Fack ju Göhte war ein Phänomen und hat viele Jugendliche nachhaltig geprägt. Ein davon geschädigtes Opfer bin zum Beispiel ich. Keine Ahnung warum, aber der Humor des Originals ist bis heute unübertroffen im deutschen Film und schafft es immer wieder aufs Neue, mir ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Ein Fack ju Göhte 4 gab es nie. Dafür bekommen wir jetzt mit Chantal im Märchenland eine indirekte Fortsetzung, welche zumindest den Charakter Chantal sowie Zeynep weitererzählt. Dabei bewegt sich der Film weg vom Schulsetting hin zu einer fantastischen Märchenwelt, in welcher Chantal noch einmal über sich selbst hinauswachsen muss, auch wenn das für die angehende Influencerin gar nicht so einfach zu sein scheint. Warum ich viel Spaß mit dem Film hatte, ihn aber trotzdem nicht uneingeschränkt empfehlen kann, erfahrt ihr in dieser Kritik zu Chantal im Märchenland.
Chantals verwirrendes Märchen
Chantal und ihre beste Freundin Zeynep finden sich plötzlich in einem Märchenland wieder, nachdem sie versehentlich durch einen antiken Zauberspiegel gestolpert sind, den sie für ein cooles Social Media Gadget gehalten haben. Chantal, die ewige Influencerin ohne Followerschaft, sieht darin eine perfekte Gelegenheit, königliche Inhalte zu produzieren. Doch das Märchen, in das sie geraten, entpuppt sich ausgerechnet als „Dornröschen“, und Chantals Begeisterung bekommt einen Dämpfer: Das Wachküssen ist hier eine riskante Angelegenheit! Auf der Suche nach einem Weg zurück in ihre Welt stellen sie fest, dass in diesem Reich der Drachen und Feen nichts so läuft, wie in den altbekannten Märchen der Gebrüder Grimm.
Fangen wir direkt erstmal mit den negativen Punkten an: Chantal im Märchenland hat keine klare Vision und ist viel zu lang. Die Geschehnisse wirken alle zufällig und so, als hätte man erst zu spät gemerkt, dass man zu seiner Komödie auch noch eine Geschichte braucht. Versteht mich nicht falsch – ich finde die Thematiken von Feminismus, Offenheit und auch seinen eigenen Weg gehen zu können unglaublich wichtig, all diese Grundpfeiler werden aber nur lose von dem Anschein einer Geschichte zusammengehalten, wodurch man nie wirklich sicher ist, wo es in dem Film eigentlich hingehen soll. Da helfen auch die Klischees einer Märchenstory nicht.
Zu lang ist der Film deswegen, weil die fehlende Vision dazu führt, dass man den Witzen schnell überdrüssig wird und so gegen Ende nur noch wenig Lust auf Chantal im Märchenland hat. Man hätte gerne 30 Minuten oder zumindest 15 Minuten wegnehmen können. Vor allem, weil der Film durch das Abtrennen bestimmter Teile nicht wirklich an Inhalt verlieren würde. Es könnte natürlich auch sein, dass dieser negative Punkt dem doch sehr verwirrenden Pacing des Films geschuldet ist, es lenkt aber nicht davon ab, dass man von einem kürzeren Zeitrahmen vielleicht sogar profitiert hätte, da so die Witze besser funktionieren und nicht unnötig von verschwendeten Dialogen unterbrochen werden.
Eine gute Zeit im Märchenland
Jetzt aber der große Plot-Twist: Chantal im Märchenland macht eine Menge Spaß, ist superwitzig und wirkt richtig modern. Ich bin mir hier nicht ganz sicher, ob es daran liegt, dass ich zur Zielgruppe gehöre oder mit den Fack ju Göhte-Filmen aufgewachsen bin, aber ich musste immer wieder lachen und konnte meine Begeisterung während der Pressevorführung kaum zurückhalten. Zumindest habe ich von älteren Personen mitbekommen, dass sie von den Witzen abgeneigt waren. Es ist aber ehrlicherweise auch schwieriger, eine Komödie zu bewerten, einfach weil Humor sehr individuell ist. Deshalb lasst es mich so ausdrücken: Wenn ihr asozialen Humor, gepaart mit überzeichneten Figuren und Sprüchen aller Gen Z, nicht abgeneigt seid, dann seid ihr bei Chantal im Märchenland gut aufgehoben.
Auch fand ich es richtig toll, wie man Social Media mit den Grimm-Märchen gepaart hat. Genau so hätte ich mir Chantal im Märchenland vorgestellt. Natürlich muss man ehrlich sagen, dass auch jede andere Figur in den Film gepasst hätte, man aber mit der Lizenz viel mehr Zuschauer anlocken wird. Das ist gut so, vor allem, weil der Anfang sowie das Ende wichtige Moralvorstellungen bezüglich des Arbeitens und des Selbstbildes vermitteln. Social Media ist nun einmal nicht alles. Und auch wenn ich mit diesen Worten direkt wie ein Boomer wirke, schafft es der Film zusätzlich in gewisser Hinsicht zu berühren. Mich hat das Ende nämlich wirklich getroffen und war ein toller Abschluss für einen Film, der mich doch irgendwie überrascht hat.
Oh – und bevor ich es vergesse… Natürlich leisten die Schauspieler eine gute (wenn auch manchmal sehr überdrehte) Arbeit, die die Figuren von der ersten Sekunde an zum Leben erweckt. Das CGI ist nicht immer gut, macht aber seine Arbeit darin, eine glaubhafte Märchenwelt zu erschaffen, die zusätzlich von den tollen Requisiten und den fabelhaften Kostümen hervorgehoben wird. Bestimmt könnte man auch noch mehr beanstanden, aber weil ich finde, dass Chantal im Märchenland der perfekte Film ist, um auch mal seinen Kopf auszuschalten und einfach das Kino zu genießen, werde ich euch mit diesen Punkten aus der Kritik entlassen.
Fazit zu Chantal im Märchenland:
Chantal im Märchenland ist ein unterhaltsamer Film, der mit seinem Mix aus modernem Humor, Märchenfantasie und einer Prise Gesellschaftskritik zu überzeugen weiß. Obwohl der Film mit einer etwas verworrenen Handlung und einer unklaren Vision zu kämpfen hat, schafft er es dennoch, sein Publikum zu unterhalten und zum Lachen zu bringen.
Die gelungene Verbindung von Social-Media-Elementen mit den klassischen Grimm-Märchen verleiht dem Film eine frische Note und macht ihn zu einem zeitgemäßen Märchen für die Generation Z. Dabei werden wichtige Themen wie Feminismus, Selbstbild und die Balance zwischen virtueller und realer Welt angesprochen, ohne dabei den Spaßfaktor aus den Augen zu verlieren.
Trotz einiger Schwächen in der Handlung und der visuellen Umsetzung bietet Chantal im Märchenland eine kurzweilige und unterhaltsame Kinounterhaltung, die sowohl jüngeres als auch älteres Publikum ansprechen kann. Wer bereit ist, sich auf den humorvollen Ausflug in eine märchenhafte Welt einzulassen, wird mit einem Film belohnt, der nicht nur zum Schmunzeln, sondern auch zum Nachdenken anregt.