenig auf die dichte Atmosphäre von NBA 2K18.
Der Test basiert auf unserer Xbox One-Testversion von NBA 2K18, die uns freundlicherweise vom Publisher 2K Games zur Verfügung gestellt wurde. Screenshots stammen diesmal vom offiziellen Presse-Hub.
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Endlich mal jemand der das Spiel vernünftig abwertet. So eine Abzockerei darf nicht sein bei einem Vollpreis Spiel !