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Während Konami eher damit beschäftigt scheint, Geld und Zeit in die Entwicklung von Pachinko-Automaten zu stecken, anstatt ihr eigentlich so populäres Erbe fortzuführen, verblasst der kleine Hoffnungsschimmer am Horizont des einstigen Branchenriesen langsam völlig. Sofern wir uns nicht mit einem Münzautomaten zufriedengeben, werden wir wohl nie wieder in das ernste Antlitz von Snake blicken oder die vernebelten Straßen eines Silent Hill überqueren.

Doch was die Ausflüge nach Transsilvanien und die damit fast schon automatisch einhergehenden, ikonischen Gameplay-Mechaniken betrifft, naht bereits Rettung durch ambitionierte Indie-Entwickler. Statt die Idee bei seinen Urvätern verrotten zu lassen, greifen unabhängige Teams das Metroidvania-Spielprinzip gekonnt auf und versorgen uns mit dem, wonach wir schon so lange lechzen.

Was den Japanern von Inti Creates jüngst mit Bloodstained: Curse of the Moon gelungen ist, schafft auch Team Cherry, ein kleines Entwicklerteam aus dem Süden Australiens. Bei Hollow Knight gibt es zwar keine Vampire, schaurig-schön und extrem fordernd geht es aber trotzdem zu.

Ori and the Dark Souls

Dass es sich bei Hollow Knight um eine echte Indie-Perle handelt, ist eigentlich schon seit über einem Jahr bekannt, als der durch Kickstarter finanzierte Titel im Februar 2017 das Licht der Welt auf Steam erblickte. Zuerst als Geheimtipp gehandelt, zählte das Projekt schnell zu den beliebtesten Spielen der Plattform. Entsprechend groß war die Verwunderung über den ersten Konsolenport des Spiels. Nicht etwa die Playstation 4 oder Xbox One wurden bedient, nein, Hollow Knight landete am 12. Juni 2018 auf der Nintendo Switch.

Nun mangelt es Nintendos Hybrid-Konsole nicht unbedingt an verfügbaren Titeln mit der Metroidvania-Formel, doch Hollow Knight bedient das Genre derart gut, dass jegliche Diskussion über eine Daseinsberechtigung hinfällig wirkt.

In Hollow Knight schlüpfen wir in die Haut des winzigen, namensgebenden Käfers, der sich in das untergegangene Insekten-Königreich Hollownest tief unter der Erde begibt, um dort nach verlorenen Schätzen zu suchen. Ein Gift hat die Bewohner der einst blühenden Zivilisation längst verjagt und somit Platz für furchtbar bizarre Biester geschaffen. Und tatsächlich scheinen die zahlreichen, bedrohlich wirkenden Gänge und Räume des Abgrunds ziemlich verlassen. Ein spürbar melancholischer Unterton überkommt uns bereits in den ersten Spielminuten von Hollow Knight. Mit dem direkten Erzählen einer Geschichte hält sich der Titel zwar ziemlich zurück, doch aufmerksame Naturen entdecken eine spannende, wenn auch äußerst düstere Überlieferung der Dinge, die im gefallenen Königreich vorgefallen sind.

Ganz nach dem klassischen Metroidvania-Prinzip, sind die weitläufigen Areale von Beginn an frei zugänglich. Unseren Erkundungsdrang stoppen nur die Stellen im Spiel, an denen wir eine bestimmte Fähigkeit benötigen. Ob Doppelsprung, Hechtrolle oder Wandsprung, die nötigen Skills erhalten wir nur als Belohnung für das Besiegen mächtiger Bossgegner. Das größte Problem dabei stellt wohl der Schwierigkeitsgrad dar, denn der fällt in Hollow Knight nicht bloß schwer, sondern erbarmungslos hart aus.

Während wir uns bei den zahlreichen Plattformer-Einlagen, die das abwechslungsreiche wie atmosphärisch faszinierende Leveldesign so zu bieten hat, dank der tollen Steuerung schon bald erstaunlich gut anstellen, schlägt uns das Kampfsystem von Hollow Knight gerne mal mit der blanken Faust ins Gesicht. Im Grunde ist auch das eher simpel gehalten und gut verständlich, doch der überdurchschnittlich hohe Schwierigkeitsgrad sorgt regelmäßig dafür, dass wir frustriert das Zeitliche segnen. Selbst die Angriffsmuster einfacher Standard-Gegner wollen ausreichend beobachtet und entsprechend gekontert werden. Angriff ist sicher nicht immer die beste Verteidigung, weshalb wir auch viel öfter von den etlichen Ausweichmanövern Gebrauch machen.

Auf ein traditionelles Levelsystem verzichtet der Titel zwar, doch die von besiegten Gegnern fallen gelassenen Geo-Münzen können wir bei Händlern gegen Talismane eintauschen. Die wiederum verbessern Angriffs- und Verteidigungswerte, zeigen unsere Position auf der Karte oder verstärken uns in einer anderen, stets nützlichen Weise. Der eigene Spielstil will hier aber erstmal gefunden werden, denn eine limitierte Anzahl von Steckplätzen sorgt gleichzeitig für begrenzte Fähigkeiten. Immerhin dürfen wir die Talismane jederzeit wechseln und uns so auf bestimmte Situationen vorbereiten. Nur schade, dass der Erwerb von neuen Steckplätzen derart teuer ist, dass wir für den Kauf neuer Slots schon mal mehrere Stunden in das Grinden von Geo-Münzen investieren.

Denn nicht nur Händler oder Schmiede nehmen uns das wertvolle Gut ab, auch Schnellreisefunktion und Speicherpunkte benötigen die Ingame-Währung. Angesichts der ohnehin herausfordernden Schwierigkeit von Hollow Knight, führt das des Öfteren zu Momenten voller Frust. Möglichkeiten zum Speichern sind rar gesät, wer nicht genügend angespart hat, kann diese Funktion nicht einmal nutzen. Als sichere Währung gelten die Münzen sowieso nicht, denn wie auch bei den Kollegen im Geiste Nioh und Dark Souls üblich, verlieren wir beim virtuellen Bildschirmtod unser gesamtes finanzielles Polster. Mit ein wenig Geschick lässt sich das zwar wieder einsammeln, sterben wir auf dem Weg dorthin jedoch erneut, sind die Ersparnisse für immer verloren.

Bugs, wohin man auch schaut

Der heimliche Star von Hollow Knight sind ohne Frage die knackigen Bosskämpfe. Hier tummelt sich alles, was im Reich der Insekten Rang und Namen hat. Mit ein paar äußerst kreativen Namensgebungen und entsprechendem Erscheinungsbild bleiben uns die charakteristischen Auseinandersetzungen sicher noch lange im Gedächtnis.

Dass es auch hier verdammt anspruchsvoll zur Sache geht, dürfte niemanden mehr überraschen, ein wenig mehr Komfort hätten wir uns für den Kampf gegen die über 30 dicken Brocken dann aber doch gewünscht. Speicherpunkte befinden sich nie direkt vor den Bossen, sondern immer gute drei bis vier Spielminuten davon entfernt. Sollten wir im wiederholten Anlauf also nicht vorsichtig genug sein, schwächt uns bereits der Weg zum Boss so sehr, dass wir mit einem gehörigen Nachteil in die zweite Runde starten.

Selbst wenn das alles nur wenig einladend klingt, wirklich unfair geht es in Hollow Knight nie zu. Frei nach der Dark Souls-Philosophie Git Gud, bestehen wir mit genügend Geduld und langsam steigenden Fähigkeiten vor dem Bildschirm auch hier jede noch so große Herausforderung. Zudem drängt uns der Titel zu keiner Zeit in eine bestimmte Richtung. Welchen Bereich des endlos wirkenden Labyrinths aus Gängen, Korridoren und sogar ganzen Städten wir wann erkunden möchten, liegt allein in unserer Hand. Natürlich stoppt uns das Spiel genretypisch hier und da mit einem scheinbar unüberwindbaren Abgrund oder ähnlichen Hindernissen, doch sollten wir den dazugehörigen Boss partout nicht schaffen, drehen wir einfach um und versuchen einen anderen Bereich zu entdecken, der uns vielleicht besser liegt. Spielerisch bleibt es zwar stets absolut erbarmungslos, dafür werden wir an jeder Ecke mit einem handgezeichneten Grafikstil und äußerst flüssigen Animationen belohnt, die, zusammen mit dem stimmungsvollen Soundtrack, der melancholischen Atmosphäre ihren ganz eigenen Stempel aufdrücken.

Mit über 130 unterschiedlichen Gegnertypen, schöpft Entwickler Team Cherry das Insekten-Setting voll aus, sorgt damit aber auch dafür, dass einige Spieler den Titel wohl lieber meiden. So oft wie man die Nintendo Switch aus Frustration gegen die Wand donnern möchte, so oft schüttelt es Menschen mit Abneigung gegen Krabbeltiere auch. Und Hollow Knight ist mit seinem düsteren Setting gewiss nicht einer dieser Titel, die solche Ängste heilen – im Gegenteil.

Es krabbelt überall

Zur Portierung für die Nintendo Switch lässt sich objektiv nur wenig sagen. Technisch gibt es keine Mängel, ob auf dem TV-Bildschirm oder im Handheld-Modus, Hollow Knight läuft in beiden Varianten tadellos. Betrachten wir das Thema aus rein emotionaler Sicht, ergibt sich schon ein ganz anderes Bild. Denn ähnlich wie bei Celeste oder The Banner Saga, überkommt uns schlicht das Gefühl, dass der Titel auf genau diese Konsole gehört und dort sein Zuhause gefunden hat. Das mag jeder anders empfinden, doch in jedem Fall ist Hollow Knight ein kostbarer Zuwachs für die eigene Nintendo Switch-Softwarebibliothek.

Als besonders lobenswert sticht dabei auch die Preispolitik hervor. Für gerade einmal 15 Euro erhalten wir ein gut 30-stündiges Metroidvania mit riesiger Spielwelt und grandioser Präsentation. Vier kostenlose Erweiterungen sind bereits erschienen und in dieser Version integriert, ein fünfter, vermutlich letzter Zusatzinhalt ist derzeit schon in Arbeit. Das hätte Konami sicher nicht hinbekommen, wie auch, die Nintendo Switch hat ja gar keinen Münzschlitz.


Hollow Knight ist seit dem 12. Juni 2018 für die Nintendo Switch erhältlich. Für einen Preis von 14,99 € könnt ihr den Titel derzeit ausschließlich digital im Nintendo eShop erwerben. Team Cherry arbeitet bereits an einer physischen Version, Erscheinungstermin und Preis sind jedoch noch unbekannt.

Für den Test von Hollow Knight für die Nintendo Switch, hat uns Entwickler Team Cherry freundlicherweise mit einem Review-Code versorgt. Screenshots stammen aus dem offiziellen Press-Kit des Spiels.

Dennis
94%

Das ganz große Krabbeln...

Riesig, wunderschön, erbarmungslos. Mit Hollow Knight erhält die Nintendo Switch einen der besten Metroidvania-Titel, der sich am ehesten als eine Mischung aus Ori and the Blind Forest und Dark Souls beschreiben lässt. Gelungene Plattformer-Abschnitte wechseln sich mit knackigen Kämpfen ab, durch seinen einzigartigen Artstil und den riesigen Umfang sehen wir gerne über die vielen Frustmomente hinweg. Das Genre hat einen neuen Meister gefunden, Fans sollten hier unbedingt zugreifen.

  • Grafik
  • Sound
  • Umfang
  • Story/Atmosphäre
  • Steuerung
About author

Dennis

Nicht der Redakteur, den diese Seite verdient, aber der, den sie braucht. Oder wie war das? Pride und Rocket League. Selbstgestrickte Socken und Visual Novels.

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