Albtraum im Traumhaus? – Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt Kritik

Der Keller ist da, wo das Böse wohnt.

Zuhause ist dort, wo man sich in sicherer Geborgenheit entspannen und dem Stress des Alltags endlich mal entkommen kann. Wenn sich jedoch unerwünschte Mitbewohner und finstere Familiengeheimnisse langsam an die Oberfläche wagen, kann aus dem heimischen Frieden schnell eine grauenhafte Tortur werden. Das beweisen auch Constantin Film in Kooperation mit Viafilm, die im Horror-Thriller HOME SWEET HOME – Wo das Böse wohnt nicht nur mit einer außergewöhnlichen Produktionstechnik experimentiert haben, sondern auch zeigen, dass geliebte Menschen nicht immer die sind, für die man sie hält. Ab dem 25. Januar könnt ihr euch im Kino zwar selbst davon überzeugen, dennoch habe ich es mir vorab schon mal im Saal bequem gemacht und einen ersten Blick auf das deutsche Horror-Spektakel geworfen.

Traumhaus oder Albtraum?

Geheimnisse sind da, wo das Böse wohnt

Eigentlich schien alles perfekt zu sein, als die hochschwangere Maria (Nilam Farooq) zusammen mit ihrem Verlobten Viktor (David Kross) in das alte Landhaus seiner Familie zieht. Allerdings hält diese Freude nicht lange an, denn kaum muss sie dort einen Abend alleine verbringen, passieren die merkwürdigsten Dinge. Der Strom fällt aus, seltsame Geräusche kommen aus dem Keller und weil Viktor länger arbeiten muss, geht sie den Ereignissen eigenständig auf den Grund. Mit dem Reparieren der durchgebrannten Sicherung bringt Maria allerdings nicht nur das Licht wieder zum Vorschein, sondern auch die verstörenden Geheimnisse der Familie ihres Verlobten.

Ab diesem Moment ist sie sich sicher – sie bildet sich nicht nur ein, dass hier etwas gewaltig schief läuft. Wo das Böse wohnt, sollte man möglichst wenig Zeit verbringen, weshalb Maria zügig versucht, abzuhauen. Bei ihrem Fluchtversuch  stellt sich ihr allerdings nicht nur eine übernatürliche Kraft in den Weg, sondern auch die plötzlich einsetzenden Wehen. Ein Kampf um Leben und Tod beginnt, aus dem ein Entkommen fast unmöglich scheint.

Wer jetzt denkt, dass der Plot schon eher nach 0815 Horror-Klischee klingt, hat grundsätzlich erstmal nicht unrecht. Allerdings sorgt insbesondere die Gestaltung als One-Shot dafür, dass das typische Poltern im Keller und Salzkreise als Geisterschutz doch wieder interessant wirken.

Ein Film ganz ohne Schnitt

Als ich gesehen habe, dass es sich bei  HOME SWEET HOME – Wo das Böse wohnt um einen One-Shot-Film handeln soll, war ich zunächst skeptisch. Wer mit dem Begriff nichts anfangen kann – One-Shot Filme sind solche, die in einem Rutsch gedreht wurden und auch ohne Schnitt zwischen einzelnen Szenen auskommen. Ob es in diesem Fall aber wirklich keinen Schnitt gab, war für mich mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Grundsätzlich fand ich, dass das Ganze authentisch wirkte und ziemlich gut umgesetzt war.

Dadurch, dass Maria stets in Sichtweite der Kamera war und nie offensichtlich zwischen Zeiten oder Orten gesprungen wurde, hat der Film meiner Meinung nach einen sehr realistischen Charakter bekommen. Alles wirkte – den abstrusen Umständen entsprechend – ziemlich real, als wäre ich wirklich an Marias Seite gewesen. Entsprechend groß war auch das aufkommende Unbehagen und das beklemmende Gefühl, dass ich nichts tun konnte außer zuzuschauen und mich zu fragen, wie ich wohl gehandelt hätte.

Düstere Geheimnisse liegen auf der Familie ihres Verlobten.

Subtiler Realismus, der unter die Haut geht

Lobenswert ist aber auch die schauspielerische Leistung der Hauptdarstellerin Nilam Farooq (bekannt aus Contra), die aus Maria eine absolut gewöhnliche Frau gemacht hat. Versteht mich nicht falsch, in diesem Fall ist gewöhnlich nämlich etwas gutes. So wird sie nicht als extrem naives Dummchen oder alles vorausschauende Besserwisserin dargestellt, die jede Gefahr kommen sieht, wie man sie sonst aus Horrorfilmen kennt. Nein, hier wurde eine durchschnittliche Protagonistin wie Du und Ich zum Leben erweckt, die zwar an manchen Stellen etwas Böses vermutet, sich jedoch auch einredet, dass das alles nur ihre Fantasie sei und nicht real sein kann – also genau das, was vermutlich die meisten von uns auch tun würden.

Nebenbei am Smartphone daddeln und ihrer Freundin schreiben, panisch werden und im richtigen Moment dann doch die Fassung verlieren, macht aus der eigentlich fiktionalen Figur einen ziemlich realen Mensch. Klar, ein Großteil davon mag zwar auf das Drehbuch zurückzuführen sein, aber das gekonnt umzusetzen ist durchaus eine bemerkenswerte Leistung.

Ebenfalls loben sollte ich den Einsatz von Soundeffekten und Musik, denn damit wurde im genau richtigen Maß gespart. Lasst es daran liegen, dass mein Fokus eher auf der Handlung und den Figuren lag, jedoch kann ich mich nicht daran erinnern, während des Films von sinnlosem Hintergrundgedudel abgelenkt worden zu sein – und das ist auch gut so! Zwar schafft ein gelungener Soundtrack es durchaus, für noch mehr Spannung als auf Stromleitungen zu sorgen, aber das kann manchmal auch ziemlich nach hinten losgehen. Und durch die musikalische Stille an den meisten Stellen wirkten Soundeffekte und doch mal dramatisch angehauchte Melodien umso bedeutungsvoller.

Kleine Schwächen, große Fragezeichen

Obwohl HOME SWEET HOME – Wo das Böse wohnt bislang recht vielversprechend war und mich durchaus abgeholt hat, gab es dann doch leider ein paar Stellen, die mich ratlos zurückgelassen haben. Beispielsweise ist die Erzählung an sich zwar schlüssig und macht in ihrer eigenen Welt auch Sinn, allerdings gibt es manchmal kleine Ausreißer von der Logik. Auch handeln einige der Figuren manchmal sehr fragwürdig und scheinbar ohne Sinn, wo ich mich gefragt habe, wie das gerechtfertigt sein soll. Klar könnte man sagen, dass die Angst oder der Überlebenswille für ein überstürztes beziehungsweise „spontanes“ Handeln gesorgt hat, aber dafür waren die betroffenen Charaktere einfach viel zu ruhig und selbstbestimmt unterwegs.

Apropos Angst, die kam bei mir als Zuschauerin leider auch nicht so richtig auf, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Vielleicht bin ich einfach gruseligere Unterhaltungsmedien gewohnt und habe mir durch Genrevertreter wie The Nun 2 oder REC schon eine ziemlich hohe Horror-Toleranz aufgebaut, aber man darf auch nicht vergessen, dass HOME SWEET HOME – Wo das Böse wohnt auch „nur“ eine Jugendfreigabe ab 16 Jahren hat. Es warten also keine krassen Jumpscares (nur kleinere), furchteinflößende Monster oder emotional zerstörende Plot-Twists auf euch, richtig wohl oder gar „sicher“ habe ich mich beim Schauen aber auch nicht gefühlt.

Fazit zu HOME SWEET HOME – Wo das Böse wohnt

Insgesamt sorgt HOME SWEET HOME – Wo das Böse wohnt zwar nicht für ein spektakuläres Horror-Schocker Erlebnis wie ich es von anderen Filmen gewohnt bin, aber durch One-Shot, Sounddesign und dem abgelegenen Schauplatz irgendwo in Deutschland fühlte sich das Ganze dermaßen echt an, dass mir trotzdem immer wieder ein Schauer über den Rücken lief. Einfach der Gedanke, dass solche Ereignisse real sein und sogar hier passieren KÖNNTEN, war mal eine neue Art der Angst, die ich als erfrischend anders empfunden habe.  Auch die ewige Frage danach, wo das Böse wohnt und ob es sich nicht als etwas tarnt, dem man vertraut, hat mich den ganzen Film hindurch begleitet.

Eingefleischte Horror-Enthusiasten werden vermutlich weniger Spaß mit diesem Streifen haben, aber wer offen für etwas Neues ist und sich auf eine andere Perspektive einlassen kann, sollte sich die knapp 90 Minuten Horror-Thriller auf jeden Fall gönnen. Ich habe es definitiv genossen und werde künftig immer die Keller checken, bevor ich irgendwo einziehe.

Hier der Trailer zum Film:

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