In aller Ruhe wachen wir um 6 Uhr in der Frühe auf, gießen unsere Pflanzen, füttern unsere Tiere und erledigen die Arbeit auf unserem Hof, bevor wir uns dann in die Stadt begeben. Mit den Bewohnern sprechen und ihre Freundschaft gewinnen gehört genauso zu unseren Aufgaben wie das tägliche Frühstück, um nicht vor lauter Anstrengung aus den Latschen zu kippen. Friedlich gehen wir also unserem Alltag auf der Farm nach und leben vom Gewinn unserer Erzeugnisse. Doch kann sich Story of Seasons: Friends of Mineral Town nach knapp 8 Jahren noch mit aktuellen Farming-Spielen und Konkurrenten wie Staxel messen und den Spielspaß liefern, mit dem es damals schon aufwarten konnte?
Fakten
Name: Story of Seasons: Friends of Mineral Town
Plattformen: PlayStation 4, Xbox One, Nintendo Switch, PC
Genre: Computer-Rollenspiel, Adventure, Lebenssimulation
Release: 17. Oktober 2019 / 15. Oktober 2021 (PS4, Xbox One)
Entwickler: Marvelous, Bullets Co., Ltd.
Publisher: Marvelous, Marvelous USA
Aller Anfang ist schwer
Gleich zu Anfang werdet ihr in Erinnerungen an euren Großvater schwelgen und euch daran erinnern, wie ihr als Kind einen Sommer auf seinem Hof verbracht habt. Die Kinder, mit denen ihr gespielt habt, die Tiere, die ihr streicheln durftet. Da das Leben aber nach seinen eigenen Regeln spielt, folgt auf jene schönen Rückblicke natürlich die Botschaft des tragischen Ablebens eures Großvaters. So erbt ihr seinen Hof und dürft euch ab sofort darum kümmern.
Leider hat der Hof seine glanzvollen Zeiten hinter sich gelassen, weshalb harte Arbeit und großes Engagement gefragt sind, um ihn wieder aufzupäppeln. Das verwucherte Feld möchte von Felsen, Stümpfen und Unkraut befreit werden, damit ihr eure Saat streuen könnt. An dieser Stelle steht ihr eurer ersten Herausforderung gegenüber, denn euer Werkzeugt hat ungefähr dieselbe Qualität wie Produkte aus der 1€-Grabbelkiste im Discounter. Das heißt, ihr müsst eure Tools durch regelmäßiges Benutzen leveln, um sie dann beim Schmied verbessern zu können. Hierzu benötigt ihr Erze, die ihr durch das Erkunden der ortsansässigen Mine finden könnt.
Eine Farm, ja die ist schön
Dennoch könnt ihr bereits am ersten Tag genügend Platz schaffen, um schon einmal eure ersten Gemüsesorten zu züchten. Bearbeitet den gewünschten Platz mit der Hacke, sät die Samen und gießt eure Erzeugnisse dann täglich. Vergesst ihr das Gießen, werden die Pflanzen nicht wachsen. Vergesst ihr das nicht, könnt ihr nach wenigen Tagen – je nach Gemüse auch erst nach vielen Tagen – die Ernte einfahren und verkaufen. An sich ist das kein Hexenwerk, ihr solltet dennoch beachten, dass zu jeder Jahreszeit andere Saaten wachsen und jede Saat eine bestimmte Wachstumszeit hat. Pflanzt ihr am letzten Tag einer Jahreszeit noch etwas an, könnt ihr davon ausgehen, dass dieses Gewächs den nächsten Morgen nicht erleben wird. Um das zu verdeutlichen, hier ein paar Beispiele:
- Steckrüben – wachsen nur im Frühling – 4 Tage Wachstum
- Kürbis – wächst nur im Sommer – 14 Tage Wachstum
- Karotten – wachsen nur im Herbst – 7 Tage Wachstum
Für alle Farmdesigner sei noch gesagt, dass das Aussäen der Saat immer in einem Bereich von 3×3 Feldern geschieht. Solltet ihr also ambitionierte Gestalter sein, die den Hof gerne so aufbauen, dass er den nächsten Beauty-Contest problemlos gewinnen könnte, denkt daran. Saat, die auf nicht präparierten Ebenen gestreut wird, verschwindet einfach. Das kann schnell ins Geld gehen, besonders wenn man zu Anfang sowieso nicht so viel davon hat. Immerhin könnt ihr eure Farm stets über die Farmkarte begutachten. Solltet ihr euer Gemüse ordnen wollen, könnt ihr dort immer nachschauen, was ihr bereits angepflanzt habt – solltet ihr das mal vergessen haben.
Harte Arbeit für die harte Arbeit
Das Anpflanzen klappt und ihr wollt euer Feld nun erweitern? Dann ist euer nächstes Ziel die Mine! Ein Ort, an dem nicht nur Erze und Gestein auf euch warten, sondern auch Gefahren lauern, denen ihr euch als mutiger Held… wartet, nein. So schlimm ist das Ganze dann doch nicht. Wo wir in anderen Spielen wie Stardew Valley in der Mine von Monstern aller Art belagert werden, je tiefer wir voranschreiten, gibt es in der Mine von Friends of Mineral Town lediglich Steine.
Steine, wertvolle Erze und eine rapide sinkende Ausdauer, da ihr nicht nur die Felsen zerkloppen müsst, sondern auch die Hacke benötigt, um die Leiter zur nächsten Ebene freizulegen. Dazu kommt, dass, selbst wenn ihr die Werkzeuge verbessert, deren speziellen Fähigkeiten hier nicht einsetzbar sind.
Heißt im Klartext, dass ihr am besten genug Essen zur Ausdauerwiederherstellung mitnehmen solltet und eventuell auf Tricks angewiesen seid, wenn ihr auf die letzte Etage (255) vordringen wollt. Tricks bedeutet, dass ihr die Leitern sucht, euch die Position merkt, das Spiel speichert und neu ladet, damit ihr keine Ausdauer auf die Suche verschwendet. Ob man auf diesen Spielstil Lust hat, bleibt dabei ganz einem selbst überlassen.
Die gute Nachricht: Es ist möglich, einen Fahrstuhl freizuschalten, der euch zu bestimmten Etagen fahren kann. Die schlechte Nachricht: Dafür müsst ihr der Erntegöttin 100 Geschenke gemacht haben. Schmeißt einfach 100 Gegenstände in den Fluss beim Wasserfall (direkt über der Quelle). Das geht zwar mehrmals am Tag, allerdings wird es nur einmal pro Tag in diese Bilanz aufgenommen. Außerdem wird sich die Göttin in einigen Fällen über den Müll beschweren, den ihr in den Fluss werft. Überlegt euch also gut, was ihr als Opfergabe darbringen wollt. Es ist also eine Menge Arbeit nötig, um euch die Arbeit zu erleichtern.
Ein tierischer Spaß in Story of Seasons
Neben Menschen, Steinen und Gemüse gibt es allerdings noch mehr, womit ihr euch die Zeit und Ausdauer vertreiben könnt. Wie auf jedem normalen Bauernhof auch, könnt ihr euch Tiere auf den Hof holen und sie großziehen! Zur Auswahl stehen neben Hühnern auch Kaninchen, Kühe, Schafe und Alpakas, die täglich nach eurer vollen Aufmerksamkeit verlangen. Bürstet, melkt und füttert eure Lieblinge, um so die Zuneigung zu ihnen zu steigern.
Die Arbeit ist nicht umsonst, denn im Gegenzug zur regelmäßigen Pflege werdet ihr in Story of Seasons mit Gütern belohnt, die ihr verkaufen oder verwenden könnt. So legen Hühner täglich ein Ei, Kaninchen bringen euch Wolle und Kühe geben Milch. Die Besonderheit liegt hier darin, dass die Kühe unterschiedliche Milchsorten produzieren und so auch Kaffee- und Erdbeermilchliebhaber auf ihre Kosten kommen.
Mit einer Glocke vor den Ställen könnt ihr die Tiere an sonnigen Tagen sogar rauslassen. Was das bringen soll? Ganz einfach: neben einer ethisch vertretbaren Tierhaltung mit viel Platz und Frischluft spart ihr euch unter anderem das Füttern. Dazu müsst ihr jedoch genügend Gras auf dem Hof angebaut haben, welches als Futterersatz für die Kühe, Alpakas und Schafe dienen kann. Die Kaninchen und Hühner bedienen sich auch einfach so an allem, was sie in der Natur finden können – keine Sorge, euer Gemüse bleibt verschont!
Wo die Liebe hinfällt
Wie ihr seht, ist die Hofpflege keine Aufgabe für einen einzigen Tag. Allerdings gibt es auch viele andere Dinge, um die ihr euch in der Zwischenzeit kümmern könnt. Stattet dem Dorf einen Besuch ab und lernt die Dorfbewohner kennen. Redet mit ihnen, macht ihnen Geschenke und steigert so das Freundschaftslevel. Vielleicht findet ihr auch die große Liebe unter den willigen Heiratskandidaten, sodass euch einer glücklichen Zukunft nichts entgegensteht. Dazu müsst ihr jedoch einen regelmäßigen Kontakt pflegen und auch die richtigen Geschenke parat haben.
Wenn ihr auf eine Ehe aus seid, stehen euch nicht alle Bewohner zur Verfügung. Wie es eben so ist, gibt es nur eine Handvoll Figuren, die dazu bereit sind, vor den Altar zu treten. Hier kommt gleich eine Neuerung des Remakes ins Spiel, denn neben zwei neuen heiratsfähigen Charakteren könnt ihr euch das Geschlecht des Partners frei wählen – unabhängig vom Geschlecht eurer Figur. Fandet ihr damals eure Auswahl mehr schlecht als recht, habt ihr nun mehr Möglichkeiten.
Kommt Zeit, kommt Stress
So idyllisch und leicht Story of Seasons: Friends of Mineral Town bisher auch klingt, es ist nicht alles so super, wie es scheint. Genaugenommen kann es sehr schnell sehr stressig werden, denn die Zeit vergeht im Spiel sehr schnell. Während im echten Leben gerade einmal ein paar Sekunden verstreichen, sind im Spiel schon 10-20 Minuten vorbei. Dadurch, dass die Geschäfte unterschiedliche und immer begrenzte Öffnungszeiten haben, müsst ihr eure Einkäufe manchmal vor die Hofarbeit legen, um alles erledigen zu können. Habt ihr ein großes Feld mit vielen Pflanzen, die alle nach Wasser dürsten und Tiere, die gefüttert und gestriegelt werden wollen, kann es vorkommen, dass ihr allein damit einen ganzen Tag beschäftigt seid.
Ebenfalls schnell nervig wird die Ausdauer. Alles, was ihr tut, verbraucht sie. Pflügen, Säen, Gießen und Ernten ebenso wie das Füttern und Streicheln der tierischen Hofbewohner. Was im ersten Moment logisch erscheint, kann sehr anstrengend werden. Der Ausdauerbalken leert sich bereits nach der Arbeit auf dem Hof so zügig, dass ihr entweder der Heißen Quelle einen Besuch abstatten könnt oder einfach gleich ins Bett geht. Durch die schnell fortlaufende Zeit lohnt sich die Quelle manchmal auch nicht mehr, da eure Figur sowieso nicht die ganze Nacht durcharbeiten kann. Entsprechend bleibt neben kurzen Dorfbesuchen oder einem Angelausflug an den Fluss auch kaum Zeit für etwas anderes.
Ihr könnt euch auch die Naturgeister zu Freunden machen. Das hat den großen Vorteil, dass sie Aufgaben wie beispielsweise das Gießen für euch übernehmen. Um sie überhaupt zu finden, müsst ihr dem Pfad rechts hinter der Kirche entlang zu der kleinen Hütte folgen. Dort trefft ihr tagsüber auf die Erntewichtel, die euch ihre Dienste anbieten, wenn ihr ein bestimmtes Freundschaftslevel mit ihnen erreicht habt. Macht ihnen hierfür – genau wie bei den Bewohnern – Geschenke.
Das große Fragezeichen
Die Sache mit den Wichteln wirft bei uns aber noch einen großen Kritikpunkt auf, der auch an anderen Stellen immer wieder deutlich wird. Story of Seasons hat durchaus viele Funktionen, Events und Möglichkeiten, mit denen man sich beschäftigen kann, aber vieles wird einfach nicht erklärt. So steht eines Tages der Bürgermeister vor unserer Tür und freut sich darauf, uns mit unserem Haustier bei einem Frisbee-Wettbewerb begrüßen zu dürfen. Allerdings stellt er dann fest, dass wir gar kein Haustier haben und nicht teilnehmen können. Und wir bleiben ratlos zurück und fragen uns: was für Haustiere und woher kriegt man eins?
Auch die Wichtel haben wir eher durch Zufall gefunden. Dasselbe gilt für die Angel, die wir bekommen, wenn wir Zack in seinem Strandhaus zu einer bestimmten Uhrzeit aufsuchen und mit ihm sprechen. Ein Blick ins Internet verrät allerdings, dass sich über den genauen Zeitraum und ob es nur auf einen Sonntag geht, Uneinigkeit herrscht.
Kurz gesagt: Story of Seasons: Friends of Mineral Town geht mit hilfreichen Informationen eher sparsam um und lässt uns eigenständig das Meiste herausfinden. Dem Einen mag dieser Spielstil gefallen, wir finden jedoch, dass einige hilfreiche Tipps durchaus nicht schaden könnten, besonders wenn man als Frischling in die Harvest Moon/Story of Seasons-Reihe einsteigt. Auch, wieso man mit fast allen Objekten interagieren kann, um dann lediglich den Namen davon eingeblendet zu bekommen, verstehen wir nicht ganz.
Zu viel Friede, Freude, Eierkuchen (?)
Story of Seasons: Friends of Mineral Town ist ein unglaublich süßes Spiel mit toller Atmosphäre und einem angenehmen Soundtrack. Wer auf niedliche Grafik im Anime-Chibi-Stil steht und es vom Spielgefühl her eher ruhig angehen lässt, wird hiermit definitiv glücklich werden. Insgesamt ist Mineralstadt ein friedlicher Ort, an dem ihr neue Freunde findet und die Farm eurer Träume erbauen könnt. Die einzigen Herausforderungen liegen hier beim effizienten Nutzen der Ausdauer und dem Herausfinden aller Geheimnisse und Funktionen. Persönlich fehlt es uns hier und da tatsächlich an Spannung und wir würden uns wünschen, dass die Mine nicht so „langweilig“ wäre.
Für die Jüngsten unter uns ist Story of Seasons perfekt. Ein buntes Farbschema, überall niedliche Tiere und keine gruseligen Monster und Kämpfe. Auch all diejenigen, die sich lieber ohne zusätzlichen Stress von Bedrohungen und das Aufwerten von Waffen/Rüstungen um ihren Hof kümmern wollen, werden hier glücklich. Natürlich darf man nicht vergessen, dass es sich um ein Remake eines Spiels für den Game Boy Advance handelt. Fans des Titels können erneut in ihre Kindheit abtauchen und den Charme eines klassischen „Harvest Moon“ genießen.
1 Kommentar/Kommentare:
[…] mit Stardew Valley, Animal Crossing, Story of Seasons und allen anderen Ablegern des Genres ist die Konkurrenz groß, aber kein Grund, den Versuch nicht […]