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Die Kapuze tief im Gesicht und das farbenfrohe Arsenal immer griffbereit. Vandals schickt uns in den urbanen Dschungel, um die Metropolen dieser Welt ein wenig bunter zu gestalten. Warum dabei nicht nur die Polizei, sondern auch gerne mal der eigene Kopf im Weg steht, lest ihr in unserem Test zum rundenbasierten Puzzle-Spiel für Android.

Ein frisch gesprühtes Graffiti bleibt nie unbemerkt. Jetzt sollten wir uns schnell, aber überlegt aus dem Staub machen.

Vandalismus to go

Was bei vielen Menschen oft zu angeregten Diskussionen über den öffentlichen Raum führt, macht der deutsch-französische Fernsehsender Arte in seinem Spiele-Publisher-Debüt zur festen Thematik.

Als Künstler der Streetart-Szene durchstreifen wir die dunklen Gassen geschichtsträchtiger Großstädte – stets auf der Suche nach einer Möglichkeit, unserer künstlerischen Begabung Ausdruck zu verleihen. Dabei regt Vandals, neben der eigenen Kreativität, auch die grauen Zellen an. Denn wer die besten Spots der Stadt erreichen will, muss sich erstmal am hiesigen Wachpersonal vorbeischleichen. Und das ist, trotz einiger Hilfsmittel, gar nicht mal so einfach.

Für das grundsätzliche Spielprinzip von Vandals hat sich Entwickler Cosmografik anscheinend stark von Titeln wie Lara Croft GO oder auch Hitman GO inspirieren lassen. Rätselfreunde, die die Spiele von Square Enix bereits verschlungen haben, dürften mit Vandals sofort warm werden. Statt frei herumzulaufen, bewegen wir uns nämlich auf einem vorgegebenen Raster aus Linien und Punkten durch die unterschiedlichen Level und umgehen dabei diverse Gefahren, um unbeschadet ans Ziel zu kommen. Wandern wir von einem Spielfeld zum anderen, kostet uns das einen Zug. Zu Beginn scheint das rundenbasierte System noch eher beiläufig, doch was den Schwierigkeitsgrad betrifft, zieht Vandals enorm schnell an.

Da auch hier Graffiti-Kunst nicht als Kavaliersdelikt gilt, gesellen sich schon bald mehrere Wachleute, Hunde und sogar Kameras zu uns auf das Spielfeld. Deren Sichtfeld, das glücklicherweise durch einen roten Pfeil gekennzeichnet ist, sollten wir dringlichst meiden. Ansonsten droht eine Verhaftung und somit der Neustart des Levels. Die Cops stehen aber nicht nur nutzlos in der Gegend herum, oft versperren sie uns den direkten Weg oder gehen aufmerksam ihre erstmal festgelegten Routen ab. Zusammen mit dem ausgeklügelten Leveldesign und einigen Hilfsmitteln, lässt sich aber auch dieses Problem aus der Welt schaffen. So locken wir mit einem beherzten Pfiff die wachsamen Augen des Gesetzes von ihren Posten und schlüpfen währenddessen unter einem Zaun hindurch. Das aber nur als kleines Beispiel, denn Vandals hat natürlich noch weitaus mehr zu bieten, wenn es darum geht, unser anarchisches Künstlerleben ein ganzes Stück komplizierter zu gestalten. Die Routen aller anwesenden Wachleute so zu verändern, dass wir unentdeckt von einem Punkt der Karte zur anderen gelangen, ist von etlichen Parametern abhängig und häufig ist die Lösung nur über bloßes Ausprobieren in Erfahrung zu bringen. Aus welcher Reichweite ein Wachmann das Klirren einer geworfenen Glasflasche noch hört, ob es überhaupt clever ist, auch gleich seinen Kollegen in dieses akustische Ablenkungsmanöver miteinzubeziehen – das ist in Vandals selten auf den ersten Blick ersichtlich, zumal uns der Titel wenig Freiraum beim Lösen der Knobelaufgaben lässt.

Zumindest dann, wenn wir die volle Punktzahl eines Levels abstauben wollen. Neben der zu erreichenden Mauer, unserer öffentlichen Leinwand, bekommen wir nämlich noch weitere Ziele aufgedrückt. Unentdecktes Vorgehen, das Unterschreiten einer bestimmten Anzahl von Zügen und das Finden einer zusätzlichen Plakette – erst nach dem Erfüllen dieser optionalen Herausforderungen gilt ein Level als wirklich abgeschlossen. Immerhin laden die Level so zu erneuten Abstechern ein und wir schalten ab einer bestimmten Anzahl gesammelter Sterne Bonus-Bereiche frei.

Ok, hands down…ein Zeichengenie ist an mir nicht verloren gegangen.

Bomben-Stimmung

Das war es aber noch nicht ganz mit dem Spielprinzip von Vandals, denn wie anfangs erwähnt, klopft der Titel auch gerne mal an dem Teil unseres Gehirns an, der für die Kreativität zuständig ist. Statt ein vorgegebenes Tag auf die Wand zu klatschen, dürfen wir in einem simpel gehaltenen Editor selbst Hand anlegen. Dafür stehen uns allerlei Farben und verschiedene Sprühdosenaufsätze zur Verfügung. Halten wir das Corpus Delicti länger auf eine Stelle, verläuft die Farbe sogar. Dieses Feature zu bewerten fällt jedoch etwas schwer. Zwar ist die Idee, den einzelnen Abschnitten seinen buchstäblich eigenen Anstrich zu verpassen, ziemlich cool, uns hat der virtuelle Malkasten aber immer wieder daran erinnert, wie schlecht wir doch eigentlich malen, bzw. zeichnen können. Zum Glück aber, gibt es hierfür keinen Bewertungsmaßstab oder ähnliches. Für Malstift-Legastheniker, die den Begriff bomben nur aus den Nachrichten kennen, tut es auch ein simpler Strich oder der zu Beginn gewählte Künstlername in mehreren, wählbaren Schriftarten.

Doch selbst motivierte Tagger stoßen durch die gewagte Steuerung irgendwann an ihre Grenzen. Mit etwas größeren Fingern fällt das Zeichnen von Details über den Touchscreen doch etwas unbeholfen aus, zumindest bei den Smartphone-Versionen von Vandals für iOS und Android. Da das Spiel aber auch über Steam für den PC erscheint, dürften mit dem Programm Paint versierte Spieler auch bei Vandals keine Probleme haben.

Die beklagen sich derweil eher über die Steuerung mit der Maus, die nicht ganz so präzise daherkommt, wie man sich das von einem solchen Titel eigentlich erhofft. Auf dem Smartphone funktioniert steuerungstechnisch aber alles einwandfrei. Zwecks der eingeschränkten Übersicht, lässt sich das Geschehen sogar jederzeit rein- oder wieder herauszoomen. Darüber hinaus haben wir die Möglichkeit, den Titel entweder in der horizontalen oder der waagerechten Ansicht zu spielen. Nur beim Besprühen einer Mauer zwingt uns das Spiel in den waagerechten Modus.

Schon gewusst? Vandals bietet allerhand Hintergrundwissen über die Streetart-Szene.

 

Inhaltlich kann Vandals übrigens auf ganzer Linie überzeugen. Über 60 Rätsel warten darauf, von uns gelöst und letztlich gemeistert zu werden. Sein Setting vermischt der Titel dabei mit historischem Hintergrundwissen, indem er uns zum Beispiel in das Paris von 1968 versetzt und durch optionale Hinweistafeln über berühmte Sprayer der Stadt informiert. Später geht es dann noch nach New York, Sao Paolo, Berlin und Tokio. Natürlich sind auch diese Locations mit allerlei Geschichte gespickt, sodass unser Spielstand schon bald zu einer wahren Enzyklopädie der Streetart-Szene mutiert. Optisch gibt es ebenfalls nichts zu bemängeln. Licht und Schatten sind zwar leider kein aktives Spielelement, wurden stilistisch aber wunderbar eingefangen, um den anarchisch, heimlichen Charakter unserer Taten passend zu unterstreichen. Auch der Sound leistet hier atmosphärische Mitarbeit.


Zum Schluss noch ein kleiner Check, was Vandals so alles auf unserem Smartphone anstellen möchte oder ob eventuell weitere Zahlungen erforderlich sind, um in den vollen Genuss des Titels zu kommen. Mit einem Preis von ca. 4,50 € ist Vandals für seine Maßstäbe ja schon relativ hoch angesetzt, weshalb es Ingame keine weiteren Aufforderungen für echtes Geld mehr gibt – nervige Werbung schließt das natürlich ebenso aus. Ein wenig fraglich wird es dann aber wieder bei den Berechtigungen. Warum der Titel Zugriff auf Kontakte und Medien haben möchte, erschließt sich uns nicht ganz. Immerhin müssen wir diesen Berechtigungen nicht zustimmen, Vandals läuft auch bei Zugriffsverweigerung problemlos.

Der Test, sowie alle Screenshots, basieren auf unserer Testversion von Vandals für Android, die uns freundlicherweise von unseren Medienpartnern der ICO Media zur Verfügung gestellt wurde. Vandals wurde auf einem Samsung Galaxy S8 mit Android getestet und lief dort äußerst flüssig und ohne Abstürze.

Dennis
80%

Oz wäre stolz...

Ein einfaches Spielprinzip, das schnell begeistert, aber nur schwer zu meistern ist. Zugegeben, die Knobeleien in Vandals können ganz schön knackig, manchmal auch etwas unübersichtlich ausfallen, dafür begeistert das Spiel mit hohem Spaßfaktor und toller Optik. Außerdem geht ein großes Lob an Arte und Entwickler Cosmografik, die der beispiellos interpretierten Thematik so ganz ohne erhobenem Zeigefinger begegnen und stattdessen dafür sorgen, dem Spieler ein paar Infos aus der Streetart-Szene näherzubringen. Ich persönlich hätte mir noch ein paar Spielelemente mit Schablonen gewünscht, da das Arbeiten mit den sogenannten Stencils mittlerweile ja eigentlich ein sehr wichtiger Teil der Kultur ist, aber das ist nur Meckern auf hohem Niveau. Wer ein hübsches Knobelspiel für unterwegs mit unverbrauchter Thematik sucht, ist hier genau richtig. Fans der GO-Spiele von Square Enix und echte Graffiti-Künstler dürfen ebenfalls einen Blick riskieren.

  • Grafik 85%
  • Sound 75%
  • Umfang 80%
  • Story/Atmosphäre 80%
  • Steuerung 80%
About author

Dennis

Nicht der Redakteur, den diese Seite verdient, aber der, den sie braucht. Oder wie war das? Pride und Rocket League. Selbstgestrickte Socken und Visual Novels.

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