Ständig erscheinen neue Comics aus verschiedenen Universen, da ist es schwer, den Überblick zu behalten. Egal, ob DC, Marvel, Star Wars oder komplett andere Serien – immer stellt sich die Frage, was man sich als Nächstes holen soll. Um euch die Entscheidung etwas zu erleichtern und eine stärkere Übersicht zu gewährleisten, geben wir euch immer mal wieder Kritiken zu den neuesten deutschen Ausgaben verschiedener Comics. Viel Spaß mit unserer Kritik zu X-Men – Kampf um den Thron von Apocalypse.
Erscheinungsdatum | 18.02.2025 |
Zeichner | Netho Diaz |
Autor | Steve Foxe |
Format | Softcover |
Seitenanzahl | 104 |
Stories | X-Men: Heir of Apocalypse (2024) 1–4 |
Preis | 14,00€ |
Seit ihrer Einführung im Jahr 1963 haben die X-Men einen festen Platz im Marvel-Universum und in den Herzen der Fans weltweit eingenommen. Als von Professor Charles Xavier gegründete Gruppe von Mutanten mit außergewöhnlichen Fähigkeiten stehen sie sinnbildlich für das Anderssein, für Ausgrenzung und die Hoffnung auf Verständigung. Ihre Geschichten waren von Anfang an mehr als nur Superhelden-Abenteuer – sie spiegelten gesellschaftliche Konflikte wider und stellten Fragen nach Identität, Toleranz und Macht. Mit Figuren wie Cyclops, Jean Grey, Storm und Wolverine ist das Team über die Jahrzehnte immer wieder neu interpretiert worden, ohne dabei seine Grundthemen zu verlieren.
Einer der mächtigsten und zugleich rätselhaftesten Gegenspieler der X-Men ist Apocalypse – ein uralter Mutant, der sich selbst als die nächste Stufe der Evolution sieht. Geboren im alten Ägypten als En Sabah Nur, zählt er zu den ersten Mutanten überhaupt. Durch seine Philosophie des „Überlebens des Stärkeren“ stellt er nicht nur eine physische Bedrohung für die X-Men dar, sondern auch eine ideologische Herausforderung. Apocalypse verkörpert das Extrem einer Welt, in der Macht über Mitgefühl triumphiert – ein Zerrspiegel der Vision, die Xavier für die Mutanten hegt.
X-Men – Kampf um den Thron von Apocalypse knüpft an diese traditionsreiche Geschichte an und setzt sie auf eindrucksvolle Weise fort. Nach dem Fall von Krakoa entfaltet sich ein komplexes Machtspiel, in dem es nicht nur darum geht, wer die Nachfolge Apocalypses antritt, sondern auch darum, was es überhaupt bedeutet, ein König der Mutanten zu sein. Alte Rollenbilder werden hinterfragt, neue Allianzen geschmiedet, während im Hintergrund größere Kräfte wirken, als es zunächst scheint. Der Comic verspricht ein vielschichtiges, spannendes Kapitel im X-Men-Kosmos – und genau dieser Dynamik wollen wir uns in der folgenden Kritik widmen.
Danke an Panini für das Bereitstellen des Rezensionsexemplars!
Inhalt:
Jahrhundertelang hat Apocalypse die Mutanten der Erde auf die Probe gestellt – stets mit dem Ziel, dass nur die Stärksten überleben. Nun aber hat er den Thron von Arakko bestiegen, und jemand muss in seine Fußstapfen treten. Zwölf Kämpfer, ausgewählt aus den größten Helden der X-Men und ihren gefährlichsten Gegnern, erhalten die Chance, sich als würdig zu erweisen. Doch am Ende kann nur einer das Erbe antreten.
So spannend diese Prämisse klingt, bleibt die Geschichte im Kern leider recht schlicht: Es geht um einen Herrscher, der einen Nachfolger sucht, und darum, dass sich bekannte Mutanten im Wettstreit messen. Mehr nicht. Doch Autor Steve Foxe gelingt es, aus dieser Grundidee das Beste herauszuholen. Er schafft interessante Dynamiken zwischen den Figuren und zeichnet Apocalypse als vielschichtige Persönlichkeit. Dabei bleibt der Comic angenehm geerdet und knüpft immer wieder an die Vergangenheit der zentralen Charaktere an.
Ob einem das Endergebnis zusagt, ist – wie so oft – Geschmackssache. Mir persönlich hat gefallen, was hier aufgebaut wurde und welche Weichen damit für die Zukunft der X-Men, insbesondere für Apocalypse, gestellt werden. Es ist ein spannendes, kleines Abenteuer im X-Men-Kosmos, das Lust auf mehr macht – allerdings vor allem für Fans, die bereits mit den Figuren vertraut sind. Für alle anderen dürfte die emotionale Tragweite eher schwer greifbar sein. Dennoch: Eine neue Figur, die in diesem Band ihren Ursprung findet, dürfte künftig noch für Aufsehen sorgen.
Zeichnung:
Die Illustrationen von Netho Diaz schwanken stellenweise zwischen schlicht und ausdrucksstark. Zwar wirkt der Stil an einigen Stellen etwas generisch, doch besonders die kantigen Zeichnungen und die Dynamik der Action-Szenen überzeugen. Die Kämpfe – vor allem jene mit Apocalypse – sind eindrucksvoll inszeniert und bieten einige starke Panels, die im Gedächtnis bleiben. Insgesamt ein gelungener visueller Stil, auch wenn er nicht über den gesamten Band hinweg gleich stark wirkt.
Fazit zu X-Men – Kampf um den Thron von Apocalypse:
X-Men – Kampf um den Thron von Apocalypse ist ein Comic, der auf den ersten Blick wie ein klassisches „Turnier-der-Mutanten“-Szenario wirkt, in seinem Kern jedoch mehr zu erzählen versucht. Auch wenn die Handlung nicht unbedingt komplex oder überraschend daherkommt, liegt die Stärke der Geschichte vor allem in der Ausgestaltung der Charaktere und der Atmosphäre, die sich aus der Frage nach Macht, Erbe und Identität speist. Wer Apocalypse bisher nur als unbesiegbaren Widersacher gesehen hat, erlebt hier eine neue Facette: einen Herrscher, der zurückblickt, überträgt, aber eben auch prüft – nicht nur seine potenziellen Nachfolger, sondern auch seine eigene Vergangenheit.
Die Entscheidung, bekannte X-Men und Schurken gegeneinander antreten zu lassen, funktioniert als dramaturgischer Rahmen erstaunlich gut. Es geht weniger um Sieg oder Niederlage im klassischen Sinne, sondern darum, wer als würdig empfunden wird – und was „Würde“ in einer mutantischen Gesellschaft überhaupt bedeutet. Die Charakterinteraktionen und die ideologischen Gegensätze geben dem ansonsten recht geradlinigen Plot zusätzliche Tiefe. Steve Foxe gelingt es, vertraute Figuren in neue Kontexte zu stellen, ohne sie zu verfremden. Das Ergebnis ist ein Kapitel, das nicht mit brachialem Spektakel überladen ist, sondern mit klugen Zwischentönen punktet.
Visuell überzeugt der Comic besonders in seinen Action-Momenten. Die Kämpfe sind dynamisch, übersichtlich und mit teils markanten Panels gestaltet. Zwar fällt der Stil stellenweise etwas generisch aus, doch gerade in den entscheidenden Momenten wissen die Zeichnungen von Netho Diaz mit Ausdruckskraft und Tempo zu überzeugen. Es sind diese Sequenzen, in denen man als Leser spürt, dass es um mehr geht als um physische Auseinandersetzungen – hier stehen symbolische Kämpfe im Vordergrund, bei denen innere Konflikte und äußere Machtfragen untrennbar miteinander verknüpft sind.
Letztlich ist X-Men – Kampf um den Thron von Apocalypse vor allem ein Comic für Kenner und langjährige Fans. Wer mit den Figuren, ihrer Geschichte und dem Mythos rund um Apocalypse vertraut ist, wird deutlich mehr aus der Geschichte ziehen können. Neueinsteiger könnten sich schwer tun, die emotionale Tragweite der Ereignisse zu erfassen oder die ideologischen Spannungen vollständig zu verstehen. Dennoch: Für alle, die sich im X-Men-Kosmos zuhause fühlen, bietet dieser Band ein gelungenes, wenn auch nicht revolutionäres Kapitel – mit dem Versprechen, dass die Geschichte der Mutanten noch lange nicht auserzählt ist.