Ein kleines Dorf voller ländlichem Charme beherbergt mehr als nur gewöhnliche Menschen. In eurem Amt als Physikatsberichtersteller begebt ihr euch auf eine Reise in die unscheinbare Dorfidylle, um dort Daten zu erheben und den Viehbestand zu überprüfen. Doch ein Todesfall macht euch einen Strich durch die Rechnung und verwickelt euch in die Geheimnisse, die hinter den Fassaden des Dorfes lauern. Wie reibungslos die Ermittlungen in A Bavarian Tale: Totgeschwiegen ablaufen und wie lohnend die Reise ist, haben wir für euch herausgefunden.
Key-Facts im Überblick
- Erscheinungsdatum: 02.02.2023
- Publisher: Active Fungus Studios
- Entwickler: Active Fungus Studios
- Plattform: Steam
- Preis: 14,99 Euro
Eine Geschichte voller Rätsel
Wir schreiben das Jahr 1866. Kurz nach dem Ende des Krieges zwischen Österreich und Preußen findet ihr euch in der Rolle von Valentin Schmidt wieder, welcher sich gerade auf den Weg ins ländliche Wolpertshofen in Oberbayern macht. Als Physikatsberichtersteller ist es eure Aufgabe, alles über die Dorfbewohner, sowie die wirtschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse herauszufinden und zu dokumentieren. Kaum seid ihr angekommen, steht ihr jedoch einem tragischen Todesfall, einer Auseinandersetzung zwischen den Bürgern und diversen Überfällen einer sehr aktiven Räuberbande gegenüber. Um eurer Arbeit also nachkommen zu können, müsst ihr euch wohl oder übel zuerst um die Menschen kümmern, die sich mal mehr, mal weniger über eure Einmischungen freuen.
Der Weg zum Erfolg? Persönliche Weiterentwicklung
In der neu gewonnenen Rolle als Möchtegern-Ermittler gilt es, Hinweise zu sammeln und herauszufinden, wie es zum Tod des Anwohners Lenz Glas kommen konnte. Dabei essenziell ist das Sprechen mit den verschiedenen Leuten, die ihr in den ansprechend gestalteten Dialogszenen dazu überreden müsst, euch wichtige Informationen anzuvertrauen. So gibt es in Gesprächen verschiedene Mechaniken, die euch die Informationsbeschaffung manchmal gar nicht so leicht machen.
Neben dem Erfüllen von Aufgaben und Gefallen in A Bavarian Tale: Totgeschwiegen gibt es noch Skillchecks, welche ein wenig Würfelglück erfordern. Um diese bestehen zu können, ist es manchmal unerlässlich, seine eigenen Fertigkeiten aufzuwerten. Im Spielverlauf erhaltet ihr dafür immer wieder Skillpunkte, die ihr verteilen könnt. Zu Leveln gibt es insgesamt sieben Skills: Ausstrahlung, Empathie, Bauchgefühl, Scharfsinn, Wendigkeit, Geschicklichkeit und Physis. Sie alle bieten auch in anderen Situationen gewisse Vorteile und können zusätzlich durch Booster beeinflusst werden. Beispielsweise trägt Bier, wie wir alle ja sicher wissen, deutlich zur Stärke bei und kann in der richtigen Menge sogar einen Hulk aus uns machen und die Physis mit „+3“ pro Bier ins Unermessliche steigern.
Allerdings gehen manchmal auch negative Effekte mit dem Konsum bestimmter Güter einher. Bleiben wir beim Bier-Beispiel, denn da bekommt ihr pro getrunkenem Krug „-2“ auf Ausstrahlung. Rechnet man mal mit 40 Bier, die getrunken werden, können Summen wie „+120“ Physis und „-80“ Ausstrahlung zusammenkommen. Das kann hilfreich sein, aber an anderen Stellen bei Skillchecks auch problematisch werden.
Spiel um den Sieg
Habt ihr eure Skills gelevelt und seid in einer Situation, die euch vor einen Skillcheck stellt, geht es an die Würfel. Die an Pen & Paper angelehnte Mechanik arbeitet eng mit dem Leveln eurer eigenen Fertigkeiten zusammen, denn wenn ihr mal zu niedrig würfelt, könnt ihr den Missstand mit euren Skillpunkten wieder ausgleichen. Einerseits legt das Würfeln um den Erfolg einen gewissen Glückspiel-Faktor an den Tag, da der Einfluss der Skills und Booster auf einige sehr schwierige Würfeleien kaum etwas gebracht hat. Andererseits bekommt A Bavarian Tale: Totgeschwiegen dadurch einen schmeichelhaften Charme, der den Rollenspiel-Faktor auf eine ganz neue Ebene hebt. Verteilt eure Punkte geschickt, verwendet Booster und macht euch bei den Leuten beliebt, um eure Erfolgsrate zu erhöhen. Und sollte es mal nicht klappen, kann man einfach einen vorher angelegten Spielstand neu laden und sein Glück erneut versuchen.
In Dialogen von A Bavarian Tale: Totgeschwiegen passiert es zudem manchmal, dass ihr euch für eine Antwort entscheiden müsst und diese nicht immer auf Verständnis treffen. Ihr habt dann die Wahl zwischen witzigen, klugen oder sehr direkten Antworten. Jeder Mensch ist anders und so können humorvolle Reaktionen in einer Witzelei enden, oder als pure Verarschung aufgefasst werden. Je nachdem, wie hoch eure Fertigkeitslevel sind, könnt ihr immerhin negative Reaktionen ausgleichen, gefallen werden falsche Antworten dann trotzdem noch nicht. Versetzt euch also in die Lage und Persönlichkeit eures Gegenübers und findet heraus, was für ein Typ Mensch sie sind.
Vom Looten und Craften
Ihr werdet immer wieder Objekte finden und diese in eurem Inventar ansammeln. Glücklicherweise gibt es kein Limit, sodass ihr euch die Taschen problemlos vollstopfen könnt. Allerdings gibt es innerhalb des Inventars keine Ordnung. Ihr könnt euer Hab und Gut zwar beispielsweise nach Alphabet sortieren, doch das war es dann auch schon. Wir persönlich vermissen Kategorien wie „Nahrung“, „Materialien“, „Dokumente“ oder Ähnliches, da der Überblick schnell verloren gehen kann.
Ebenfalls findet ihr Rezepte, die in einer Rezeptsammlung gespeichert werden. Die Rezeptsammlung ist im Journal jedoch kein eigener Reiter, sondern ebenfalls ein Objekt irgendwo im Inventar. Das macht die Suche nach einem Rezept zum Herstellen fummelig und lästig.
Wozu überhaupt Craften? Um eure Booster oder wichtige Gegenstände herzustellen natürlich! Wenn ihr Effekten erlegen seid und beispielsweise stinkt wie die Pest, braucht ihr Seife. Die müsst ihr selbst herstellen, da diese eher selten gefunden werden kann. Aber auch Sets zum Schlösserknacken oder andere Booster lassen sich so einfach craften. Die nötigen Materialien findet ihr überall im Dorf und drumherum.
Weckt den Detektiv in euch
Da ihr nun als eine Art Ermittler unterwegs seid, müsst ihr all eure Fertigkeiten nutzen, um den Fall zu lösen. Wie ein richtiger Detektiv nutzt ihr euren Spürsinn, um Hinweise und wichtige Objekte in eurer nahen Umgebung zu lokalisieren. Euer Fokus verengt sich auf einen vorgegeben Kreis um euch herum und Gegenstände werden durch ein grünes Licht sichtbar. Findet und markiert diese, um sie beim Verlassen der Spürsinn-Ansicht schnell einzusammeln. Dabei müsst ihr nur auf eure Ausdauerleiste achten, denn die leert sich mit jedem markierten Objekt, kann aber mit Brezeln wieder aufgefüllt werden. Auch an den Zoom innerhalb der Sicht müsst ihr euch gewöhnen, denn der ist nicht nur langsam, sondern auch sehr stark, sodass das Umschauen manchmal fummelig wird.
Auch Texte können wichtige Informationen enthalten. Sobald ihr diese dann genauer untersucht, könnt ihr die Einträge dazu im Journal nachlesen. Je nach Hinweis werden diese den entsprechenden Dorfbewohnern zugeordnet und können euch in Gesprächen weiterhelfen. Findet ihr beispielsweise einen Vers, der wichtig scheint, wird dieser als Hinweis beim Lehrer vermerkt.
A Bavarian Tale: Totgeschwiegen zeigt Charakter
Nicht nur die Mechaniken für den Fortschritt sind vielseitig und abwechslungsreich, sondern auch die Menschen im Ort überraschen uns häufig. Neben Informationen zum ungeklärten Todesfall bringt ihr auch immer wieder schmutzige Geheimnisse zu Tage und verursacht noch mehr Trubel in A Bavarian Tale: Totgeschwiegen. Während ihr immer mehr eure eigentliche Aufgabe des Berichterstellens aus den Augen verliert, entführen euch die Nebenquests die Welt der Affären und illegalen Aktivitäten und fordern dabei eure aktive Einmischung. Wie ihr die Situationen am Ende handhabt, ist dabei ganz euch überlassen.
Doch neben der Geheimniskrämerei zeigen die Charaktere im Spiel auch richtig Persönlichkeit. Sie alle haben ihre Geschichte und drücken in den Dialogen aus, wie sie sich fühlen. Gerade das verleiht A Bavarian Tale: Totgeschwiegen eine starke Lebendigkeit. Figuren, die nicht immer zu allem „Ja!“ sagen und ihren Idealen treu bleiben, machen Gespräche und Quests lebendiger. Auch der Humor kommt nicht zu kurz, denn durch Gesellen, die sich mal viel zu ernst nehmen und mal mit den Späßen über die Stränge schlagen, kitzeln gerne mal ein Lachen aus uns hervor.
Zwischen Freund und Feind
Da es in Wolpertshofen nicht nur ein kürzlicher Todesfall die Leute beunruhigt, sondern auch eine Räuberbande ihr Unwesen treibt, laufen überall in der Stadt Wachen und uns feindlich gesinnte Männer rum, die uns bei Sichtkontakt aufmischen wollen. In diesen Fällen habt ihr mehrere Optionen. Entweder bewegt ihr euch schleichend auf die Gegner zu und schaltet sie lautlos von hinten aus, ihr versteckt euch in Büschen und schleicht euch vorbei oder ihr geht den direkten Weg. Wechselt in die Kampfhaltung, weicht aus und prügelt eure Opponenten in die Bewusstlosigkeit.
Während die Feindseligkeit der Wachen Abwechslung ins Gameplay bringt, ließ uns dennoch dieses Gefühl der Verwirrung nicht mehr los. Wie kann es sein, dass wir mehrfach Menschen temporär aus dem Leben hauen, und das niemanden weiter interessiert? Die Anwohner nehmen das Ausschalten der Wachen nicht wahr und unserem Ansehen schadet das auch nicht. Dazu kommt, dass diese „bösen Wachen“ teilweise sogar auf den Höfen helfen, Holz hacken oder Felder bewirtschaften.
Laut Hörensagen wollen sie das Dort vor Fremden und potenziellen Bandenmitgliedern schützen, was gewissermaßen auch unsere Intention ist. Auf der einen Seite sind wir zwar keinen Deut besser als die Banditen und verdienen die Prügel nach unseren Diebstählen und Kämpfen in A Bavarian Tale: Totgeschwiegen wohl. Andererseits wollen wir den Anwohnern keinen Schaden und helfen sogar beim Lösen des Todesfalles. Uns ist einfach nicht ganz klar, auf welcher Seite die Wachen stehen. Zudem werden alle Gegner als „Lamperl“ bezeichnet , wodurch auch nicht immer deutlich ist, wann es sich um Wachen und wann um Räuber handelt. Hier besteht noch etwas Verbesserungsbedarf, was die Logik und den Grund der Kämpfe angeht.
Ein Märchen von Grafik und Performance
So schön die Interaktionen auch sind, die inneren Werte sind nicht alles, was zählt. So ist die Optik des Spiels zwar grundsätzlich passend und auch schön umgesetzt, jedoch lange nicht perfekt. Neben immer wieder nachladenden Objekten, die nicht richtig rendern wollen und Figuren, die mit ihren Körperproportionen teilweise eher ins Krankenhaus als ins Wirtshaus gehören, gibt es leider auch kaum Möglichkeiten, die Grafikeinstellungen zu ändern. Zwar gibt es Regler, mit denen ihr die Basics wie Schatten und Objektqualität zwischen drei Stufen variieren könnt, doch das reicht nicht, um die optischen Probleme zu beheben.
Auch die Performance von A Bavarian Tale: Totgeschwiegen leidet erheblich unter einer nicht gänzlich ausgereiften Umsetzung des Spiels. Während 60 FPS als Maximum festgelegt sind, kommt es immer wieder zu Frame Drops, die zu Mikrorucklern führen. Wenn die FPS für wenige Sekunden auf 40 absinken und das Spiel kurzzeitig ruckelt, ist das im Spielfluss störend. Auch das Heruntersetzen der Grafik hilf da nicht. Bedenkt man die empfohlenen Anforderungen an den PC, die eine 2070 Super und einen AMD 3600X voraussetzen, ließ uns die schwache Performance auf einer RTX 3080 und einem Ryzen 5600X manchmal Zähneknirschend zurück.
Auch Ladezeiten sind länger, als wie es sich manch einer Wünschen würde. Startet ihr einen Spielstand, egal, wie lange das Speichern her ist, dauert das Laden eine kleine Ewigkeit.
Solltet ihr im besitz eines Steam Decks sein, müssen wir euch an dieser Stelle leider enttäuschen. Das Spiel kann zwar auf dem portablen PC gestartet werden, allerdings werden Tasteneingaben nicht erkannt und ihr müsstet euch mit dem Touchpad irgendwie da durchmanövrieren.
Ein Werk der Liebe
Trotz der Probleme, die A Bavarian Tale: Totgeschwiegen zum Start hat, ist nicht alles schlecht. Neben der großartigen Geschichte, die euren Spürsinn und eure Neugier fordern, ist das generelle Design des Spiels und sämtlicher Interfaces absolut überzeugend. Illustrationen, die immer wieder ihren Weg in die Dialoge und das Journal finden, sind thematisch passend und unterstreichen die Atmosphäre des Spiels.
Die Schrift erinnert mit ihren Schnörkeln und anmutigen Buchstaben an das, was wir im 19. Jahrhundert erwarten würden. Die 3D-Grafik hat zwar ihre Mängel, ist anderweitig aber vernünftig gestaltet und erweckt die Geschichte zum Leben. Die Spielewelt schreit danach, erkundet zu werden und mit allem zu interagieren, was geht. Es macht Spaß, die Gegend zu erkunden und dem Plätschern des Wasser zu lauschen.
Solltet ihr in A Bavarian Tale: Totgeschwiegen Bugs begegnen, die den Spielfortschritt beeinflussen oder euch schlichtweg komisch erscheinen, könnt ihr jederzeit mit „F6“ ein Feedback-Formular aufrufen und euren Fund direkt an die Entwickler weitergebn. Das zeigt, dass ihnen ihr Projekt wirklich am Herzen liegt und sie stets daran arbeiten, es zu verbessern. Auch die regelmäßigen und bislang zahlreichen Updates bestärken diesen Eindruck nochmals.
Die Stimme machts
Und wenn wir schonmal bei wohltuenden Klängen sind, kann sich das Highlight des Spiels absolut hören lassen – die bayrische Sprachausgabe. Jede Figur, mit der ihr ins Gespräch kommen könnt, hat ihre eigene Stimme mit exquisitem bayrischen Dialekt. Und wenn ihr wie wir manchmal Probleme damit habt, den Dialekt zu verstehen, dann könnt ihr beruhigt aufatmen. Alle gesprochenen Dialoge werden auch in schriftlicher Form dargestellt. Wir waren jedenfalls davon begeistert, wie schön die Stimmen den Figuren Leben eingehaucht haben.
Allerdings gibt es immer mal wieder Probleme in der Balance des Tons. Geräusche wie Schritte oder raschelndes Gras sind teils extrem laut, während die Musik sehr leise im Hintergrund vor sich hin dudelt. Das kann man weitestgehend in den Einstellungen anpassen. Leider ist aber auch die Stimmausgabe in A Bavarian Tale: Totgeschwiegen alles andere als ausgeglichen. Wechselt das Gespräch vom normalen Dialog in eine längere Erzählung, wo dann auch alles von Illustrationen begleitet wird, schwankt die Lautstärke der Stimme ebenfalls. War die Lautstärke zuvor nicht auffällig, wird die Stimme dann auf einmal lauter oder leiser und wechselt im Anschluss wieder auf die Ausgangslautstärke zurück. Das macht sich bemerkbar und reißt uns für einen Moment aus dem Spielfluss heraus.
Ansonsten unser stetiger Begleiter die Musik, die sich auch an bestimmte Situationen anpasst. Im Kampf, in tatsächlich bedrohlichen Situationen oder im Dorf, alles wird vom passenden Track untermalt und baut Atmosphäre auf.
Fazit
Schlussendlich können wir sagen, dass A Bavarian Tale: Totgeschwiegen ein Werk voller Persönlichkeit ist, welches besonders durch seine Vertonung und die lebendige Geschichte zum Meisterwerk wird. Jedoch gibt es noch einige Probleme, die mal mehr, mal weniger tragisch sind, aber zumindest in unserem Fall die Performance maßgeblich beeinflusst haben. Das ist schade, da wir uns ansonsten vollkommen in der Handlung und Ermittlung des Spiels verlieren konnten. Dennoch ist das Spiel mit gerade einmal 15 Euro eine Empfehlung wert. Und falls ihr noch mehr Krimi in eurem Leben braucht, lohnt sich auch ein Blick auf echoes: Mord auf Ex.