The Legend of Heroes: Trails to Azure im Test – In Crossbell nichts Neues?

von Dennis
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Goldene Zeiten für alle Trails-Fans! Nach der Neuveröffentlichung von The Legend of Heroes: Trails from Zero im vergangenen Jahr, steht mit The Legend of Heroes: Trails to Azure bereits die aufgehübschte Fortsetzung in den Startlöchern. Die lässt zwar immer noch ihre durch Trails in the Sky erzählte Vorgeschichte vermissen, überzeugt aber weiterhin dank narrativer Spitzenleistung und zeitlosem Gameplay. Was uns im zweiten und finalen Ausflug nach Crossbell sonst noch erwartet, verrät unser Test zum charmanten Retro-RPG auf der Nintendo Switch.


Erstling? Nachfolger? Vorgeschichte? Falls ihr jetzt schon verwirrt seid, heißen wir euch herzlich Willkommen bei The Legend of Heroes, das sich mit seinen durchaus komplexen Handlungssträngen weit über etliche Jahrzehnte und Konsolengenerationen erstreckt – da noch den Überblick zu behalten, fällt sichtlich schwer. Tatsächlich tut sich das japanische Entwicklerstudio Nihon Falcom in Zusammenarbeit mit dem Publisher NIS America auch diesmal wieder keinen großen Gefallen, wenn es um das chronologische Verständnis ihrer erzählerisch tiefgreifenden J-RPG-Reihe geht. Aber dafür sind wir ja da und legen euch aus diesem Grund gleich mal unseren Testartikel zu The Legend of Heroes: Trails from Zero ans Herz, denn mit Trails to Azure erfahren wir eine überaus konsequente Fortsetzung, die durch ihre direkte Verknüpfung große Stärken im Storytelling zeigt und auf vertraute Fähigkeiten setzt, für EinsteigerInnen aber eine mindestens genauso unüberwindbare Hürde darstellt.

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Crossbell, wir haben dich vermisst!

Wenige Monate nach den turbulenten Ereignissen von Trails from Zero, kehrt endlich wieder Frieden in das beschauliche Städtchen Crossbell ein. Der Bedrohung durch einen fanatischen Kult nur knapp entkommen, streift auch die Special Support Section (SSS) ihren schlechten Ruf unter den BewohnerInnen ab und genießt fortan ein heldenhaftes Ansehen als Spezialeinheit der hiesigen Ordnungskraft. Doch am Horizont breiten sich längst die Schatten eines weiteren Übels aus, das den gesamten Kontinent in tiefschwarze Finsternis zu stürzen droht. Selbstverständlich ruft das sofort den pflichtbewussten Sympathieträger und Hauptcharakter Lloyd Bannings sowie sein SSS-Sonderkommando auf den Plan, das nach einer erholsamen Ruhepause erneut gegen korrupte Politik und mafiöse Strukturen in den Kampf zieht und dabei eine weitaus größere Verschwörung aufdeckt, deren kriegerische Fehden ausgerechnet in der Stadt Crossbell gipfeln sollen.

Doch bis es überhaupt so weit kommt, vergeht bereits ein Großteil der mit knapp 50 Stunden abermals recht großzügig angesetzten Spieldauer, denn auch The Legend of Heroes: Trails to Azure gönnt sich ein erstaunlich langsames Pacing. Das kämpft zwar immer noch mit gewissen Längen, der Entwicklung der inhaltsreichen Spielwelt, ihren diversen Charakteren und den diesmal deutlich zentraler dargestellten Politik-Konflikten bietet der Titel damit aber genügend Freiraum, sich angemessen zu entfalten und so eine der größten Stärken der gesamten Reihe auszuspielen: Dem detaillierten Worldbuilding. Einmal mehr verlieren wir uns in eigentlich belanglosen Nebenmissionen, führen minutenlange Dialoge über bedeutungslose Themen, verwachsen dadurch aber auch immer mehr mit der immersiven Spielwelt und ihren Figuren, die sich hier so atmosphärisch wie vielseitig präsentieren und die hohe Qualität des Vorgängers schon früh wiedererkennen lassen.

Wiederkennung ist dabei ein gutes Stichwort, denn trotz neuer Gebiete und frischen Gesichtern, verlässt sich Trails to Azure hauptsächlich auf sein längst aus dem Boden gestampftes Universum. Der packend inszenierte Handlungsstrang kommt zwar mit unverbrauchten Ideen und einer völlig neuen Bedrohung daher, findet seine wichtigen Grundpfeiler aber immer noch im Vorreiter Trails from Zero, das wir vorher unbedingt (durch-)gezockt haben sollten. Das übergeordnete The Legend of Heroes-Narrativ streckt die Finger sogar noch weiter in die Vergangenheit, die irgendwann für die Zukunft geplante Neuauflage von Trails in the Sky dürfen wir für das grundlegende Verständnis dieser Geschichte aber zum Glück auslassen. Für ein gelungenes Wiedersehen mit allen BewohnerInnen von Crossbell, übertragen wir sogar unseren Spielstand und importieren so die im letzten Ableger getroffenen Entscheidungen in unser aktuelles Abenteuer.

Trotzdem gesellen sich zu den bekannten Elementen auch ein paar nennenswerte Neuerungen, die wir zuallererst im bunt gemischten Cast entdecken. Mit dem in sich ruhenden Frauenheld Wazy Hemisphere und Noel Seeker, einer ambitionierten Autonärrin, hält die örtliche Ordnungsmacht scheinbar an den exotischen Anforderungen für das Stellenangebot ihrer Spezialeinheit fest, sorgt gleichzeitig aber auch für frischen Wind im mittlerweile kampferprobten Quartett. Denn neben ausladenden, aber jederzeit spannend geschriebenen Dialogen, hübschen Anime-Sequenzen und der Erkundung einer riesigen Umgebung, lockt Trails to Azure selbstverständlich auch mit reichlich Gameplay.

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Kämpfen wie in alten Zeiten

Und das hinterlässt einen erneut klassischen Eindruck und kann mit seiner gelungenen Mischung aus gewohnter Rollenspielkost und frischen Strategie-Anleihen auch im zweiten Anlauf begeistern. Einmal mehr zieht es Lloyd und Co. in rundenbasierte Gefechte, die dank taktischer Tiefe durch zahlreiche Manöver und eine freie Positionswahl auf dem Schlachtfeld für rauchende Köpfe sorgen. Entweder schlagen wir mit physischen Angriffen direkt zu oder verzichten auf einen Zug, um eine der mächtigen Künste oder Zauber aufzuladen, die während der nächsten Runde entsprechend effektiv einschlagen, aber natürlich immer noch dafür sorgen, dass der Heldentrupp eine Runde lang völlig schutzlos herumsteht. Damit uns das überzeugend vielseitige Gegnerdesign aus fiesen Monstern, menschlichen Widersachern und hoch entwickelten Robotersoldaten dabei nicht sofort aus den Socken haut, sollten wir potentielle Schwachstellen wie unsere Kehrseite niemals offen zeigen und stattdessen eine strategisch sinnvolle Formation einnehmen, die schwächelnde Heiler oder gar hilflose NPCs beschützt. Möchtet ihr noch etwas detaillierter ins regelmäßige Kampfgeschehen von Trails to Azure eintauchen, empfehlen wir auch an dieser Stelle unseren Artikel zu Trails from Zero, denn essentielle Änderungen finden wir hier ausschließlich mit der Lupe.

Der allgemeine Schwierigkeitsgrad entpuppt sich jedenfalls erneut als knackige Herausforderung, selbst auf der mittleren, vom Spiel persönlich empfohlenen Stufe, wobei uns The Legend of Heroes: Trails to Azure hier genauso Nutzerfreundlich entgegenkommt wie sein direkter Vorgänger. Vor allem in den hitzigen Gefechten gegen Bosse machen wir häufigen Gebrauch von der komfortablen Neustart-Funktion, die uns nach einer Niederlage sofort wieder ins Geschehen bringt und nervige Laufwege zwischen Speicherpunkt und Obermotz gemütlich unterbindet. Auch in den zahlreichen Dungeons selbst profitieren wir von der permanenten Sichtbarkeit sämtlicher Gegner, was nervige Zufallsbegegnungen verhindert, uns aber auch einen gehörigen Vorteil verschaffen kann, indem wir unsere Feinde rücklings überfallen und so verschiedene Boni im darauffolgenden Scharmützel erhalten. Die umherwuselnde Gegnerschar darf das selbstverständlich auch, wobei uns der Titel schmerzhaft mit einer der überschaubaren Neuerungen konfrontiert. Überraschen uns Gegner in der Oberwelt, lockt das jetzt zwangsläufig die beiden MitspielerInnen auf der Reservebank unserer inzwischen sechsköpfigen Gruppe in die Schlacht. Sollten wir die bewusst dort festgehalten und über mehrere Stunden nicht trainiert haben, kann das unter Umständen zu einer herzzerreißenden Niederlage führen.

Als gewohnt komplex und ziemlich alternativ, entpuppt sich auch die Charakterentwicklung von Trails to Azure, die wie im Vorgänger auf neue Fähigkeiten per Levelaufstieg verzichtet und dafür ein verflochtenes System aus Edelsteinen, dem sogenannten Quartz, mitbringt. Neu ist hingegen das Master Quartz, das besonders wertvolle Skills verspricht und zudem mit seinem verbundenen Charakter im Level aufsteigt und so immer stärker wird. Und da wir gerade von Neuerungen sprechen, dürfen wir auch die frisch hinzugefügte Burst-Leiste nicht vergessen, die wir als oftmals rettende Maßnahme in brenzligen Auseinandersetzungen vom Stapel lassen und damit vor allem im späteren, relativ herausfordernden Spielverlauf für knapp errungene Siege sorgen. Zeit ist kostbar, das versteht auch Trails to Azure und gibt uns deshalb wieder eine komfortable Vorspulfunktion an die Hand. Per Schultertaste manuell aktiviert, rasen wir nur so durch Dungeons und andere Örtlichkeiten und heben selbst das eher gemächliche Tempo der taktisch-behäbigen Gefechte auf ein kurzweiliges Niveau. Zudem spendiert uns der Titel nun einen fahrbaren Untersatz, den wir optisch jederzeit anpassen dürfen und mit dem die Erkundung nochmal etwas dynamischer ausfällt, auch wenn wir den Inhalt wertvoller Truhen im flotten Flitzer vorerst zurücklassen müssen. Zudem sorgen unverbrauchte Minispiel-Ideen für Unterhaltung zwischendurch.

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Auf optischer Ebene erwartet uns der gleiche Augenschmaus, mit dem uns bereits The Legend of Heroes: Trails from Zero in seinen unverwechselbaren Bann ziehen konnte. Klar, auch Trails to Azure ist eigentlich bloß eine leicht aufgehübschte Neuauflage, die ihren bislang Japan-exklusiven Playstation Portable-Ursprung von 2011 nach wie vor nicht verbergen mag, uns aber trotzdem mit niedlichen 3D-Sprites, handgezeichneten Charakterporträts und seiner detailliert-verspielten Welt aus altertümlicher Architektur und technologischem Fortschritt in der Iso-Perspektive verzaubert. Der technisch stabile Port der von uns getesteten Version für die Nintendo Switch überzeugt zudem mit knackig scharfer Auflösung in Full-HD und mit stabilen 60 Bildern pro Sekunde. Den krönenden Abschluss der Präsentation bildet erneut ein stimmungsvoller Soundtrack aus vielseitigen Klängen und die japanische Vertonung sämtlicher Dialoge. Fortgeschrittene Sprachkenntnisse solltet ihr aber dennoch mitbringen, der Titel verzichtet aus Kostengründen erneut auf eine hiesige Lokalisierung und beschert uns stattdessen lediglich Texte auf englischer Sprache – und von denen gibt es hier ja bekanntermaßen eine ganze Menge. Sogar die Steuerung schaut nochmal tief in den Spiegel und lässt dabei keine Veränderungen erkennen, was in den meisten Situationen entspannter Spielgeschwindigkeit nur selten ein Problem darstellt, uns bei der Auswahl verschiedener Fähigkeiten im fummeligen Ring-Menü während der Kämpfe aber immer noch dezent nervt.

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FAZIT:

Während das Gameplay von The Legend of Heroes: Trails to Azure bekannte Stärken und sinnvolle Detail-Neuerungen vereint, setzt sich die spannend erzählte Story im Crossbell-Universum konsequent fort. Das mag angesichts moderner Entwicklungen, neue Ableger vor dem Hintergrund einer sich stets weiterspinnenden Geschichte entsprechend Einsteigerfreundlich zu gestalten, etwas befremdlich wirken und setzt unabdingbar detaillierte Kenntnisse des Vorgängers voraus, weiß damit aber genauso zu gefallen und der ohnehin schon reichen Spielwelt zu noch mehr narrativem Tiefgang zu verhelfen, die nun vor nachvollziehbaren Charakteren und ihren ausladenden Dialogen, interessanten Schauplätzen und nicht zuletzt dem mitreißend inszenierten Plot aus politischen Fehden, religiöser Bedrohung und ganz alltäglichen Problemen fast schon übersprudelt. In Crossbell wenig Neues und das ist eine große Stärke, denn auch Trails to Azure ist wieder ein umfangreiches Rollenspiel-Monster in erzählerischer Bestform, das sich dank zeitloser Spielmechaniken und seinem knuffigen Retro-Look in die Riege der unterhaltsamsten J-RPGs reiht.

WERTUNG: 90/100


The Legend of Heroes: Trails to Azure ist ab dem 17. März 2023 für Playstation 4, die Nintendo Switch und den PC via Steam endlich auch in Europa erhältlich. Der Nordamerikanische Markt feiert ebenfalls Premiere, das aber schon seit dem 14. März 2023. Hierzulande zahlt ihr für die digitale Version entspannte 39,99€, während die physischen Fassungen mit ebenfalls sehr angenehmen 49,99€ zu Buche schlagen.

Für diesen Test von The Legend of Heroes: Trails to Azure auf der Nintendo Switch wurde uns freundlicherweise ein Reviewcode vom Publisher NIS America zur Verfügung gestellt. Screenshots stammen aus dem offiziellen Pressekit.


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