Lange ist es her, dass ein neuer Ableger von Alone in the Dark erschienen ist, doch seit dem 20. März 2024 hat das Warten ein Ende. Nachdem der letzte Versuch mit “Alone in the Dark: Illumination” kläglich scheiterte und als “Alone with the Bugs” ad acta gelegt wurde, besteht endlich wieder Hoffnung. Dieses Mal haben sich THQ Nordic mit Pieces Interactive zusammengeschlossen und das Horror-Adventure als eine Hommage an das Original von 1992 für die PlayStation 5, Xbox Series sowie den PC neu interpretiert. Damit ihr aber nicht alleine und ohne Vorahnung in die Dunkelheit stolpern müsst, haben wir uns schon mal auf der PS5 in die Abgründe des Wahnsinns gewagt und geschaut, wie düster es dort wirklich aussieht.
Traute Zweisamkeit in Alone in the Dark
Stellt euch vor, ihr lebt Anfang der 90er Jahre ganz entspannt euer Leben, bis euer Onkel plötzlich spurlos verschwindet. Während die meisten vermutlich einfach die Polizei rufen würden, entscheidet sich Emily Hartwood stattdessen dafür, den Privatdetektiv Edward Carnby anzuheuern und ihn zum letzten bekannten Aufenthaltsort ihres Onkels zu begleiten. Nach einem kurzen Roadtrip durch das Sumpfland in die südöstlichen USA finden die beiden sich also vor der Nervenheilanstalt Derceto Manor wieder, welche sich nicht nur weit fernab jeglicher Zivilisation befindet, sondern auch den Startpunkt eures Abenteuers markiert. Denn hier liegt es an euch, ob ihr in die Rolle von Emily oder Edward schlüpfen wollt.
Je nachdem, für wen ihr euch entscheidet, könnt ihr Alone in the Dark zwar jeweils aus einer etwas anderen Perspektive erleben, die Geschichte an sich bleibt bis auf einige Kleinigkeiten grundsätzlich dieselbe. Grundsätzlich deshalb, weil die Handlungen der beiden Kampagnen nicht parallel zueinander verlaufen, sondern eher “Was wäre, wenn?” Szenarien gleichen, die sich nicht ergänzen, sondern eigenständig erzählen. Was wäre also, wenn Emily die Protagonistin wäre? Dann würdet ihr zu Beginn das Anwesen auf eigene Faust überprüfen und Edward dann hineinlassen. Und was wäre, wenn Edward der Protagonist wäre? Klar, dann würde er auf eigene Faust einen Weg ins Anwesen suchen und Emily die Tür öffnen.
Durch diese stilistische Entscheidung bekommt ihr zwar einen schönen Einblick in die Gedankenwelten der beiden und erlebt auch verschiedene Dialoge sowie charakterexklusive Zwischensequenzen, jedoch hätten wir einen anderen Weg spannender gefunden. Wenn wir erst beide Kampagnen abschließen müssten, um wirklich das große Ganze der Geschichte und ihrer Geheimnisse zu verstehen, wäre neben mehr Abwechslung auch der Wiederspielwert noch deutlich höher gewesen. Immerhin gibt es neben dem standartmäßigen Ende auch ein geheimes Ende und in jedem der Kampagnen zusätzlich ein schlechtes Ende, sodass ein neuer Durchlauf dennoch Sinn macht.
Zwischen Rätseln und Türen in andere Welten
Sobald ihr in die Schuhe von Emily oder Edward geschlüpft seid, geht es an die Erkundung des Anwesens. Naja, nicht ganz, denn Alone in the Dark bietet eine recht geradlinige Erzählung mit wenig Raum für freie Entscheidungen und lange Erkundungstouren. Wer sich darauf gefreut hat, sollte also lieber die Erwartungen etwas zurückschrauben. Wir persönlich fanden das aber eine nette Abwechslung zu der schieren Masse an Titeln, in denen mehr Zeit in Exploration als in die Story gelegt wird und waren ziemlich erleichtert, uns nicht immer an drölfzig To-Dos langhangeln zu müssen.
Doch zurück zum eigentlichen Thema, denn Alone in the Dark lebt natürlich nicht von der Erkundung. Stattdessen steht eine Mischung aus Oldschool-Horror und Action-Adventure im Vordergrund, die euch stets auf Trab hält. In der Third-Person-Perspektive müsst ihr dabei immer wieder Rätsel lösen, um voranzukommen. Dafür findet ihr – meist in der näheren Umgebung – Hinweise und müsst euch durch Krankenakten, Zeitungen sowie Briefe wühlen, um Schlosskombinationen herauszufinden.
Gerade diese Rätsel stellen eine der Stärken von Alone in the Dark dar. Zwar können sie an ein oder anderer Stelle durchaus mal das Hirnschmalz ordentlich in Wallung bringen, überfordern dabei aber nicht. Zusätzlich entdeckt ihr dabei auch Geheimnisse der Patienten und des Anwesens, die übernatürliche Ereignisse gar nicht mal so unwahrscheinlich klingen lassen. Je länger ihr euch dabei in Derceto Manor aufhaltet, desto verzerrter wird die Wirklichkeit.
So können Türen, Fenster oder die Launen des heimgesuchten Anwesens euch mal eben in die Erinnerungen des Onkels verfrachten, in denen ihr euch nicht nur plötzlich an nebligen Orten wie abgelegenen Dörfern mit brennendem Bohrturm wiederfindet, sondern auch diversen Gefahren gegenübersteht. Insgesamt wird die Realität immer verworrener, bis ihr euch irgendwann fragt, was eigentlich noch real und was dem aufsteigenden Wahnsinn geschuldet ist.
Nach und nach fängt euer Charakter nicht nur an, langsam am eigenen Verstand zu zweifeln, sondern muss sich ganz nebenbei auch noch mit seinen inneren Dämonen auseinandersetzen. Und die verzerrten Wesen, die sich auf einmal auf euch stürzen wie auf ein Frühstücksbuffet, sind dabei alles andere als hilfreich.
Im Kampf mit Biestern so schrecklich wie das Waffenhandling selbst
Generell begegnen euch im Spielverlauf verschiedene Gegnertypen, die durch ihre groteske Erscheinung einen bleibenden Eindruck hinterlassen und natürlich nichts anderes im Sinn haben, als euch loszuwerden. Insgesamt gibt es dabei nur wenige verschiedene Gegnertypen, die sich ab einem gewissen Punkt im Spiel immer wiederholen, dabei aber immerhin an Stärke gewinnen.
Um im Spiel voranzukommen, müsst ihr die mutantenartigen Wesen abknallen oder mit gefundenen Waffen zerkloppen. Dafür steht euch von Beginn an eine Pistole zur Verfügung, aber auch mit Schrotflinten und Maschinengewehre könnt ihr einen Kugelhagel auf sie loslassen. Und das ist keine Übertreibung, denn im Gegensatz zu Ablegern der Resident Evil-Reihe findet ihr an jeder Ecke Munition, die euch auch nie wirklich ausgeht. Einerseits erleichtert das natürlich den Fokus auf das eigentliche Geschehen, da ihr nicht dauernd die Munition im Blick haben müsst, auf der anderen Seite geht dadurch natürlich auch ein wenig das beklemmende Gefühl der Angst verloren, plötzlich hilflos ohne Waffe vor einem Monster zu stehen.
Sich seiner Unterlegenheit bewusst zu werden spielt bei Horror sicherlich eine große Rolle, doch wenn das schon nicht durch Ressourcenknappheit verursacht wird, dann doch wenigstens durch ein absolut klobiges Kampfsystem! Das klingt mindestens so nervig, wie es sich am Ende auch spielt, denn jedes Mal, wenn wir von irgendwelchen Viechern überrannt wurden, hatten wir mehr mit der Steuerung zu kämpfen als mit ihnen. Klar, Alone in the Dark versucht den Charme vergangener Horrorspiele einzufangen und zu servieren, allerdings kann es an dieser Stelle einfach kein Trinkgeld dafür verlangen.
Besonders auf der Konsole war es einfach grausam, mit den Joysticks zu zielen und zu treffen. Vielleicht haben wir uns dabei auch nicht immer wie wahre Meister angestellt, allerdings fühlte sich die Bedienung der Waffen einfach grobschlächtig an und ließ viele Treffer mit Nah- und Fernkampfwaffen ins Nichts gehen. Wir haben am Ende auch die Schwierigkeit auf Leicht gestellt, da unserer Meinung nach der Fokus bei Alone in the Dark nicht auf actionreichen Ballereien liegen sollte, sondern mehr auf der Handlung, den Rätseln und der unheimlichen Atmosphäre.
Gruselstimmung und prominente Besetzung
Alone in the Dark will aber mehr sein als nur eine Mischung aus Rätseln, gruseligen Monstern und nervigen Kampfeinlagen. Ganz im Fokus stehen besonders der Oldschool-Horror und die Geschichte, die sich zwar recht linear, aber erstaunlich spannend erzählt. So erfahrt ihr im Verlauf eurer Reise durch Derceto Manor und die Gedankenwelten des verschwundenen Onkels immer mehr über die seltsamen Vorkommnisse und besonders den Schattenmann, der dort sein Unwesen treibt.
Durch die fragwürdigen Bewohner des Ortes, das unglaublich gut inszenierte Setting im düsteren Anwesen und die nicht überragenden, aber durchaus überzeugenden Dialoge der beiden Protagonisten entsteht eine glaubhafte Atmosphäre im Spiel. Durch knarzende Geräusche, den heulenden Wind und einen subtilen Soundtrack, der in jeder Situation eine angemessene Angespanntheit vermittelt, wurden wir durchweg von einem beklemmenden Gefühl begleitet.
Auch die Vertonung der Figuren kann sich hören lassen. Sowohl im Original, in dem die Schauspieler Jody Comer (“Free Guy”) und David Harbour (“Stranger Things”) die Rollen der Protagonisten übernehmen, sondern auch in der deutschen Version waren die Stimmen sehr authentisch. Zusätzlich sind sämtliche Schriftstücke vertont und werden in einer geheimnisvollen Art und Weise vorgelesen, die sich perfekt in die Welt einfügt.
Fazit
Insgesamt schafft Alone in the Dark es, dank schauerlicher Atmosphäre, fordernden Rätseln und einer plausiblen Geschichte, euch einige kurzweilige Spielstunden zu verschaffen. Leider trüben die wankelmütige Kampfsteuerung und die nicht parallel verlaufenden Kampagnen den guten Eindruck etwas, sodass nicht jeder mit dem Titel glücklich werden könnte. Diejenigen unter euch, die viel in neueren Titeln des Genres unterwegs sind und nach Alan Wake 2 und Resident Evil auf einen spieltechnisch ebenbürtigen Alone in the Dark-Ableger gehofft haben, könnten enttäuscht werden.
Trotzdem solltet ihr einen Blick in die Geheimnisse von Derceto Manor werfen, wenn ihr Bock auf eine Spielerfahrung Abseits der ganzen Open World, Shooter und mehr als aufwühlenden Horrorgames habt. Denn Alone in the Dark mag zwar technisch noch Luft nach oben haben, liefert aber eine spannende Geschichte, in die wir uns gerne vertieft haben.
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