Eternights – Ein grandioses Dating-Gemetzel

Das Coverbild von Eternights mit den Protagonisten und dem Schriftzug des Spiels drauf

Wenn wir als namenloser Protagonist unser mächtiges Schwert schwingen und damit anderen ordentlich den Hintern versohlen, gibt es eigentlich nur zwei Optionen: Entweder sind wir in einem Dating-Sim mit perversen Neigungen gelandet, oder befreien als furchtloser Krieger Dungeons von widerlichen Kreaturen. Im Falle von Eternights dachten sich die kreativen Köpfe von Studio Sai allerdings “Warum nicht beides?” und haben so ein Dating-Actionspiel geschaffen, bei dem die Liebe mindestens so wichtig ist wie die Rettung der Menschheit. 

Seit dem 12. September steht die Welt auf der PS4, PS5 und dem PC schon kurz vor dem Untergang und wartet auf einen mutigen Helden. Ob Eternights aber wirklich eurer Hilfe wert ist oder lieber sich selbst überlassen werden sollte, haben wir getreu dem Motto “Learning by doing” für euch herausgefunden und uns selbst in die von Monstern verseuchten Level gewagt.

Attackeeee!

 

Das Chaos in Eternights

Ein Anti-Aging-Wundermittel steht kurz vor dem Launch und ein weltbekanntes Pop-Idol macht bei ihrer Tour Halt in unserer Stadt, doch wir stecken in der liebesdurstigen Haut des frei benennbaren Protagonisten und haben eigentlich nur eines im Kopf: nicht länger das Dasein als Single zu fristen. Entsprechend lassen wir uns von unserem Kumpel Chani Tipps geben und eine ominöse Dating-App aufschwatzen. Kaum haben wir diese heruntergeladen und einen seltsamen Persönlichkeitstest absolviert, werden wir mit einer Unbekannten gematcht, die mit ihren Erwartungen gänzlich über Bord geht und uns zu einem Yacht-Date überredet. Was das sein soll, wissen weder wir noch unser Protagonist, aber wir sagen einfach mal zu und gehen dann in Ruhe schlafen. 

Was bislang wie eine lahme 0815-Story klingt, nimmt an dieser Stelle spontan die Ausfahrt ins skurrile Chaos. Denn in einer Traumsequenz folgt plötzlich ein Kampf-Tutorial, in dem erst unser Arm abgehackt und durch ein leuchtendes Schwert ersetzt wird und wir dann damit üben, auf gruselige Gestalten irgendwo in einem dunklen Gang einzuprügeln. Zwar ist das Kämpfen an sich recht spaßig, wieso das Tutorial dafür sich aber am Anfang und lange vor den eigentlichen Metzeleien abspielt, war uns schleierhaft.

Wie jeder Traum findet auch dieser rasch sein Ende und wir machen uns am nächsten Morgen unbekümmert auf den Weg zu unserem Date. Dann geht jedoch kurzerhand die Welt unter, wir landen mit Chani in einem unterirdischen Sicherheitsbunker und treffen dort die zuvor erwähnte Sängerin Yuna, die sich uns widerwillig anschließt. Auf dem Weg nach draußen kommen uns dann einige mutierte Menschen in die Quere, die als frischgebackene Monster ihr Bestes geben, um uns aufzuhalten. 

Zu allem Überfluss wiederholt sich auch noch unser Traum und eine schräge Schrulle schnibbelt uns den Arm ab, der netterweise von einer mysteriösen Geisterfrau aka. unserem Yacht-Date durch einen wandelbaren Ersatz auf Energie erneuert wird. Sie eröffnet uns außerdem, dass wir nun dafür verantwortlich sind, die Welt zu retten und zwingt uns somit in unser Abenteuer.

Du wurdest auserwählt! Yay.

 

Alle einsteigen, bitte!

Von nun an sind wir also am Zug und steigen auch gleich ein, denn eine Bahn dient uns ab sofort als sichere Basis, von der aus wir unsere nächsten Züge planen. Weil wir unsere Aktionen innerhalb einer bestimmten Anzahl an Tagen umsetzen müssen, ist aber auch das zügige Handeln ein Muss. Können wir die Quest nicht in der vorgegebenen Zeit erfüllen, war’s das. Und das wäre sehr bedauernswert, da wir schließlich die Menschheit retten, die wahre Liebe finden und am Ende dank geballter Emotionen heulend in der Ecke kauern wollen.

Deshalb geht es tagsüber vorzugsweise in die von Mutanten verseuchten Dungeons, um Informationen zu sammeln und dem Ende der Welt entgegenzuwirken. Nachts sind diese Areale durch die vermehrte Gefahr zwar gesperrt, doch Dank unserer Begleiter gibt es dennoch genug zu tun. Ob wir auf Dates gehen und die Beziehungen vorantreiben, Gefallen aus demselben Grund erledigen oder Trainings absolvieren, um unsere Skills zu verbessern, bleibt uns überlassen. 

Insgesamt wurde sich stark an der Persona-Reihe orientiert, weshalb viele der Mechaniken sich irgendwie vertraut anfühlen, gleichzeitig aber in einem einzigartigen Umfeld zum Einsatz kommen. 

Den Ausblick der Apokalypse kann man vom Zug aus schon mal genießen

 

Epische Handgemenge mit Schwert

Aber zurück zum Gameplay, denn das hat einiges zu bieten. Zum einen ist da die Dungeon-Erkundung und das Kämpfen, welches Hand in Schwert geht. Wortwörtlich, denn mit unserem Schwertarm verarbeiten wir die Gegner in schnellen Echtzeitkämpfen zu Geschnetzeltem und finishen sie in spektakulären Szenen mittels Quick-Time-Events. Aber auch unsere Begleiter unterstützen uns fleißig mit speziellen Angriffen, sodass wir beispielsweise Schilde eines bestimmten Typs nur mit den Fähigkeiten eines bestimmten Begleiters überwinden können. Für Abwechslung in Gefechten ist durch die vielfältigen Mechaniken auf jeden Fall gesorgt.

Auch, wenn das Kämpfen super funktioniert und die actionreichen Momente in Eternights toll sind, bleiben wir manchmal an Wänden oder Ecken hängen und verlieren die Gegner durch die eigenwillige Kamera schnell aus den Augen. Oder das Anvisieren funktioniert nicht so präzise, wie es sollte und unsere Attacken gehen ins Leere. Das kann schnell ärgerlich werden, besonders in Kämpfen mit großen Massen an Monstern, aber immerhin war das bei uns nicht allzu oft der Fall.

Wenn wir in den Leveln mal nicht mit dem Zerhackstückeln unserer Opponenten beschäftigt sind, müssen wir unser Hirnschmalz darauf verwenden, Rätsel zu lösen. Diese sind manchmal recht simpel, steigern sich aber in der Schwierigkeit gerne mal zu einer angenehmen Herausforderung. Manchmal müssen wir unsere wandelbare Schwerthand aber auch in nützliche Objekte transformieren, um brenzlichen Situationen zu entkommen. Oder einfach einen Tentakel daraus machen.

 

Nächster Halt: Liebe!

Wo Erkundung und Action noch schnell von der Hand gehen, verwickeln uns unsere Begleiter gerne in intensive, textbasierte Dialoge. In klassischer Dating-Sim Manier lesen wir uns durch Textpassagen und treffen dann Entscheidungen, die unsere Beziehung steigern, aber auch ruinieren können. Da unser Protagonist eine Neigung zum pubertären Verhalten hat, sorgen Tentakel und andere Gelüste für häufig humorvolle Momente, die fast so flach sind wie der Versuch, diesen Satz ohne Flundern oder Kommentaren zu Körpern zu beenden.

Jedenfalls starten wir anfangs nur mit Yuna und Chani an unserer Seite, letzterer wird uns allerdings keine romantischen Gefühle entgegenbringen. Dafür begegnen wir im Spielverlauf von Eternights noch drei weiteren Figuren, deren Herzen erobert werden wollen: die sportliche, aber schüchterne Min, die smarte Sia und der unsterbliche Yohan. Also gehen wir wahlweise mit einem (oder allen) von ihnen auf Dates und lernen sie besser kennen. Beziehungsweise erfahren sie auch mehr über uns und unsere… Neigungen.

Sia hatte wohl andere Absichten bei diesem Date als wir

Und was sollen wir sagen, was wir in den intimen Momenten über unsere Teammitglieder erfahren, ist teilweise wirklich überraschend. Die Charakterentwicklung ist stark und wir hatten stets das Gefühl, dass jede Figur mit eigenen Problemen und Erfahrungen einhergeht und ausgeprägte Charakterzüge an den Tag legt. Dadurch entstehen Persönlichkeiten, die uns ans Herz gewachsen sind und die wir um keinen Preis verlieren wollen. Leider neigt die deutsche Übersetzung der Dialoge immer wieder zu kleinen Fehlern, sodass manchmal der Sinn einiger Aussagen verloren geht oder unleserliche Zeichenfolgen zu sehen sind.

Um einen höheren Beziehungsstatus zu erreichen, müssen neben Dates aber auch Suchaufgaben abgeschlossen und die Bedürfnisse der anderen erfüllt werden. Dafür gehen wir nachts an einen von drei Orten und suchen nach Handtüchern, Zahnbürsten oder Flammenwerfern. Schaffen wir es, bei unseren Gruppenmitgliedern an Beliebtheit zu gewinnen, können wir Skillpunkte in sie investieren und damit nicht nur ihre Attacken zu leveln, sondern auch Booster für uns freischalten. Yunai kann beispielsweise Heilen und liefert uns einen Bonus auf die Gesundheit, während die anderen mit ihren Skills eher auf Stärke sowie Verteidigung setzen.

Ein Einblick ins emotionale Chaos der anderen

 

Bunt gemischte Grafik der Extraklasse

Zwar kommt es hauptsächlich auf das Innere an, aber auch das Äußere sollte nicht außer Acht gelassen werden. Im Falle von Eternights stechen besonders die verschiedenen Stile hervor, die im Laufe des Spiels über den Bildschirm flimmern. Hauptsächlich bewegen wir uns durch die dreidimensionale Welt und lauschen Dialogen im selben Design, doch auch Szenen in 2D kommen vor. Das geht sogar soweit, dass zwischenzeitlich ein richtiges Anime-Feeling entsteht. 

Was nach einer Menge Mischmasch klingt, ist es auch. Manchmal fühlten sich die Wechsel zwischen den verschiedenen Arten des Game Designs etwas zu viel an und als wollte man ein bisschen herumexperimentieren, aber insgesamt fanden wir es gar nicht so schlecht. Klar, wer das Konsistente bevorzugt, könnte sich daran vielleicht stören, aber auf uns wirkten die Stile übergreifend ästhetisch und der Erzählung gegenüber unterstützend.

Vom stilistischen Geschaukel mal abgesehen hat die Grafik insgesamt auf voller Länge überzeugt. Eternights fokussiert sich auf ein bläulich-rotes Farbspektrum mit diversen Nuancen dazwischen und sieht trotz der häufig kühlen Töne super lebendig aus.

Lediglich das Menü- und Interface-Design lässt zu wünschen übrig. Einerseits ist das Navigieren durch die verschiedenen Menüpunkte manchmal unnötig kompliziert, andererseits sieht es ein bisschen aus wie hingeklatscht. Hier wären klare Strukturen und ein aufgehübschtes, modernes Design einfach besser gewesen.

 

Controller kontrollieren, PC und Steam Deck performen

Immerhin ist die Performance von Eternights ein großer Pluspunkt. Der Titel lässt sich fast ohne Probleme auf dem portablen Steam Deck und somit jederzeit und überall spielen. Mit konstanten 60 FPS, ohne schwerwiegende Ruckler und einer gelungenen Implementierung der Steuerung macht es einfach richtig Bock, sich mit Tentakel-Junge und seinen Freunden ins Bett zu kuscheln. Nur die Lüfter drehen gerne mal durch und versuchen die Heizstufe der PC-Konsole runterzuschrauben, aber immerhin blieben unsere Hände beim Spielen immer schön warm. 

Natürlich lief der Titel auch auf dem PC einwandfrei, nur mussten wir die Auflösung und Grafikeinstellungen zu Anfang erstmal einstellen. Mit der RTX 3080 und einem Ryzen 5 5600X war die Performance bei uns einwandfrei, aber schon mit einer GTX 1650, einem Intel Core i7-6700K oder vergleichbaren Komponenten habt ihr die Mindestanforderungen bereits erfüllt. Genutzt haben wir aber auch hier die Empfehlung des Entwicklers und somit einen Controller, welcher bei der Steuerung keine Faxen macht und flüssiges Gameplay garantiert.

Solltet ihr wie wir planen, Eternights abwechselnd auf PC und Steam Deck zu spielen, müsst ihr bei jedem Plattform-Wechsel die Anzeigeeinstellungen anpassen. Da diese jeweils mit in die Steam Cloud hochgeladen werden,  übertragen die sich auf eure aktuell genutzte Plattform und lassen das Spiel gerne mal in HD auf dem WQHD-Monitor glänzen.

Unsere Pick-Up Lines sind so stabil wie die Performance

 

Ein ausbaufähiger Ohrenschmaus

Kommen wir von sichtbaren zu hörbaren Inhalten, von denen wir uns mehr erhofft hätten. Obwohl die Musik immer angemessen ist und auch die Atmosphäre der einzelnen Spielabschnitte stimmungsvoll unterstreicht, fehlt uns etwas. Popstar Yuna ist stets an unserer Seite und andauernd ist die Rede von ihren großartigen Songs, allerdings hören wir davon nicht viel. So hat sie uns ein oder zwei Male ihre liebreizende Stimme präsentiert, aber warum nicht öfter? Wenn wir zu Beginn die Werbung zu ihrer Tour im Fernsehen sehen, hätte beispielsweise etwas von ihrer Musik im Hintergrund dudeln können.

Das ist zwar meckern auf höchstem Niveau, aber immerhin ist das restliche Sounddesign einwandfrei. So auch die Synchronstimmen, die zu den einzelnen Figuren passen wie das Schwert unseres Protagonisten in die Gegner. Das Ambiente in den Dungeons gewinnt so an Tiefe und auch in den privateren Szenen auf den Dates kommt durch die musikalische Untermalung noch mehr Stimmung auf.

 

New Game+

Dank New Game +, bei dem wir alle unsere gesetzten Skills behalten, steht auch einer weiteren Runde im Liebes-Action-Sim Eternights nichts im Weg. So konnten wir uns gleich nochmal ins Abenteuer stürzen und unseren Liebeshunger an den Figuren befriedigen, die wir bislang ausgelassen hatten. Der Wiederspielwert ist durch verschiedene Enden also durchaus gegeben, allerdings muss jeder selbst entscheiden, ob die Zeit dafür investiert werden soll.

Zur Not könnt ihr immer wieder vor wichtigen Entscheidungen speichern und im Fall der Fälle die Spielstände laden, um auch ohne Neustart einen anderen Ausgang der Events zu erleben.

 

Fazit

Das Ende der Geschichte werden wir euch natürlich nicht spoilern, aber durch gekonnt inszenierte Twists, die gelungene Charakterentwicklung und dem großartigen Einsatz der einzelnen Spielelemente ging uns Eternights auch lange nach Abschluss nicht aus dem Kopf.  Schlussendlich haben wir uns eigentlich nur noch gefragt, wer hier was spielt: Wir Eternights oder Eternights mit unseren Gefühlen.

Insgesamt sind wir mit dem Spiel absolut zufrieden und mit dem Wissen im Hinterkopf, dass der Titel hauptsächlich von einer einzigen Person entwickelt wurde, drücken wir bei den Schwächen in Kampf und Rechtschreibung auch gerne ein Auge (beziehungsweise Ohr) zu. Die Dating-Action-Sim mit humorvollen Elementen und dem zeitbasierten Erfüllen von Quests ist durchaus einen Blick wert.

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