Dead Rising 4 bei uns im Test

Kopf aus, Kettensäge an. Obwohl Dead Rising 4 mittlerweile ganz offiziell in Deutschland erhältlich ist, fragen wir uns, ob sich die mühseligen Verfahren bis zur endgültigen USK-Freigabe überhaupt gelohnt haben. Von alten Bekannten und neuen Problemen – unser Test zum spaßigen Zombie-Splatterfest auf der Xbox One.

Alles auf Anfang

Für das Setting setzt Dead Rising 4 auf bekannte Stärken. Uns verschlägt es einmal mehr in das beschauliche Willamette, das bereits als Schauplatz für die überaus beliebten Anfänge der Serie hergehalten hat. Auch Frank West ist wieder mit von der Partie und so dürfen wir an seiner Seite einen erneuten Abstecher in das von Untoten geplagte, amerikanische Kleinstädtchen wagen. Allerdings nicht ohne Grund, denn der charismatische Fotojournalist mit Krisengebietserfahrung wittert hier schon die nächste Exklusivstory, in die wir tatsächlich etwas unfreiwillig geraten.

Die mittelgroße, aber immerhin offene Spielwelt überzeugt dabei mit seinem mehrstöckigen Einkaufszentrum, das einige satirische Seitenhiebe in Richtung der hirnverbrannten Schnäppchenjagd am Black Friday bereithält und die vorweihnachtliche Kulisse hervorragend transportiert. Ganz ohne Kritik kommt das kurzlebige Setting aber nicht aus. Zum weltweiten Release im vergangenen Dezember, mag die virtuelle Weihnachtsdekoration sicher noch gut gepasst haben, den Titel bei steigenden Außentemperaturen zu spielen wirkt jedoch schon etwas fremdartig. Aber wie sagt man so schön? Nach Weihnachten ist vor Weihnachten. Und ein wenig Kitsch und Überdruss geht doch auch im Frühling.

Viel Hohoho, wenig Hahaha

Apropos. Nach wie vor nimmt sich Dead Rising 4 selbst nicht allzu ernst. Die Story um das Aufdecken einer weiteren Zombieplage ist gespickt mit völlig überzogenem Slapstick-Humor, bizarren Charakteren und Dialogen, die vor Sarkasmus nur so triefen. Das ist sicher kein Novum innerhalb der Serie, trotzdem rutscht das erzählerische Niveau gerne mal unangenehm tief. So wird aus dem angedachten Klamauk eines Evil Dead, schnell der unfreiwillige Witz alberner Teeny-Komödien, woran die teilweise leicht überambitionierte deutsche Synchronisation nicht ganz unschuldig zu sein scheint.

Umso erstaunlicher, dass einige Entscheidungen im Spielverlauf dann doch ein moralisches Motiv aufgedrückt bekommen und der sonst so zynische Frank plötzlich über Ethik schwadroniert. Kindisch, wenig mitreißend und irgendwie überholt, kann die Story von Dead Rising 4 nicht mal mehr mit einer trashigen B Movie-Produktion mithalten. Denn leider wird die vorherrschende Absurdität während der kompletten Hauptgeschichte durch nichts ausgeglichen, das auch nur annähernd nachvollziehbar oder gar glaubwürdig wirkt. Mit sieben Fällen / Kapiteln und einer nicht deutlich höheren Spielzeit, fällt die Kampagne diesmal außerdem überraschend knapp aus. Schade drum. Da hatte die Serie schon weitaus bessere Momente zu bieten.

Kreativer Wunschzettel

Während uns die Handlung also völlig kalt lässt, schafft es zumindest das Spielgeschehen unser Blut buchstäblich in Wallung zu bringen. Wie schon in den Vorgängern, schnetzeln und schießen wir uns in blutig-befriedigender Hack’n’Slay-Manier durch ganze Horden von Zombies oder bedienen uns weitaus kreativerer Methoden, um den Untoten ein paar festliche Grüße zu hinterlassen.

Dafür stehen wieder etliche Baupläne zur Verfügung, aus denen wir völlig abgedrehte Waffen basteln. Zwar lässt sich bereits ein simpler Weihnachtskranz als Argumentationsverstärker benutzen, kombiniert mit einem elektrischen Bauteil, sorgt der aber für ein weitaus schockierenderes Erlebnis. Das aber nur als Beispiel, denn wer die Welt von Dead Rising 4 sorgfältig erkundet, findet unzählige Möglichkeiten aus harmlos wirkenden Haushaltsgeräten oder sonstigen Komponenten, tödliche Objekte herzustellen.

Zugegeben, es fühlt sich schon wahnsinnig befriedigend an, den Kombozähler in die Höhe schnellen zu lassen, während wir uns mit einem just gebastelten Feuerschwert in eine riesige Ansammlung modriger Shopping-Opfer stürzen und dabei allerlei Körperteile gen nächtlichem Sternenhimmel befördern – oh, du besinnliche Weihnachtszeit. Wirklich toppen können das nur noch explosive Wurfgeschosse wie das Klingenfeuerwerk (der Name ist definitiv Programm) oder die kreativen Fahrzeug-Kombinationen. Hier reicht die Auswahl wieder von breiten Schaufelbaggern mit integriertem Flammenwerfer, bis hin zum wendigen Buggy mit Minigun. Wer es dagegen noch morbider mag, führt Kinderfahrrad und Rasenmäher zusammen und erfreut sich an wortwörtlichen Spritztouren.

So weit, so bekannt. Zum bisherigen Inventar, gesellt sich in Dead Rising 4 aber noch der Exo-Suit hinzu. Der Ganzkörper-Anzug verleiht uns kurzzeitig Superkräfte und außerdem die Fähigkeit, riesige Flammenwerfer, Miniguns und noch größere Hieb- und Stichwaffen in den Händen zu halten. Alternativ können wir aber auch mit bloßen Feinden auf unsere Widersacher einprügeln oder Autos wie Bowlingkugeln durch die Straßen schleudern – Hulk lässt grüßen. Durch ihren zeitlich begrenzten Einsatz wirken die Exo-Suits aber niemals zu mächtig, sondern tatsächlich wie eine durchdachte, abwechslungsreiche Ergänzung zum obligatorischen Gameplay.

Kamera Obscura

In der Rolle von Frank West greifen wir aber nicht nur zum Baseballschläger oder ähnlichem Gerät. Als investigativer Journalist verfügt der gute Mann natürlich auch über eine voll funktionsfähige Kamera. Mit der untersuchen wir verdächtige Orte und fotografieren wichtige Beweise. Mit Nachtsicht- und Röntgen-Objektiv ausgestattet, erinnert diese Mechanik doch stark an die Detektiv-Abschnitte der Batman Arkham-Reihe, was der spaßigen Bilderjagd durch den Sucher aber keinen Abbruch tut.

Im Gegenteil. Abseits der hirnlosen Metzelei, bringt die Kamera frischen Wind ins Spielgeschehen und zaubert uns, dank vielseitig einsetzbarer Selfie-Funktion, auch mal ein Lächeln ins Gesicht. Nur schade, dass wir oft peinlichst genau vor einem Objekt stehen müssen, damit es als gültiges Motiv zählt. Hier hätte die Erkennung etwas großzügiger ausfallen können. Wer neben der Story noch Lust auf ein paar ausgefallene Aufnahmen hat, kann zum Beispiel besonders brutale Ereignisse festhalten und sich dabei an einem eigenständigen Bewertungssystem probieren.

Potential nach oben

Für zusätzliche Motivation sorgen die Prestige-Punkte, kurz PP. Die gibt es mit jedem Level Up oder durch das Erledigen besonderer Aufgaben im Spiel. Verdiente Punkte investieren wir in einen umfangreichen Talentbaum, der wiederum in unterschiedliche Kategorien unterteilt ist. Auf diesem Wege sorgen wir für stärkere Nahkampfangriffe, mehr Lebensenergie und Ausdauer oder eine längere Haltbarkeit der Waffen – denn sämtliche Waffen und Fahrzeuge in Dead Rising 4 sind nicht davor gefeit, nach einer bestimmten Zeit in ihre Einzelteile zu zerfallen.

Spätestens dann sollten wir uns schleunigst um Nachschub bemühen. Mal ganz abgesehen vom eigenen Leben, steht auch das einiger NPCs auf dem Spiel. Überall in Willamette treffen wir auf Überlebende, die gegen eine kleine Rettungsaktion vor zuschnappenden Kiefern sicher nichts einzuwenden hätten. Reine Nächstenliebe ist aber gewiss nicht das einzige Motiv, das uns erneut hunderte Zombies schlachten lässt, nur um ein paar potentielle Wegbegleiter aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Hier und dort entdecken wir nämlich verseuchte Bunker, die wir zuerst vom wandelnden Gammelfleisch befreien und dann mit hilfsbereiten NPCs füllen. Mit dem Leben kehrt auch ein Shop-System für Waffen, Fahrzeuge und sonstige Items in den Bunker ein, das sich sogar aufstufen lässt, um besondere Angebote freizuschalten.

Für Freunde geselliger Runden, hat es dann noch ein Koop-Modus ins Spiel geschafft, der mit speziellen Missionen und eigenem Charaktersystem für bis zu vier Spieler lockt.

Ruhige Feiertage

Keine langjährige Spieleserie ohne große Änderungen. Das dachte sich wohl auch Entwickler Capcom Vancouver, die für den vierten Hauptableger mal eben das eigentlich so markante Zeitlimit von Dead Rising gestrichen haben. Für alteingesessene Fans ein echtes No-Go, für Neueinsteiger aber eine tolle Möglichkeit, die Spielwelt ganz ohne zeitlichen Druck kennenzulernen. Trotzdem schade um dieses hervorstechende Feature.

Wo wir gerade beim Thema sind, Dead Rising 4 ist, gegenüber seinen Vorgängern, spürbar einfacher geworden. Bis auf die letzten beiden Schwierigkeitsgrade, die mittlerweile per DLC nachgereicht wurden, geraten wir nur selten in Bedrängnis. Waffen haben eine längere Haltbarkeit, heilende Nahrung findet sich an jeder Ecke im Spiel und falls doch mal etwas schief läuft, ist der letzte (automatisch gesetzte) Checkpoint garantiert nicht weit. Kombowaffen basteln wir nun bequem im Vorbeigehen zusammen, müssen dafür also keine Werkbank mehr aufsuchen.

Das mag ja alles noch zu verkraften sein, doch darüber hinaus hat es sich Capcom auch nicht nehmen lassen, die charakteristischen Psychopathen vom festlichen Geschehen auszuschließen. Wehmütig denken wir an die überaus toll geschriebene Begegnung mit dem Einzeller Ted und seinem Tiger Snowflake zurück und können auch die total geisteskranke Biker Gang aus dem dritten Teil nicht ganz vergessen. Zwar gibt es die Psychopathen auch in Dead Rising 4, allerdings sind die nur noch ein Schatten ihrer selbst. Den überzogenen Gemütern fehlt es eindeutig an kreativen Ideen und einer nachhaltigen Präsentation – und eigenen Zwischensequenzen.

Eine Spielwelt und ihre Probleme

Wer von euch das Gefühl kennt, kurz vor Weihnachten noch durch die gesamte Stadt zu irren, um die letzten Geschenke zu besorgen, wird sich mit Dead Rising 4 unweigerlich an diese Momente erinnert fühlen. Etliche Sammelobjekte, beiläufige Nebenquests und lange Laufwege wohnen einer halbwegs offenen Spielwelt ja ohnehin schon inne, der festliche Zombie-Spaß setzt mit seinen unzähligen Kombinationsobjekten aber nochmal gehörig einen drauf.

Egal, wo wir uns gerade befinden, irgendetwas glitzert immer und will aufgehoben oder aufgrund des permanenten Platzmangels im Inventar ausgetauscht werden. Das könnte jetzt als nette Anspielung auf all den Konsumüberfluss dienen, ist aus spielerischer Sicht aber schlichtweg nervig. Zumal alles so belanglos erscheint. Psychopathen sind optional, Retttungsmissionen sind optional und Sammelobjekte sowieso – sie bieten kurzum einfach keinen spielerischen Mehrwert, dafür aber öde Laufwege. Ein typisches Problem von Open World Spielen und sicher eine festgefahrene Entwicklung, die innerhalb der nächsten Jahre von der Industrie gründlich überdacht werden sollte.

Gleiches gilt für die momentan vorherrschende DLC-Politik vieler Entwickler, unter der auch Dead Rising 4 mit nur einem einzigen Ende, dafür aber vielen kosmetischen Zusatzinhalten leidet. Mehr verspricht der Season Pass, über dessen genaue Inhalte man sich aber noch in tiefes Schweigen hüllt. Als bisheriger Story-DLC, steht derzeit lediglich Frank steht auf / Frank Rising zur Auswahl, der mit seiner geringen Spieldauer aber schon wieder für Unmut bei den Fans sorgt.

Festliche Dekoration

Dead Rising 4 kann sich in technischer Hinsicht zwar nicht zu den ganz großen Perlen zählen, aber immerhin überzeugt der Titel mit einer flüssigen Bildrate und scharfen Texturen – selbst bei übermäßig vielen Zombies auf dem Bildschirm. Die optische Präsentation wirkt hingegen etwas altbacken. Durch unverhältnismäßig proportionierte Mimik und diesen aufdringlichen Fett-Glanz, fallen die Gesichter sämtlicher Protagonisten viel zu plastisch aus. Zusammen mit den hakeligen Animationen, entsteht ein etwas unfreiwilliger Comik-Look, der nur durch nette Licht- und Explosionseffekte daran erinnert, dass wir es mit einem aktuellen Titel auf der Xbox One zu tun haben.

Die deutsche Übersetzung der Sprachausgabe ist durchaus gelungen, kann dem englischen Original aber nicht das Wasser reichen. Für die musikalische Untermalung während actionreicher Momente sorgen ein paar aufwühlende Kompositionen, in ruhigen Augenblicken schleichen sich dagegen dudelnde Kaufhaus-Jingles und Weihnachtslieder abwechselnd in unsere Ohren. Kann sich hören lassen.

Fazit und Wertung gibt es weiter unten!

Der Test basiert auf unserer Xbox One-Testversion von Dead Rising 4, die uns freundlicherweise vom Publisher Microsoft Studios zur Verfügung gestellt wurde. Screenshots stammen diesmal von der offiziellen Seite des Spiels und aus unserer Testversion.

Dead Rising 4 ist seit dem 28. Februar 2017 endlich auch in Deutschland für Xbox One, Windows 10 und mittlerweile auch Steam erhältlich. Für die Disc-Version oder eine digitale Kopie, müsst ihr derzeit noch den Vollpreis von knapp 60 Euro berappen.

Fazit

Ich hasse Weihnachten! Also eigentlich ja nicht, aber als Setting in einem Spiel, das auch weit nach den Festtagen noch funktionieren will, empfinde ich diese Designentscheidung als äußerst fragwürdig. Darüber hinaus hat Dead Rising 4 wenig zu bieten, das mich längerfristig an den Bildschirm fesselt. Der Humor ist diesmal viel zu platt und über das Fehlen der Psychopathen können auch keine neuen, wesentlich flinkeren Standard-Zombies hinwegtäuschen. Und dann diese Open World mit all ihren überflüssigen Laufwegen und Sammelgegenständen – so langsam bin ich dieser Mechanik echt überdrüssig geworden, zumal das Missionsdesign vieler Aufgaben hier wieder verdammt repetitiv ausfällt.

Immerhin überzeugt das Kern-Gameplay mit seinen befriedigenden Schlachtorgien, nebst kreativer Kombi-Waffen, und der Einsatz der Kamera, was zumindest kurzzeitig Spielspaß aufkommen lässt. Wer sich vom Open World-Prinzip noch keinen Wolf gelaufen hat, wird sicher auch an der Spielwelt und ihren unzähligen Aufgaben große Freude finden.

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