Limbo
Als der seitlich scrollende Puzzle-Plattformer Limbo Mitte 2010 auf der Xbox 360 erschien, avancierte der Titel des dänischen Entwicklerstudios Playdead quasi über Nacht zu einem der größten Erfolge auf dem Videospielemarkt. An echte Pionierarbeit hatte damals wohl noch niemand gedacht, doch rückblickend waren es Spiele wie Limbo, die dem Indie-Genre aus ihrer dunklen Budget-Schmuddelecke verhalfen. Plötzlich gab es ungewohnt gute Qualität für kleines Geld, wer spannende Geschichten erleben und Spielspaß haben wollte, musste nicht länger auf den nächsten Triple A-Hit warten.
Heutzutage ist das alles irgendwie normal, Indie-Entwickler haben sich längst auf dem Markt etabliert und es lockt ein reichhaltiges Angebot an kleinen Schätzen für jede erdenkliche Plattform. Trotzdem ist nicht jeder dieser Titel besonders langlebig, viele Erfahrungen bleiben zwar einzigartig, geraten aber ziemlich schnell in Vergessenheit.
Limbo ist da anders. Mit seiner minimalistischen Schwarz/Weiß-Optik, den hübschen Lichteffekten und dem unvergleichbar experimentellen Umgang mit seiner Tiefenschärfe, präsentiert sich der Klassiker nach wie vor in einem zeitlosen Look. Auch die Narrative profitiert von dieser düsteren, fast schon melancholischen Atmosphäre. Zusammen mit dem eher zurückhaltenden Soundtrack aus bedrohlichen Klängen, entsteht ein bedrückendes Gesamtwerk, das wieder allerlei Fragen aufwirft.
Denn was Limbo damals so einzigartig machte, war eben auch die Präsentation der fast nicht vorhandenen Story. Lediglich die Suche nach unserer verschwundenen Schwester, dient hier als Anhaltspunkt für diese bizarre Reise voller Gefahren. In der Haut eines kleinen Jungen, der ohne weitere Erklärungen in einem Wald erwacht, durchstreifen wir voller Neugier diese düster-farblose Welt, um Antworten auf unsere Fragen zu erhalten. Stattdessen wird die Ungewissheit aber immer größer, denn so leblos die Spielwelt auf den ersten Blick auch scheint, in Wahrheit ist sie ziemlich gefährlich.
Anspruchsvolle Plattformer-Einlagen und kleine Kopfnüsse fordern uns regelmäßig, die wenigen Bewohner der vermeintlichen Traumwelt sind uns ebenfalls eher feindlich gesinnt. Dank der vorzüglichen Steuerung, springen wir punktgenau über tiefe Abgründe, entkommen im letzten Moment messerscharfen Kreissägen oder versuchen, den vergleichsweise meterlangen Beinen einer riesigen Spinne auszuweichen. Dank fairer Rücksetzpunkte, kommt bei Fehlversuchen nie Frust auf, zumal die Spieldauer von Limbo mit knapp vier Stunden ohnehin äußerst knapp ausfällt.
In dieser Zeit passiert aber so einiges, vor allem dann, wenn wir unseren Gedanken freien Lauf lassen. Limbo geizt mit Informationen über seine Story, lässt dafür aber umso mehr Interpretationsmöglichkeiten zu. Über die letzten Jahre haben sich die Foren dieser Welt mit allerlei Theorien gefüllt, doch sollte sich jeder seinen eigenen Eindruck darüber verschaffen.
Inside
Inside schlägt in eine ähnliche Kerbe. Auch im erstmals 2016 veröffentlichten, indirekten Nachfolger zu Limbo, lässt uns Entwickler Playdead als namenloser Junge in einem Wald erwachen. Die bevorstehende, voll tödlicher Gefahren gespickte Reise, kommt diesmal jedoch etwas konkreter und deutlich intensiver daher. Zwar türmen sich auch hier etliche Fragezeichen über unseren Köpfen auf, zahllose Verfolgungsjagden mit Wachleuten direkt zu Beginn des Spiels, lassen aber bereits eine gewisse Richtung erkennen, die sich wie ein roter Faden bis zum Finale nach weiteren 4 Stunden zieht.
Fühlten wir uns in Limbo noch meist durch die bloße Atmosphäre beklemmt, sorgen bei Inside auch interaktive Momente für Angst und Schrecken. Situationen, in denen wir beispielsweise den scharfen Fängen einiger Wachhunde entkommen, sind derart auf den Punkt genau abgestimmt, dass wir, trotz der ebenfalls sehr minimalistischen Darstellung, fast schon den Atem der kläffenden Biester spüren und sich unser Herz erst ein paar Minuten nach dieser Begegnung wieder zu beruhigen scheint.
Inside geht mit unseren Gefühlen weitaus offensiver um. Ein gewisser Verfolgungswahn begleitet uns das gesamte Spiel über, stets ist die Gefahr zu spüren, die der Titel durch seine beklemmende Atmosphäre an jeder Ecke vermittelt. Und während Limbo mit seiner verklärten Fantasiewelt noch für ausreichend Abstand zwischen Realität und Immersion sorgt, ist der Grundton von Inside deutlich gegenständlicher. Unser Ausflug in eine absurd-bizarre Fabrik offenbart tiefe, menschliche Abgründe, die ihren absoluten Höhepunkt im großen Finale finden. Denn bevor die gut funktionierenden, aber stets anspruchsvollen Plattformer-Abschnitte und Puzzle-Rätsel ihren Zenit erreichen können, haut uns der Titel kurz vor Schluss einen plot twist um die Ohren, der uns erzählerisch und in Sachen Gameplay die Kinnlade herunterklappen lässt.
Am Ende sind aber immer noch ziemlich viele Fragen offen, weshalb wir uns im zweiten Anlauf auch gerne auf die Jagd nach den gut versteckten Sammelobjekten begeben. Die starten irgendwann ein mysteriöses Bauwerk, was zumindest ein paar der dringenden Antworten verspricht.
Auch Inside schaut wieder verdammt hübsch aus, kann allerdings mit weitaus mehr Details und vielen Perspektivwechseln überzeugen. Lichteffekte, Schattierungen, Regen und Animationen sehen deutlich besser aus, was aber wohl auch an der späteren Produktion des Titels liegt. Die Farbpalette reicht diesmal über den minimalistischen Schwarz/Weiß-Look hinaus, insgesamt bleibt es jedoch ziemlich düster, was der bedrückenden Atmosphäre ungemein gut tut.
Sowohl Limbo, als auch Inside laufen auf der Nintendo Switch einwandfrei. Technische Abstriche gibt es keine, weshalb wir beide Ports allein aus dieser Sicht uneingeschränkt empfehlen können. Natürlich profiteren die Titel hier wieder von der Mobilität der Konsole. Trotzdem sollte keiner der Titel in die Hände jüngerer Spieler geraten, Limbo und Inside gehen mit der Darstellung von Gewalt äußerst offen um und trotz des vermeintlich niedlichen Looks, richten sich Spielweise und Erzählung ganz klar an erwachsene Personen.
Limbo und Inside sind seit dem 28. Juni 2018 endlich auch für die Nintendo Switch erhältlich. Während Limbo mit 9,99 € zu Buche schlägt, müsst ihr für Inside 19,99 € investieren.
Für unseren Test zu Limbo und Inside auf der Nintendo Switch, wurden uns freundlicherweise zwei Review-Codes für beide Spiele von der Marchsreiter Communications GmbH zur Verfügung gestellt.