Warriors: Abyss im Test – Graf Zahl an die Front!

von Dennis
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Stilbruch auf dem Schlachtfeld! Warriors: Abyss will Roguelite und Musou zugleich sein und lädt dafür sogar Graf Zahl in die Hölle ein. Von Manymies und 1 million troops, unser Test zum gewagten Spin-Off auf der Xbox Series X.

Warriors Abyss 2 Warriors: Abyss im Test - Graf Zahl an die Front!Tradition trifft auf Moderne

Auf dem Bildschirm tobt ein buntes Meer aus Blitzen, riesige Feuerbälle fliegen umher und streifen dabei einen niederprasselnden Eisregen. Mittendrin erfriert, explodiert und navigiert eine in ihrer Anzahl schier endlos wirkende Armee aus feindlichen Truppen dem digitalen Ableben stilvoll entgegen. Überall tauchen Zahlen auf, die sich über der wilden Schlacht grenzenlos zu summieren scheinen, bis eine mysteriöse Formation am Boden aufleuchtet und dem psychedelisch-farbenfrohen Treiben mit einem grellen, alles vernichtenden Lichtstrahl ein Ende bereitet. Irgendwo dazwischen stehe ich. Kaum mehr erkennbar als winzige Figur inmitten der optischen Opulenz, aber dennoch heldenhaft und scheinbar eine Runde weiter…

Ja, mit Warriors: Abyss lehnt sich Entwicklerstudio Koei Tecmo in Zusammenarbeit mit Omega Force gar nicht allzu weit aus dem Fenster und bleibt der unter Fans beliebten Musou-Formel treu. Klassisches Hack-and-Slash-Gameplay trifft hier erneut auf Tausend Mann starke Truppen feindlicher Soldaten und einen ebenbürtigen Kader aus über 100 Helden. Allerdings gibt es diesmal einen kleinen Twist, denn erstmals verschreibt sich ein Titel im traditionsreichen Franchise dem Roguelite-Genre; und schmeißt darüber hinaus sogar historisches Setting und die obligatorische Kameraperspektive über Bord. Stattdessen geht es nun in ungewohnter, dafür durchaus übersichtlicher Iso-Ansicht ins Reich der Hölle. Zugegeben, die Geschichte um den Herrscher der Unterwelt Enma und ein antikes Wesen namens Gouma lässt sich maximal als schmückendes Beiwerk bezeichnen – ein vollwertiges und spannend erzähltes Narrativ sucht ihr hier vergebens. Das wirkt zwar, in Hinblick auf Genre-Konkurrent Hades, ziemlich aus der Zeit gefallen, aber gibt gleichzeitig auch den Weg auf die schnörkellose Action frei – und um die geht es hier ja schließlich, oder?

Was zu Beginn wie die Verwirrungstaktik eines jeden durchschnittlichen Mobile Games wirkt, entziffert sich schon bald zur komplexen Mathematik…

Tatsächlich steht euer eigenes kämpferisches Können während der ausladenden Schlachten eher im Hintergrund. Logisch, ob schneller oder aufgeladener Angriff, Kombo, Ausweichmanöver oder Bildschirmfüllende Musou-Technik, Warriors: Abyss bleibt eine Hack ’n‘ Slash-Erfahrung, in der ihr eure Aktionen aktiv und meist blitzschnell abschätzen müsst. Und dennoch, zur großen Überraschung sind es vor allem Ziffern und Zahlen, die im spontan veröffentlichten Spin-off über Sieg oder Niederlage bestimmen. Während sich jeder Run als Wettrüsten gegen die stetig wachsende und stärker werdende Armee untoter Krieger entpuppt, wartet die Unterwelt mit insgesamt vier optisch leicht unterschiedlich gestalteten Gebieten auf. Visuell wenig beeindruckend, aber immerhin zweckmäßig, schnetzelt ihr euch pro Biom durch jeweils acht kurzweilige Phasen, an deren Ende ein dicker Bossgegner wartet, und nutzt diese Zeit, um den Helden eurer Wahl effektiv aufzumotzen.

Warriors Abyss 6 Warriors: Abyss im Test - Graf Zahl an die Front!

Musou nach Zahlen

Nach jeder erfolgreich abgeschlossenen Kampf-Phase, also der Eliminierung einer bestimmten Anzahl Gegner, wechselt der Titel automatisch in die Upgrade-Phase und es erscheint der sogenannte Kristallschössling auf dem isometrisch dargestellten Schlachtfeld. Der wundersame Baum aus reinen Kristallen belohnt euch mit der Rekrutierung eines zusätzlichen Helden, der fortan während bestimmter Kombinationsangriffe erscheint und dank flächendeckendem Elementarschaden gehörig austeilt. Doch auch weitere Boni, zusätzliche Effekte und das Steigern von Attributen lassen sich durch diese Bündnisse aktivieren. Bis zu sechs dieser aktiven Verbindungen dürft ihr gleichzeitig eingehen und damit auch die besonders verheerende Zusammenkunft auslösen, während der sämtliche Helden gleichzeitig das Schlachtfeld betreten und abhängig ihres Elements und sonstiger Buffs millionenfachen Schaden anrichten – und eben jenes anfangs beschriebene Spektakel in Gang bringen. Ganz schön brachial, doch eine dezent taktische Komponente vergisst auch Warriors: Abyss nicht. Bestenfalls stellt ihr die Helden der Wahl in einer für euren Spielstil strategisch klugen Formation auf und löst damit zusätzliche Boni aus. Wer sich beispielsweise vorwiegend für einen Kader aus Charakteren mit dem Eis-Emblem entschieden hat, erhält mit dem passenden Formationssymbol auch einen automatischen Boost auf die allgemeine Angriffsstärke.

…Tak Fujii […] der in einem nicht enden wollenden Monolog über „1 million troops“ sinniert…

Zum selbstständigen Experimentieren seid ihr herzlich eingeladen, da sich das Zahlen-Wirrwarr anfänglich aber als ziemlich überfordernd entpuppen kann, dürft ihr euren Kader auch ganz einfach automatisch einer bestimmten Formation zuweisen. An oberster Stelle steht dabei stets die Gesamt-Kampfkraft, die sich aus unzähligen, miteinander verwobenen Werten summiert und eure Chancen in der Unterwelt zuverlässig darstellt. Letztendlich greift hier jede noch so kleine Ziffer ineinander und gibt euch damit die Möglichkeit, in einen überraschend individuellen Charakter-Built zu investieren. Allerdings ausschließlich temporär, denn damit noch genügend Roguelite ins Musou-Geschehen passt, verliert ihr bei einer Niederlage den gesamten Fortschritt des jeweiligen Charakters. Oberbösewicht Gouma will zudem in einem einzigen Zug mit nur wenigen Chancen auf Heilung bezwungen werden, was das Unterfangen zu Beginn schier undenkbar erscheinen lässt. Doch keine Panik, denn mit jedem Lauf sammelt ihr auch eifrig Karma-Gluten ein, die ihr in der Halle der Seelen in neue Helden, zusätzliche Formationen sowie dauerhafte Buffs eintauscht. Besonders motivierend ist dabei die Tatsache, dass ihr mit jedem freigeschalteten Charakter auch einer der drei Hauptattribute – Angriff, Verteidigung und Lebensenergie – prozentual und permanent steigert, was euer kriegerisches Vorhaben auf lange Sicht deutlich erleichtert.

Warriors Abyss 5 Warriors: Abyss im Test - Graf Zahl an die Front!

Ich möchte euch an dieser Stelle auch gar nicht zu sehr mit weiteren Details über das numerische System hinter der eigentlichen Action von Warriors: Abyss aufhalten, doch sei erwähnt, wie gut das komplexe Potpourri aus Zahlen überhaupt funktioniert. Was zu Beginn wie die Verwirrungstaktik eines jeden durchschnittlichen Mobile Games wirkt, entziffert sich schon bald zur komplexen Mathematik, während jede noch so kleine Zahl große Veränderungen in der Gesamterfahrung verspricht und aktive Gameplay-Elemente gelungen unterstützt. Unterm Strich verpasst dieses Geflecht dem ohnehin spaßigen Genre-Mix den letzten Feinschliff und bietet damit ein kurzweiliges, schnörkelloses Erlebnis für alle Fans actionreich inszenierter Musou-Schlachten und einer Extraportion Roguelite, die sich mit der Identität des Franchise gelungen verzahnt und über weite Strecken motiviert – und das sogar vollständig lokalisiert.

Und würde dieser Test hier enden, dann wäre Warriors: Abyss wohl bereits eines der besten Spiele in diesem noch jungen Spielejahr…was nur leider nicht der Fall ist.

Warriors Abyss 4 Warriors: Abyss im Test - Graf Zahl an die Front!

In der Hölle nichts Neues?

Bei der lieblos und dünn erzählten Geschichte höre ich Hades in den Hallen des Olymp schallend auflachen, während anderen Vertretern des Genres beim eintönigen Gameplay-Loop bloß noch ein unauffälliges Schmunzeln entweicht. Na klar, wie cool ist es bitte, im späteren Spielverlauf ein unaufhörliches Effektgewitter aus Elementarattacken, Musou-Angriffen und einer mächtigen Zusammenkunft zu entfachen, das sich über tausende Gegnertruppen entlädt und den gesamten Bildschirm in ein überraschend zufriedenstellendes Meer aus Schmerz und Verderben taucht? Allerdings besteht genau daraus die gesamte Magie – den Zaubertrick einmal verstanden, wirkt die gesamte Erfahrung furchtbar repetitiv. Abgesehen von einem winzigen RNG-Faktor bei der Auswahl diverser Helden am Kristallsprössling und der frustrierenden Suche nach legendären Waffen für die gesamte Heldenriege, spielt sich der Titel mit jedem Lauf gleich. Sogar Bossgegner verharren in ihrer ursprünglichen Form und den ewig selben Bewegungsmustern und vergessen darüber hinaus, für jegliche Abwechslung zu sorgen.

Bei der lieblos und dünn erzählten Geschichte höre ich Hades in den Hallen des Olymp schallend auflachen…

Zu Beginn mag das alles noch funktionieren, doch sobald ich meinen zehnten Run starte, gehen mir die ersten Auseinandersetzungen gegen die wehrlosen Kanonenfutter-Feinde ziemlich auf die Nerven. Bis dann wieder richtige Action einkehrt, sich hochrangige Generäle mit ihren flächendeckenden Angriffen ins Getümmel stürzen, mich tatsächlich fordern und sich der Bildschirm bedrohlich füllt, vergehen zähe Minuten, in denen ich meinen Helden mühselig im vierstelligen Zahlenbereich aufwerte. Als inzwischen versierter Spieler, freue ich mich eigentlich nur noch über die letzten beiden Gebiete, die mir endlich wieder alles abverlangen und die psychologisch so wichtigen, siebenstelligen Zahlenwerte ins Sichtfeld zaubern. Gelingt euch ein kompletter Durchlauf, winken mit jedem erfolgreich abgeschlossenen Kampf gegen Endboss Gouma neue Schwierigkeitsstufen. Die steigern die Stärke der Gegner, locken zur gleichen Zeit aber auch mit mehr Karma-Gluten. Allerdings geht diese Rechnung nicht immer auf, weil es euch auf der Standardstufe eventuell sogar besser gelingt, einen kompletten Run abzuschließen und knapp 20.000 Karma-Gluten abzugreifen, während euch die nächsthöhere Stufe vielleicht schon nach der Hälfte der Zeit mit einer Niederlage bestraft und dabei lediglich die Hälfte des Gewinns ausspuckt.

Warriors Abyss 3 Warriors: Abyss im Test - Graf Zahl an die Front!

Um hier überhaupt einsteigen zu dürfen, müssen SpielerInnen ein ganz besonderes Durchhaltevermögen an den Tag legen. Schließlich will euch Warriors: Abyss in seiner ersten Stunde überhaupt nicht mehr aus einem schnell überfordernden Tutorial entlassen und schmeißt euch stattdessen Textbox für Textbox entgegen, die es sich gehorsam zu merken gilt. Steuerung und Technik funktionieren zwar einwandfrei, allerdings geht der charakteristisch rockige Score der Reihe im tosenden Gemenge viel zu sehr unter, sodass ich schon Stimmen im Kopf höre. Eine davon gehört definitiv Tak Fujii, der in einem nicht enden wollenden Monolog über „1 million troops“ sinniert und meinen Blick auf den Roster von Warriors: Abyss noch einmal zusätzlich schärft. Viel, das soll wohl auch viel helfen, meint zumindest Koei Tecmo und bietet mir mit über 100 spielbaren Charakteren aus den unterschiedlichsten Ecken des langlebigen Universums ein unschlagbares Angebot. Fein, hier wird wohl jede/r einen Lieblingscharakter finden, doch funktional gesprochen, steigt mir diese Auswahl regelrecht zu Kopf – zumal das konsequente Aufleveln eines einzelnen Helden deutlich lohnenswerter erscheint, da die individuelle Stufe ebenfalls dauerhaft erhalten bleibt und Angriffskraft und Co. permanent steigert.


Warriors: Abyss ist seit dem 12. Februar 2025 für Playstation, Xbox, den PC via Steam und die Nintendo Switch erhältlich. Die von uns getestete Standardversion auf der Xbox Series X schlägt digital mit 24,99€ zu Buche. Wer gerne mehr Geld investieren möchte, findet den Titel auch in zwei zusätzlichen Editionen, inklusive weiterer Kostüme nebst einer Extraportion Karma-Gluten.

Für diesen Test von Warriors: Abyss auf der Xbox Series X, wurde uns freundlicherweise ein Reviewcode vom Publisher Koei Tecmo zur Verfügung gestellt. Screenshots stammen wie üblich aus dem offiziellen Pressekit.


Fazit – Score: 7.5/10

Schade, in Warriors: Abyss steckt viel verschwendetes Potential, aber eben auch kurzweilig-schnörkelloser Roguelite-Spaß im markanten Musou-Gewand. Eigentlich müsste ich den Titel aufgrund seiner repetitiven, wenig modernen Prämisse, den immer gleichen Abläufen und seiner Pappmaché-Geschichte gehörig abstrafen, doch wäre das eben nur ein Teil der Wahrheit. Tatsächlich verrät ein Blick auf meine Spielzeit von ungefähr 20 Stunden, wie viel Freude ich bereits damit hatte, mich der endlos wirkenden Schar dämonischer Truppen entgegenzustellen. Der visuellen Pracht der Schlachten längst nicht müde und immer noch fleißig dabei, Karma-Gluten in neue Gesichter und permanente Verbesserungen zu investieren, kann ich den Titel zwar nicht bedenkenlos, aber immer noch guten Gewissens empfehlen.

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